Im gleichen Format wie die letzten Jahre wurde die Austrian Academy nun zum vierten Mal durchgeführt, dieses Jahr in Kooperation mit der Friedrich A. von Hayek Gesellschaft, Berlin. 21 im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens ausgewählte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Österreich, Deutschland und der Schweiz und Referenten aus Deutschland und Österreich kamen intensiv ins Gespräch. Wie Gerold Rauscher, Vizepräsident des Austrian Institute und Tagungsleiter zur Einführung festhielt, seien die Referenten alles Personen, die wirklich etwas zu sagen hätten und denen zuzuhören sich lohnte. Bedauerlicherweise sei es dieses Jahr nicht gelungen, auch Referentinnen zu gewinnen, alle angefragten Personen seien leider zu dem Zeitpunkt nicht abkömmlich gewesen.
Die Stimmung von Lernbegierde und intellektueller Neugier, die an der Veranstaltung vorherrschte, das beachtliche akademische Niveau der Teilnehmenden und der hohe Informationsgrad dieser jungen Leute: all das kann in einem kurzen Artikel nicht angemessen geschildert werden. Einiges mögen die Fotos einfangen. Nach jedem Vortrag gab es Gelegenheit für Fragen, Einwände, Diskussionsbeiträge. Während der Mahlzeiten und beim abendlichen geselligen Beisammensein wie auch während der Pausen konnte der Austausch mit den Referenten fortgesetzt werden. Am Freitagabend, nach dem Abendessen, fand wie gewohnt ein spontan organisiertes Podiumsgespräch mit den vier in diesem Moment anwesenden (deutschsprachigen) Referenten (den Professoren Kooths, Plumpe, Mayer und Rhonheimer) statt. Erneut gab es Fragen und interessante Beiträge. Im Zentrum standen die Themen Geldpolitik und Euro.
Nachfolgend eine kurze, aber unvollständige Zusammenfassung der einzelnen Vorträge, die alle von unserem bewährten Kameramann und Videoproduzenten Patrick Zadrobilek (NTown Productions) gefilmt und als Videos nach und nach auf unserer Website öffentlich zugänglich gemacht werden.
Wie nachhaltig wirtschaftet der Staat?
„Wie nachhaltig wirtschaftet der Staat?“ war Thema des ersten Vortrags von Franz Schellhorn, renommierter Wirtschaftsjournalist und gegenwärtig Direktor der Denkfabrik „Agenda Austria“, – die es eigentlich, wie Schellhorn anmerkte, in Österreich gar nicht geben dürfte, weil sie nicht staatsnah operiere und auch keine Auftragsforschung betreibe, sondern als private Institution unabhängig und allein wissenschaftlicher Seriosität verpflichtet sei. In Österreich, wo Staatsnähe mit „Unabhängigkeit“ und „wissenschaftlicher Objektivität“ gleichgesetzt, in Wirklichkeit aber alles parteipolitisch bestimmt werde, sei dies eine Provokation.
So zeigte Schellhorn denn auch, wie der Staat zwar viel Nötiges und Gutes tut, aber letztlich nicht nachhaltig wirtschaftet. Vor allem in den Letzten Jahren wurde Geld zum Fenster hinausgeworfen und die Lösung von Problemen verschleppt. Wir stecken gegenwärtig in der Zinsfalle, weil viele Staaten in guten Jahren zu viel Geld ausgegeben haben und jetzt hoch verschuldet sind. Der Staat zerstört auf diese Weise den wert unseres Gelds und damit den Wohlstand der bereiten Massen. Die Inflation sei gekommen, um zu bleiben, den wir haben ein strukturelles Problem.
Der Staat zementiert diesen Status quo ein, er ist nicht darauf ausgerichtet, dass Menschen mit der eigenen Arbeit den sozialen Aufstieg schaffen, sondern er ist darauf ausgerichtet, dass Menschen sehr stark von staatlicher Unterstützung abhängig sind.
Zudem treibt der heutige Sozialstaat die Menschen an, ein „Leben in der Hängematte“ zu führen: in Abhängigkeit von Sozialleistungen und ohne wirklichen Anreiz, aus dieser Situation durch eigene Arbeit herauszukommen. Das zeigt sich gerade auf dem Arbeitsmarkt und der immer mehr um sich greifenden Teilzeitbeschäftigung. Mehr zu arbeiten, lohnt sich einfach nicht. „Der Staat zementiert diesen Status quo ein, er ist nicht darauf ausgerichtet – also der österreichische Staat zumindest –, dass Menschen mit der eigenen Arbeit den sozialen Aufstieg schaffen, sondern er ist darauf ausgerichtet, dass Menschen sehr stark von staatlicher Unterstützung abhängig sind, und wenn sie viel verdienen, dass sie relativ viel, also mehr als die Hälfte Prozent an die öffentlichen Kassen abliefern… und da sind die Steuern auf die Konsumleistungen noch nicht drinnen“ (da käme man auf mehr als 70 Prozent). In vielen andern Ländern sei das genauso. Das könne jedoch auf die Dauer nicht gut gehen.
