Marktwirtschaft, soziale Ungleichheit und Gerechtigkeit

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AUSTRIAN ACADEMY  2022

Prof. Dr. Martin Rhonheimer

Die Perspektive dieses Vortrags ist, wie der Referent betont, diejenige eines (politischen) Philosophen und Ethikers, allerdings eines „ökonomisch aufgeklärten Philosophen“. Denn zunächst müssten die ökonomischen – auch wirtschaftshistorischen – Tatsachen und Zusammenhänge klar sein, bevor man mit Moral und Ethik beginnt.

Die Unterscheidung von „gerecht“ und „ungerecht“ entspringt – gemäß Aristoteles – allein der Vernunft und sei deshalb dem Menschen eigen. Das Gerechte ist nicht Gegenstand des Gefühls, das nur Lust und Unlust zu unterscheiden vermag, was auch die vernunftlosen Tiere können. Das Gerechte ist auch nicht einfach das Wünschenswerte, das ebenfalls emotional mitbestimmt ist. Zudem kann – gemäß F. A. Hayek – „gerecht“ und „ungerecht“ allein eine Eigenschaft von Handlungen von Individuen sein; denn nur hier sind Absichten und Ziele mit im Spiel und wird – im Sinne der klassischen Definition des römischen Juristen Ulpian, Gerechtigkeit bestehe darin, „einem jeden sein Recht zu geben“ („ius suum cuique tribuere“) – auf zu verantwortende Weise Gerechtes oder Ungerechtes getan. Der Markt hingegen „handelt“ nicht und seine Ergebnisse können deshalb auch nicht sinnvollerweise „gerecht“ oder „ungerecht“ genannt werden.

Dennoch kann man – entgegen der Meinung Hayeks – auch in einer sinnvollen Weise von „sozialer Gerechtigkeit“ (und Ungerechtigkeit) sprechen. Dann nämlich, wenn die rechtlich-institutionelle Rahmenordnung, in die der Markt und seine Allokationsprozesse eingebettet ist, ungerecht ist – etwa durch Rassendiskriminierung. Dann sind auch die Ergebnisse dieser Prozesse ungerecht – wegen des Marktes, sondern wegen der Ungerechtigkeit der ihm zugrundliegenden Rechtsordnung, die der Markt dann sozusagen als deren „Transmissionsriemen“ weitergibt und verfestigt.

Die Frage nach einer gerechten Gesellschaft ist deshalb unabhängig von der Frage der Ungleichheit zu stellen. Der Markt schafft immer wieder neue Ungleichheit. Doch nicht diese ist das Problem, sondern (abgesehen von rechtlicher Diskriminierung) die Armut, die in unseren heutigen Gesellschaften auch weitgehend mit Bildungsferne einhergeht und damit der Unmöglichkeit des wirtschaftlichen und sozialen Aufstiegs. Eine gerechte Gesellschaft ist deshalb eine Gesellschaft, die allen, auf dem Grundlage der Gleichheit vor dem Gesetz, ein Leben in Würde und Freiheit ermöglicht und dafür die notwendigen rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen schafft – dafür vor allem keine Hindernisse aufbaut.  Ein solches Leben hängt nicht in erster Linie von den materiellen Ressourcen ab, sondern davon, ob man im Leben auf eigenen Füßen steht, also nicht auf Kosten anderer lebt, und ob man prinzipiell die Möglichkeit hat, das eigene Leben zu verbessern, einem das also nicht verwehrt wird. Wer hingegen ein Leben in Abhängigkeit vom Sozialstaat führt, der lebt kein Leben „in Freiheit und Würde“, sondern ist – mit den Worten Ludwig Erhards – ein „sozialer Untertan“.

Im dritten Teil seines Vortrags geht der Referent auf das Thema „Markt und Moral: Kritik am Marktliberalismus im Namen des Gemeinwohls“ ein. Verschiedene, sowohl von Michael Sandel wie auch von F. A. Hayek vorgebrachte Einwände gegen das Leistungsprinzip, das Prinzip der „Meritokratie“, werden kurz dargestellt, wie dann auch Sandels Kritik an Hayek, die als unsachgemäß aufgewiesen wird. Der Referent verteidigt – wie auch Hayek – das Prinzip der Entlohnung nicht nach moralischem Verdienst, sondern nach Nutzen für die Konsumenten gemäß dem Preissystem des Marktes und zeigt, weshalb dies gerade aus moralischen Gründen einer „kommunitaristischen“ Lösung wie derjenigen Sandels vorzuziehen ist. Es führt nicht nur zum größeren Wohlstand, sondern gründet diesen auch auf die „Kraft der Freiheit“.

Dieser Vortrag wurde bei der AUSTRIAN ACADEMY 2022 „Marktwirtschaft und Unternehmertum – ihr Beitrag zu einer freien und menschlichen Gesellschaft” gehalten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der mehrtägigen Veranstaltung waren 21 Studenten und junge Berufstätige, die aufgrund eines Bewerbungsverfahrens ausgewählt wurden und vom Austrian Institute, dem Organisator der Veranstaltung, ein Vollstipendium erhielten. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft (Berlin) sowie mit Unterstützung der Österreichischen Industriellenvereinigung (IV) statt.

Hier finden Sie das Programm und alle Vorträge, die als Video oder in schriftlicher Form erhältlich sind. Und hier geht’s zur Hauptseite der Austrian Academy mit allen Berichten und Videos dieses Jahres und der letzten Jahre.

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