Da der Staat nicht dafür sorgt, dass der soziale Aufstieg möglich wird, macht er sich für ungerechte Ungleichheit mitverantwortlich. Ungerecht ist Ungleichheit, so Schellhorn, wenn man unverschuldet nicht aus der Armut herauskommen kann. Das größte Armutsrisiko in Österreich ist es, Migrant zu sein. Dabei ging Schellhorn auch auf Fragen der angeblichen Vererbung eines niedrigen Bildungsniveaus auf, was er differenziert sieht. Jedoch sei es trotz der hohen Mobilität in Österreich so, dass Kinder aus bildungsfernen Einwanderungsfamilien zumeist den Aufstieg nicht schaffen. Dennoch schafft es der Staat nicht, Schulen mit bildungsfernen Kindern gezielt zu unterstützen. Alle Schulen erhalten die gleiche Unterstützung, Ineffizienz wird nicht bestraft.
„Der Staat lebt im Hier und Jetzt. Das Morgen spielt keine Rolle“: So war der vorletzte Teil des Vortrags betitelt, in dem Schellhorn schonungslos die Schieflage des Pensionssystems aufdeckte, das systemwidrig mit Steuergeldern am Leben erhalten wird – auch das keine nachhaltige Lösung. Desgleichen auch die Klimapolitik: Sie sei nicht geeignet, den Klimawandels zu bekämpfen, sondern nur den Kapitalismus und damit die Grundlage innovativer Lösung, die wirklich zur Bekämpfung des Klimawandels etwas beitragen könnten.
Der Vortrag, der an vielen Beispiel zeigte, wie ineffizient und damit auch unsozial der Staat generell wirtschaftet, lebte von Zahlen und Fakten, Statistiken und Schaubildern, die man sich vorzugsweise direkt im Video anschaut. Dennoch endete Schellhorn mit einer erfreulichen Nachricht: Die meisten Probleme lassen sich lösen. Dafür machte er am Ende konkrete Vorschläge, die allerdings alle die Überwindung gegenwärtiger politischer Blockaden zur Voraussetzung haben.
Wachstum, Stabilität und Nachhaltigkeit, Freihandel und Globalisierung.
In die Gefilde der ökonomischen Theorie geht es dann am nächsten Tag mit den beiden Vorlesungen von Stefan Kooths weiter. Kooths ist Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW Kiel), seit 2014 Direktor von dessen „Forschungszentrum Konjunktur und Wachstum“, und zudem Vorsitzender der Friedriech A. von Hayek-Gesellschaft. Aufbauend auf den Vorträgen des letzten Jahres, die von den Teilnehmern zur Vorbereitung anzusehen waren, ging es zunächst um „Wachstum, Stabilität und Nachhaltigkeit“. Dabei identifizierte – und korrigierte – Kooths, die „Irrtümer einer mechanischen Makroökonomik“ und entsprechende falsche wirtschaftspolitische Weichenstellungen. Die Methodik der „Österreichischen Schule“, der Kooths verpflichtet ist, zeigte dabei ihre Fruchtbarkeit: der methodische Individualismus und das Auseinanderhalten von Korrelation und Kausalität, was in makroökonomischen Modellen der Mainstream-Ökonomik, wie Kooths zeigte, oft sträflich vernachlässigt wird. Darin gründende wirtschaftspolitische Fehlschlüsse haben gravierende Konsequenzen für den Wohlstand.
Im zweiten Teil ging es dann um „Freihandel und Globalisierung“ und das Verständnis für Güter- und finanzwirtschaftliche Zahlungsströme. Auch hier wurden Irrtümer einer mechanistischen Makroökonomik verdeutlicht, vor allem in der Fehlbewertung des sogenannten Außenbeitrags (Exportüberschuss). Volkswirtschaften werden oft – wie etwa von Ex-US-Präsident Donald Trump, aber auch von deutschen Politikern – fälschlich wie Unternehmen gesehen: Exporte werden als Erlöse und Importe als Kosten interpretiert, der Außenbeitrag als Gewinn. Der „Exportweltmeister“ Deutschland fühlt sich deshalb als besonders erfolgreich – zu Unrecht.
Handel fördert Wohlstand, weil er den Güteraustausch fördert. Entscheidend ist am Ende die Maximierung der gegenwärtigen und zukünftigen Konsummöglichkeiten der Menschen, nicht, ob die Handelsbilanz positiv oder negativ ist.
Die ökonomische Sichtweise ist nämlich eine ganz andere: Sie ist nicht auf Finanzströme, sondern auf Güter fokussiert. Denn das ist ja das Ziel des Wirtschaftens: eine möglichst reichhaltige und diversifizierte Versorgung der Menschen eines Landes mit Gütern, also ein Maximum an Konsummöglichkeiten. In dieser – ökonomischen – Sichtweise erscheinen Exporte lediglich als „abgegebene Güter“, Importe jedoch als „empfangene Güter“ (und damit als Wohlstandszuwachs). Der Außenbeitrag erweist sich dann nicht als Gewinn, sondern einfach als die Nettobilanz des Güteraustauschs, die nichts über den wirtschaftlichen „Erfolg“ oder den Wohlstandszuwachs eines Landes aussagt.
Dies zeigt: Handel fördert Wohlstand, weil er den Güteraustausch fördert. Es ist nicht, wie einst der Merkantilismus meinte und heute wieder von neomerkantilistischem Denken behauptet wird, die Menge an Geld die als Überschuss in der Bilanz bleibt, sondern der Wohlstand der durch die Erzeugung oder den Import von Gütern – falls Import aufgrund der komparativen Kostenvorteile anderer Ländern vorteilhafter ist – geschaffen wird. Entscheidend ist am Ende eben die Maximierung der gegenwärtigen und zukünftigen Konsummöglichkeiten der Menschen, nicht, ob die Handelsbilanz positiv oder negativ ist. Wirtschaftliche Größe gibt Ländern den vermeintlichen Vorteil, ihre Heimatmärkte als Druckmittel gegen andere Länder einzusetzen. Damit laufen sie jedoch in die Falle des Protektionismus, der typischerweise nur Partikularinteressen dient, dem Wohlstand des Landes aber abträglich ist. Kleine Länder haben diese Möglichkeit nicht, was kein Nachteil sein muss. Sie sind nicht zufällt die Vorreiter von Freihandel und offenen Märkten – und damit mit Blick auf den Pro-Kopf-Wohlstand sehr erfolgreich.
Marktwirtschaft, soziale Ungleichheit und Gerechtigkeit: Die moralische Überlegenheit der Marktwirtschaft
Nach dem Mittagessen folgte mit dem Vortrag von Martin Rhonheimer, Präsident des Austrian Institute, zum Thema „Marktwirtschaft, soziale Ungleichheit und Gerechtigkeit“, ein Kontrapunkt. Die Perspektive war, wie der Referent betonte, diejenige eines (politischen) Philosophen und Ethikers, allerdings eines „ökonomisch aufgeklärten Philosophen“. Denn zunächst müssten die ökonomischen – auch wirtschaftshistorischen – Tatsachen und Zusammenhänge klar sein, bevor man mit Moral und Ethik beginnt.
Die Unterscheidung von „gerecht“ und „ungerecht“ entspringe – gemäß Aristoteles – allein der Vernunft und sei deshalb dem Menschen eigen. Das Gerechte ist nicht Gegenstand des Gefühls, das nur Lust und Unlust zu unterscheiden vermag, was auch die vernunftlosen Tiere können. Das Gerechte ist auch nicht einfach das Wünschenswerte, das ebenfalls emotional mitbestimmt ist. Zudem könne „gerecht“ und „ungerecht“ allein – und hier folgte der Referent F. A. Hayek – eine Eigenschaft von Handlungen von Individuen sein; denn nur hier sind Absichten und Ziele mit im Spiel und wird – im Sinne der klassischen Definition des römischen Juristen Ulpian, Gerechtigkeit bestehe darin, „einem jeden sein Recht zu geben“ („ius suum cuique tribuere“) – auf zu verantwortende Weise Gerechtes oder Ungerechtes getan. Der Markt hingegen „handelt“ nicht und seine Ergebnisse könnten deshalb auch nicht sinnvollerweise „gerecht“ oder „ungerecht“ genannt werden.
Dennoch könne man – und damit widersprach Rhonheimer Hayeks Meinung – auch in einer sinnvollen Weise von „sozialer Gerechtigkeit“ (und Ungerechtigkeit) sprechen. Dann nämlich, wenn die rechtlich-institutionelle Rahmenordnung, in die der Markt und seine Allokationsprozesse eingebettet ist, ungerecht ist – etwa durch Rassendiskriminierung. Dann sind auch die Ergebnisse dieser Prozesse ungerecht – wegen des Marktes, sondern wegen der Ungerechtigkeit der ihm zugrundliegenden Rechtsordnung, die der Markt dann sozusagen als deren „Transmissionsriemen“ weitergibt und verfestigt.
Ein Leben in Würde und Freiheit hängt nicht in erster Linie von den materiellen Ressourcen ab, sondern davon, ob man im Leben auf eigenen Füßen steht, also nicht auf Kosten anderer lebt, und ob man die Möglichkeit hat, das eigene Leben zu verbessern.
Die Frage nach einer gerechten Gesellschaft müsse deshalb unabhängig von der Frage der Ungleichheit gestellt werden – der Markt schafft immer wieder neue Ungleichheit –, denn nicht diese sei das Problem, sondern (abgesehen von rechtlicher Diskriminierung) die Armut, die in unseren heutigen Gesellschaften auch weitgehend mit Bildungsferne einhergeht und damit der Unmöglichkeit des wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs. Eine gerechte Gesellschaft, so Rhonheimer, sei deshalb eine Gesellschaft, die allen, auf dem Grundlage der Gleichheit vor dem Gesetz, ein Leben in Würde und Freiheit ermöglicht und dafür die notwendigen rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen schafft – vor allem keine Hindernisse aufbaut. Ein solches Leben hänge nicht in erster Linie von den materiellen Ressourcen ab, sondern davon, ob man im Leben auf eigenen Füßen steht, also nicht auf Kosten anderer lebt, und ob man prinzipiell die Möglichkeit hat, das eigene Leben zu verbessern, einem das also nicht verwehrt wird. Wer hingegen ein Leben in Abhängigkeit vom Sozialstaat führe, der lebe kein Leben „in Freiheit und Würde“, sondern sei – mit den Worten Ludwig Erhards – ein „sozialer Untertan“.
Im dritten Teil seines Vortrags ging Rhonheimer auf das Thema „Markt und Moral: Kritik am Marktliberalismus im Namen des Gemeinwohls“ ein. Verschiedene, sowohl von Michael Sandel wie auch von F. A. Hayek vorgebrachte Einwände gegen das Leistungsprinzip, das Prinzip der „Meritokratie“, wurden kurz dargestellt, wie dann auch Sandels Kritik an Hayek, die der Referent als unsachgemäß aufwies. Rhonheimer verteidigte – wie auch Hayek – das Prinzip der Entlohnung nicht nach moralischem Verdienst, sondern nach Nutzen für die Konsumenten gemäß dem Preissystem des Marktes und zeigte, weshalb dies gerade aus moralischen Gründen einer „kommunitaristischen“ Lösung wie derjenigen Sandels vorzuziehen sei. Es führt nicht nur zum größeren Wohlstand, sondern gründet diesen auch auf die „Kraft der Freiheit“.
Wohlstandschaffende ökonomische Dynamik des Kapitalismus – systembedingtes Scheitern des Sozialismus
Danach sprach Werner Plumpe, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Frankfurt a. M., zum Thema „Ökonomische Dynamik. Grundlagen, Bedingungen Historische Entfaltung“. Dabei stellte Plumpe sein „evolutionäres Konzept“ der Wirtschaftsgeschichte vor, wie er es in seinem Buch „Das Kalte Herz. Kapitalismus: Geschichte einer andauernden Revolution“ (Berlin, 2. Aufl. 2021) darstellt und reflektiert (wie die letzten Jahre erhielten alle Teilnehmer ein vom Autor signiertes Exemplar des Buches).
Vor allem ging es darum, aufzuzeigen, weshalb der Kapitalismus der letzten 250 Jahre zum Wohlstand führte, der Sozialismus aber aus systemischen Gründen notwendig versagen musste und immer wieder versagen wird. Dabei rekurrierte Plumpe auf eine von ihm – in Anlehnung an Darwin und Luhmann – entwickeltes, aber empirisch bestens abgestütztes evolutionäres Grundmodell: Die Trias von „Variation“, „Selektion“ und „Restabilisierung“. Der „wesentliche Treiber“ der wirtschaftlichen Entwicklung sei die „Handlungsvarianz“, die durch das Privateigentum sichergestellt wird. Durch Menschen, die über Kapital selbstverantwortlich verfügen, entstehen immer neue Lösungsvarianten; Kreativität, Innovations- und Risikobereitschaft werden gefördert. Die Selektion der optimalen Varianten kann theoretisch der Markt oder eine politische dominierte Planungsbürokratie bewerkstelligen. Der Markt erweist sich dabei jedoch als jeglicher Bürokratie und Planung überlegen. Schließlich erfolgt die Restabilisierung jener Lösungen, Innovationen usw., die sich durch die Selektion des Marktes als erfolgreich erwiesen haben, durch Institutionen des Rechts und entsprechende Regeln, zuletzt durch Systeme der sozialen Absicherung des Prozesses.
Historische Bedingung sind Semantiken, die diesen Prozess ermöglichen und fördern. Zu jeder Zeit konkurrieren vorherrschende (auch moralische) Bewertungen bestimmter ökonomischer Praktiken unter dem Gesichtspunkt der Erwünschtheit; welche Semantik sich durchsetzt, ist von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung. So hat sich der im 17. Jahrhundert entstehende Kapitalismus durch die ständige Korrektur solcher Bewertungen nach und nach sein Potenzial entfalten können.
Für den Kapitalismus ausschlaggebend und Ursache seiner Dynamik ist die Tatsache, dass Variation, Selektion und Stabilisierung gegeneinander ausdifferenziert sind, dass Variation nach individuellen (lokalen) Ertragserwartungen erfolgt und daher eine Vielzahl von Varianten ausprobiert wird, deren Erfolg sich allein über die Marktselektion ergibt.
Dabei analysierte Plumpe sowohl Kapitalismus wie auch Sozialismus nicht nur als Semantiken, sondern auch als ökonomische Praxis und zeigte dabei die praktische Unmöglichkeit des Sozialismus auf. Das spiegelt sich auch in den empirischen Daten wieder. Die Schlussfolgerung Plumpes lautete: „Für den Kapitalismus ausschlaggebend und Ursache seiner Dynamik“ sei „die Tatsache, dass Variation, Selektion und Stabilisierung gegeneinander ausdifferenziert sind, dass Variation also allein (vorrangig) nach individuellen (lokalen) Ertragserwartungen erfolgt und daher eine Vielzahl von Varianten ausprobiert wird, deren Erfolg sich allein über die Marktselektion ergibt, die wiederum spontan Angebot/Nachfragekonstellationen folgt, in denen ethische, politische, ästhetische oder soziale Gesichtspunkte keine oder bestenfalls eine nachgeordnete Rolle spielen, während die Restabilisierung sich vor dem Hintergrund von Effizienzüberlegungen auf die Ermöglichung der Wiederholung von insofern erfolgreichen Varianten kapriziert und zugleich die autonomen Variations- und Selektionsmechanismen vor allem durch eine disziplinierte und an der Preisstabilität orientierte Geldpolitik, garantiert.“
Immer auch folgten dem wirtschaftlichen Erfolg dieses Prozesses die „Semantiken der Kapitalismuskritik“, die bis heute aktuell, durch die Fakten jedoch in keiner Weise gedeckt sind: Zunächst die Kritik der die breite Bevölkerung mit erschwinglichen Gütern versorgenden kapitalistischen Massenproduktion als „Verführung und Ramsch, Landschaftszerstörung und Brutalismus“; danach der Vorwurf, durch den Kapitalismus würden die Massen verelenden („Pauperismus“); darauf dann – im „wissenschaftlichen Sozialismus, der weniger eine sozialistische Konzeption enthält als eine Darstellung und Kritik der Tendenzen des Kapitalismus, die zu dessen Ende führen“ – „Krisen, Konzentration, nachlassende Entwicklungsdynamik bei gleichzeitiger Verelendung und Verschärfung der sozialen Gegensätze“, was dort, wo diese Semantik vorherrschend war – mit katastrophalen Folgen für die Menschen –, zur „Blockade der wirtschaftlichen Entwicklung“ und der Umkehrung kapitalistischer Logik führte. Nach dem offenkundigen Scheitern des Sozialismus konzentriere sich nun gegenwärtige Kapitalismuskritik darauf, den Kapitalismus „als sich selbst verschlingende Wachstumsmaschine, die gebändigt, eingehegt, punktuell beseitigt werden muss“ darzustellen, „ohne dass wirklich klar ist, wie die Alternativen hierzu aussehen könnten.“
Geld, Zins und Geldpolitik: Struktur und Konsequenzen unseres inflationären Kreditgeldsystems
Wie immer gab es bei der Austrian Academy auch einen Block zum Thema Geldpolitik, Zins und ihre Zusammenhang mit Wachstum und Wohlstand. Nur zu oft werden ja die Folgen der Geldpolitik, Blasen und ihr Platzen und darauf folgende Krisen, dem angeblich unregulierten freien Markt, dem „Neoliberalismus“ bzw. dem Kapitalismus in die Schuhe geschoben. Ein Anliegen der Austrian Academy war bisher immer zu zeigen, dass diese Krisen letztlich eine Frucht einer falschen Geld. Und Fiskalpolitik sind wie auch tief mit der Struktur unseres Geldsystems zusammenhängt, das ja durch aufgrund der staatsmonopolistischen Struktur der Geldproduktion eher sozialistisch als kapitalistisch genannt werden kann.
Während in den vergangenen Jahren Gunther Schnabl (Universität Leipzig) und Karl-Friedrich Israel (Université Catholique de l’Ouest, Angers) zu diesem Thema referierten, kam heuer diese Aufgabe Thomas Mayer zu, Direktor des Flossbach von Storch Research Institute und Honorarprofessor an der Universität Witten-Herdecke. Zuvor war Thomas Mayer Chefökonom der Deutschen Bank gewesen, davor Mitarbeiter des IWF, von Salomon Brothers und Goldmann Sachs. Von seinem Institut gesponsert konnten wir auch jedem Teilnehmer ein (ebenfalls signiertes) Exemplar seines neuesten Buches „Das Inflationsgespenst. Eine Weltgeschichte von Geld und Wert“ mit auf die Heimreise überreichen.
Das Thema Inflation stand dann auch im Fokus der Ausführungen Mayers, der – wie in seinem Buch nebenbei auch geschildert – durch Erfahrung klug geworden, sich vom Mainstream-Ökonomen zum Anhänger der Österreichischen Schule und damit zum Kritiker des gegenwärtigen Geldsystems gewandelt hat. Nach einem Durchgang durch die Geschichte des Geldes vom Maß für Schuld, Tauschmittel zum Waren-, Papier, Kredit- und schließlich „Fiat“-Geld (Geld also, wie es seit 1971 der Fall ist, geschaffen durch bloße „Verordnung“ und auf Knopfdruck, ohne Verankerung in Gold oder einen anderen Sachwert), ein Entwicklungsprozess, der nun im „Kryptogeld“ eine neue und potentiell disruptive Wende erfährt, ging Mayer auf die Kreditgeldschöpfung ein, ein Prozess, den offenbar – wie der Film „Oeconomia“ von sat3 auf peinliche Weise zeigt – selbst Banker bis hinauf in die Höhen der EZB nicht verstehen.
Die Geschichte des Geldes, so Mayer, ist eine „Geschichte seiner Krisen“. Erstaunlich ist, wie das Kreditgeldsystem – also die Geldschöpfung mittels Kreditvergabe durch die Geschäftsbanken – eine ständige Geldverschlechterung zur Folge hatte. Dies führte dann zum zweiten Teil des Vortrags: „Zins, Geldpolitik und Inflation“. Mayer plädierte für die Quantitätstheorie des Geldes, ohne die politisch-praktischen Verkürzungen des Monetarismus und zeigte, wie diese Inflation als monetäres Phänomen erklärt.
Die Angst vor Deflation, welche die Politik der letzten Jahre prägte, sei unbegründet, so Mayer. Man müsse unterscheiden, was die Deflation – das heißt: das Sinken der Preise – verursache. Je nachdem sind die Effekte gut, vorteilhaft oder schmerzhaft. Das gängige Verständnis von Deflation ist durch die Depression der 1930er Jahre in den USA geprägt. Doch diese war letztlich eine Anpassung (Kredit-Deflation) nach einer inflationären Phase der Kreditvergabe, die ihrerseits maßgeblich zum Börsencrash von 1929 geführt hatte. Wenn man ein inflationäres Kreditgeldsystem für gut erachtet, dann erachtet man Deflation natürlich auf jeden Fall als schlecht. Aber ist eine solche Geldordnung wirklich gut? fragte Mayer.
Die „Irrfahrten der Geldpolitiker im Fiat-Kreditgeldsystem“ können letztlich nur durch eine Reform unserer Geldordnung behoben werden, die viel mehr dem Geist des auf dem Unternehmertum basierenden Kapitalismus entspräche als ein Geldsystem, das letztlich die Finanzwirtschaft aufbläht und diese immer mehr von der Realwirtschaft abkoppelt.
In der Folge wurden einige Irrtümer über die Inflation behandelt, wie auch der Zusammenhang zwischen Zins und Zeitpräferenz erläutert wie auch der Widersinn negativer Zinsen, da diese eine negative Zeitpräferenz ausdrücken würden, die unmöglich existieren kann. Wie wirkt sich der Zins auf die Realwirtschaft aus? Genau diese Frage würden Keynesianer falsch beantworten, weil in ihrem Denken die Gleichheit von Sparvolumen und Investitionen (S=I) gelte, der Bankensektor mit seiner Geldschöpfung durch die Kreditvergabe werden ausgeklammert und übersehen. Die Banken geben nicht einfach erspartes Geld ihrer Kunden als Kredite weiter, sondern schaffen mit jedem Kredit neues Geld, das dann in Umlauf gerät. Genau dies bzw. die beständige Korrektur der durch diesen Prozess initiierten monetären Expansion führt zum bekannten Konjunkturzyklus (Bust and Boom). Infolge des „blinden Flecks der Keynesianer“ wird dies in der keynesianisch dominierten Wirtschafts- und Geldpolitik jedoch notorisch übersehen.
Der Referent zeigte, wie sich dieser Kreditzyklus in verschiedenen Volkswirtschaften manifestiert, was das für die Zinsen, die Inflation, aber auch die Vermögenspreise bedeutet und wie dadurch die gesamte Wirtschaftsstruktur verzerrt wird. Die „Irrfahrten der Geldpolitiker im Fiat-Kreditgeldsystem“ seien deshalb systembedingt und könnten letztlich nur durch eine Reform unserer Geldordnung behoben werden – eine Reform, die viel mehr dem Geist des auf dem Unternehmertum basierenden Kapitalismus entspräche als ein Geldsystem, das letztlich in ungesunder Weise die Finanzwirtschaft aufbläht und diese auch immer mehr von der Realwirtschaft abkoppelt.
Zu beenden sei auch die „Verschmelzung von Geld- und Fiskalpolitik“, letztlich die monetäre Finanzierung der Staaten durch die Zentralbanken, wie das seit der Finanzkrise zunehmend geschehen ist, was zudem die Staatsschulden in einer Weise in die Höhe trieb, die jetzt insbesondere die EZB vor die Frage stellt, ob sie die Zinsen überhaupt noch anheben kann, ohne dadurch die Staaten der Euro-Zone in den Bankrott zu treiben.
Die Lektionen aus der Geldgeschichte sind: Zinssenkungen ohne starke Geldemengenausweitung befeuert die Preise für Vermögenswerte. Da monetäre Staatsfinanzierung mit Geldmengenausweitung verbunden ist, führt sie längerfristig auch zur Konsumentenpreisinflation. Ist mit der Entwertung des Geldes ein politischer Umsturz verbunden, endet die Geldkrise in einer Währungsreform. Findet jedoch die Entwertung des Geldes ohne politischen Umbruch statt, führt eine schleichende Geldkrise zur Abwanderung aus dem Staatsgeld, wofür natürlich die Kryptowährungen ganz neue Möglichkeiten bieten.
Globale Governance und Regulierung: Strukturen, Probleme, Lösungen
Erneut anwesend war auch der englische Wirtschaftswissenschaftler Philip Booth. Der versierte Ökonom war früher Forschungsdirektor des Londoner Institute of Economic Affairs, das seinerzeit die liberalen Reformen von Margaret Thatcher wissenschaftlich und publizistisch vorbereitet und öffentlichkeitswirksam begleitet hatte. Gegenwärtig ist Philip Booth Professor für öffentliche Finanzen, öffentliche Politik und Ethik an der katholischen St. Mary’s University, Twickenham, und Director of Policy and Research der Bischofskonferenz von England und Wales.
In der heutigen Zeit, so Booth, stellen sich die Fragen der globalen Regulierung, Kontrolle und Regierungsgewalt auf ganz andere Weise als zu den Zeiten, in denen Strukturen wie die Hanse oder das Commonwealth oder generell der Kolonialismus eine entscheidende Rolle für globale politische und wirtschaftliche Interaktion spielten. Die postkolonialistische Welt, in der auch globale Durchsetzung und Schutz der Menschenrechte ein zentrales Anliegen ist, schuf gänzlich neue Strukturen, die auf Rechtsprinzipien und Freiheitsrechten basieren.
Eine solche Welt wurde schon im 16. Jahrhundert von Protagonisten wie Las Casas und Vitoria postuliert und entworfen, Visionen, wie sie sich in den Vereinten Nationen schließlich zum ersten Mal zu konkretisieren schienen. Allerdings ist internationale Governance von einem Paradox beherrscht: Das Paradox, dass fundamentale Rechte weltweit durchgesetzt und geschützt werden müssen – sie sind unteilbar –, dies aber nicht möglich ist, wenn wichtige Länder dabei nicht mitmachen oder keine Einstimmigkeit herrscht.
Booth zeigte, dass der größte Teil der Menschen auf unserem Planeten in Unfreiheit lebt, aber auch, wie die Bürokratie großer internationaler Organisationen zu Ineffizienz neigt. So beschäftigt die UNO 110.000 Angestellte mit einem Budget von 10 Milliarden. Dennoch vermag sie ihren Ansprüchen globaler Governance in keiner Weise zu genügen, was aber nicht heißt, dass die UNO nutzlos ist, im Gegenteil. Eine Welt ohne UNO wäre keine bessere Welt, meinte Booth. Dadurch jedoch, dass allein vier Länder die Hälfte des UNO-Budgets finanzieren, werden die Aufgaben der UNO bzw. konkrete Projekte oft ungebührlich ausgeweitet und überdehnt („mission creep“). Die Aufgabe der UNO sollte auf das Wesentliche, insbesondere auf friedensfördernde Aktionen reduziert werden.
Undurchschaubare Komplexität wurde zur Norm, Regulierungsprozesse wurden durch Experten ihren Interessen gemäß „gekapert“ („regulatory capture“) und durch die internationale Regulierung wurden auch die Risiken internationalisiert: War eine Regulierung schlecht gemacht, so war sie auch auf globaler Ebene schlecht.
Ein anderes Feld ist die internationale Regulierung des Finanzsektors. Das Problem ist, dass durch zunehmende zentrale Regulierung die Transaktionskosten steigen. Deshalb wäre eine Vielzahl dezentraler Regulierungssysteme vorzuziehen. Dabei kritisierte Booth auch die Ansicht des Vatikans, der in einem Dokument gar die Einrichtung einer „Weltzentralbank“ fordert, „die den Geldfluss und das System des Geldaustauschs reguliert, wie es die nationalen Zentralbanken tun“. In Wirklichkeit, so Booth, machte das zunehmende Geflecht von internationalen Regulierungen und der dabei entstehende Abkürzungssalat (BIS, IAS, IOSC, ESMA MiFID usw.) Blasenbildung und einen nachfolgenden Absturz wahrscheinlicher.
Undurchschaubare Komplexität wurde zur Norm, Regulierungsprozesse wurden durch Experten ihren Interessen gemäß „gekapert“ („regulatory capture“) und durch die internationale Regulierung wurden auch die Risiken internationalisiert: War eine Regulierung schlecht gemacht, so war sie auch auf globaler Ebene schlecht. Booth zitierte die Rechtsprofessorin Roberta Romano (Yale University): „Jüngste Erfahrungen zeigen, dass die Harmonisierung von Vorschriften das systemische Risiko eher erhöhen als verringern kann. Indem sie den Finanzinstituten weltweit Anreize bot, weitgehend ähnliche Geschäftsstrategien zu verfolgen, trugen regulatorische Fehler zu einer globalen Finanzkrise bei…“.
Deshalb seien dezentrale, untereinander im Wettbewerb stehende Bottom Up-Lösungen zu fördern und der Beitritt zu Regulierungssystemen sollte freiwillig sein; ebenso sollte man ein solches System auch wieder verlassen können.
Weiter ging Booth auch auf sogenannte „collective action problems“ ein. Wie können internationale Abkommen durchgesetzt werden? Eine schmerzliche Erfahrung wird gerade wieder mit der Missachtung nicht nur des Völkerrechts, sondern auch konkreter, völkerrechtlich bindender Abkommen durch Russland gemacht. Die internationale Gemeinschaft bleibt dabei machtlos. Ähnliche Probleme stellen sich auch bei der WTO für den internationalen Freihandel. Die WTO ist allerdings – aller Rückschläge zum Trotz – insgesamt eine Erfolgsgeschichte. Sie konnte das werden, weil sie sich konkrete und limitierte Ziele setzt. So hilft sie Staaten, die protektionistische Schranken abbauen wollen, dabei aber auf innenpolitischen Widerstand stoßen, entsprechende Hindernisse zu überwinden. Sie operiert im Konsensverfahren und hat deshalb auch einen wirksamen Mechanismus zur Durchsetzung ihrer Beschlüsse.
Daraus leitete Booth – er ist kein Anhänger des Brexit –, einige Lektionen bezüglich der EU ab: Positiv sei die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft in der EU. Gut sei auch ihre Funktion, Regierungen an der Kontrolle ihrer Bürger zu hindern. Ebenso positiv sei ursprünglich die gegenseitige Anerkennung nationaler Regulierungen und des Handels auf dieser Basis gewesen. Dann jedoch sei habe die Zentralisierung/Harmonisierung der Regulierung eingesetzt, wodurch die EU zu einem großen Land wurde. Die Nachteile zeigten sich jetzt vor allem beim Euro. Anstatt einem evolutionären Prozess zu vertrauen, wurde von oben harmonisiert, auch in der Schaffung einer gemeinsamen Währung.
Generell plädierte Booth für dezentrale, evolutionäre Bottom Up Prozesse und mahnte zu einer radikalen Reform der EU: Aufgabe der EU sollte es sein, die einzelnen Staaten davon abzuhalten, fundamentale wirtschaftliche Freiheiten der Bürger ihrer Mitgliedstaaten zu unterminieren und den Wettbewerb unter privaten, um Regulierung besorgte Körperschaften fördern.
Globale Entwicklung: Der Beitrag von Marktwirtschaft und Unternehmertum
Ein Plädoyer für die entscheidende Wichtigkeit von Marktwirtschaft und Unternehmertum zur Überwindung von Armut hielt der letzte Vortragend vom Samstag Bernhard Weber, Mitbegründer und Geschäftsführer der in Wien domizilierten österreichischen Entwicklungsorganisation ICEP. Die Sicht aus der Praxis einer NGO, die das Ziel verfolgt, den Menschen zu helfen, sich aktiv am Wirtschaftsleben zu beteiligen, und dafür besonders auf die Schaffung nachhaltiger lokaler Ausbildungsstrukturen setzt, war Bereicherung und Konkretisierung der bislang eher theoretischen Perspektiven.
Dabei wurden diese Perspektive durchaus bestätigt, jedoch um für die Praxis relevante Aspekte erweitert. Dabei sprach Weber über das Problem der globalen Entwicklung, die Faktoren für Entwicklung, und die Wichtigkeit sogenannter marktschaffender Innovationen; vor allem aber beleuchtete er die zentrale, aber oft verkannte Rolle der Unternehmen in der Entwicklungsarbeit.
Ohne wirtschaftliche kann es auch keine soziale Entwicklung geben. Vom Wirtschaftswachstum und der Entwicklung des privaten wirtschaftlichen Sektors hängen letztlich Bildungschancen, Gesundheit, Partizipationsmöglichkeiten, der Schutz der Menschenrecht und vieles mehr ab.
Entwicklung ist ein integraler Prozess der Aspekte wie Gesundheit, Sicherheit, Bildung, politische Freiheit und Schutz der Menschrechte, gesellschaftliche Partizipation, Frieden, Mobilität und natürlich den Lebensstandard mit einschließt. Ohne wirtschaftliche kann es auch keine soziale Entwicklung geben, betonte Weber. Vom Wirtschaftswachstum und der Entwicklung des privaten wirtschaftlichen Sektors hängen letztlich Bildungschancen, Gesundheit, Partizipationsmöglichkeiten, der Schutz der Menschenrecht und vieles mehr ab. Dabei verwies der Referent – mit Berufung auf Daron Acemoglu und James A. Robinson („Warum Nationen scheitern“) – auf die Wichtigkeit inklusiver Institutionen, die im Gegensatz zu extraktiven Institutionen nicht den Herrschenden und von ihnen Privilegierten, sondern der breiten Bevölkerung zum Wohlstand verhilft. Auch der Staat ist wichtig, aber er kann die Erzeugung von Wohlstand nur durch die Bereitstellung eines diesen fördernden Rahmens begleiten, nicht aber selbst bewerkstelligen. Das müssen die Menschen selbst tun, indem sie unternehmerische tätig werden.
In diesem Kontext seien, so Weber, ganz besonders marktschaffende Innovationen von größter Bedeutung. Bei der Schaffung von Innovationen kommt der Markt ins Spiel. Wie Weber den führenden Entwicklungsökonomen William Easterly zitierte: „Der freie Markt ist kein Allheilmittel über Nacht; er ist nur der schrittweise wirkende Motor, der die Armut beendet“. Wichtig seien dabei die Förderung unternehmerischer Aktivität vor Ort und realistische Bildungsmöglichkeiten, die diese begünstigen.
Und zum Abschluss: Unternehmer sein – was heißt das?
Wie immer stand bei der Schlussveranstaltung am Sonntagmorgen eine Sicht aus der Praxis eines Unternehmers auf dem Programm. Diesmal war der Gast Andreas Gnesda, langjähriger Präsident des Österreichischen Gewerbevereins, Arbeitswelten-Experte und Buchautor: Ein Vollblut-Unternehmer. Mit „Erfahrungen aus der Praxis eines passionierten und erfolgreichen Unternehmers“ waren seine Ausführungen untertitelt, die anschaulich Leidenschaft und Erfahrung eines Unternehmers zum Ausdruck brachten. Dabei handelte es sich weitgehend um ein Gespräch mit den Teilnehmern, aber auch um die zentraler Erfahrungen von Erfolg und Scheitern, Wiederbeginn und auch Glück im Unglück – alles also, was dazugehört. Natürlich wurde auch dieser Programmpunkt der Austrian Academy auf Video dokumentiert.
Gnesda betonte vor allem, das Leben als „Gelegenheit“ zu sehen, und dies immer wieder von neuem, dabei auch Schwierigkeiten und Momente des Scheiterns als neue Chance und eben Gelegenheit für Neues zu begreifen. Wichtig sei, immer das Warum, das Ziel, die Mittel, mit denen man etwas erreichen wolle, und anderes im Auge zu behalten und zu reflektieren. Nicht das Streben nach Gewinn, auch wenn dieser wichtig ist, sei, was den Unternehmer bewege, sondern eine Vision, der Wunsch, ein Problem zu lösen, und dabei etwas Neues, Besseres zu schaffen.
Die Darbietung war ein Feuerwerk von Ideen und von Enthusiasmus, illustriert mit vielen Erfahrungsberichten und Anekdoten, und damit der gelungene Abschluss der diesjährigen Austrian Academy. Sie klang aus mit einigen Dankesworten des Präsidenten des Austria Institute, Martin Rhonheimer, und mit der persönlichen Übergabe des Teilnahmezertifikates an jeden der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, und dem anschließenden Mittagessen.
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