Der Elefant im Raum, den niemand sieht, oder: Welche Zukunft wollen wir?

Nachfolgend veröffentlichen wir den ungekürzten Text des Vortragsimpulses von Austrian Institute-Präsident Martin Rhonheimer beim ersten Alumni-Treffen der AUSTRIAN ACADEMY in Wien am 24. Februar 2023. Das Treffen war zugleich der Startschuss für den neu aus der Taufe gehobenen Alumni-Club: den Triple A Club. Für mehr Informationen und einen Bericht über das Treffen mit Fotos bitte auf untenstehenden Button klicken.

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Gemäß einer Jugendstudie des Magazins „Pragmaticus“ in den drei DACH-Ländern (Deutschland, Österreich und Schweiz), deren Ergebnisse im Februarheft 2023 publiziert worden sind, aber auch online zugänglich sind, sehen die jungen Menschen zwischen 16 und 29 Jahren – die Generation Z also – ihre eigene Zukunft sehr optimistisch.  Über 60 Prozent der Befragten sind fest überzeugt, ihre beruflichen Ziele erreichen zu können. Am zuversichtlichsten sind die Schweizer, am wenigsten von den Dreien die Deutschen; und in allen drei Ländern ist die Zuversicht bei den jungen Frauen geringer als bei den Männern. Die Erwartungen für die Gesellschaft hingegen sind bei allen genau umgekehrt als für die eigene Zukunft: Sie sind düster.

Erwartungen an sich selbst und Erwartungen an die Gesellschaft

Es wurde schon einiges über dieses Paradox geschrieben, das bei genauerem Hinsehen so paradox gar nicht ist. Für die offensichtliche Divergenz zwischen Erwartungen hinsichtlich des eigenen Lebens und Erwartungen von der Gesellschaft – dem Kollektiv also – können sicher verschiedene Gründe angeführt werden. Ein erster davon scheint – mir jedenfalls – nahe liegend.

Jungen Menschen – so zumindest bin ich mir in meiner eigenen Erinnerung gegenwärtig – ist eine in gewissem Maße durchaus gesunde  Egozentrik eigen: Sie glauben eher an sich selbst als an andere, selbst wenn sie Idole haben und Autoritäten anerkennen, die zur Findung einer eigenen Identität unerlässlich sind. In ihrer Sicht auf das eigene, vor ihnen liegende Leben haben junge Menschen jedoch etwas im Blick, von dem sie überzeugt sind, dass sie es in entscheidenden Aspekten selbst gestalten können. Ganz gemäß dem Sprichwort: Jeder ist der Schmied seines eigenen Glücks.

Die „Gesellschaft“ hingegen haben sie, das wissen auch junge Menschen, nicht in der Hand. Sie umgibt sie und sie sind von ihr geprägt. Junge Menschen erfahren sie als mehr oder weniger undurchsichtiges Konglomerat von Problemen politischer, sozialer, ökonomischer, ökologischer Art (Klimawandel, Krieg, Wirtschaftskrisen, Inflation), die nicht von ihnen, sondern von anderen verursacht wurden.

Erwartungen und Hoffnungen hinsichtlich des eigenen Lebens, für das man sich verantwortlich fühlt und worüber man Kontrolle zu haben glaubt, stehen damit für junge Menschen im Gegensatz zu den offensichtlich düsteren, aber eben nicht selbst zu verantwortenden Aussichten für die problemgeladene Gesellschaft und krisengeschüttelte Welt.

Widersprüchlich Resultate und fragwürdige Interpretationen

Allerdings bezieht sich die Skepsis der befragten jungen Menschen nicht nur auf die Gesellschaft: Auch hinsichtlich der eigenen Zukunft werden Befürchtungen artikuliert. Neben dem bereits erwähnten Optimismus ist nämlich in allen drei Ländern – in der Schweiz etwas weniger – eine große Mehrheit der befragten jungen Menschen der Meinung, es werde immer schwieriger, mit dem verdienten Gehalt den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können – am wenigsten ausgeprägt ist diese Furcht in der Schweiz. Der Ökonom Lukas Sustala, Direktor des NEOS Lab – einige von euch kennen ihn als Vortragenden bei der Austrian Academy 2019 – ist der Meinung, das hänge wohl auch damit zusammen, dass infolge der niedrigeren Steuerbelastung in der Schweiz dort die Hoffnung in die Gestaltbarkeit der eigenen Zukunft am größten ist.

„Die Jugend hat den Glauben an Staat und Gesellschaft weitgehend verloren, versucht aber im Einzelkämpfermodus wenigstens ihre persönlichen Vorhaben erfolgreich zu realisieren“ (Bernhard Heinzlmaier, Jugendkulturforscher).

Somit also erscheint das Resultat etwas widersprüchlich. Eine Möglichkeit, den Widerspruch aufzuheben bietet Bernhard Heinzlmaier, Geschäftsführer der Markforschungsagentur T-Factory und Vorsitzender des Österreichischen Instituts für Jugendkulturforschung. Er interpretiert die Resultate der Pragmaticus-Studie mit folgenden Worten: „Die Jugend hat den Glauben an Staat und Gesellschaft weitgehend verloren, versucht aber im Einzelkämpfermodus wenigstens ihre persönlichen Vorhaben erfolgreich zu realisieren.“ Die heutige Jugend, so Heinzlmaier weiter, erscheine vielen konformistisch, aber dieser Konformismus sei nur scheinbar, weil er in Wirklichkeit nicht auf Überzeugung, sondern auf Kalkül beruhe – dem Kalkül, durch Anpassung zum beruflichen Aufstieg und zu gesellschaftlicher Anerkennung zu gelangen. Es handle sich dabei also um ein Mitspielen im „taktischen Spiel der Unterwerfung unter die Macht der Verhältnisse“. Im Klartext: Die Gesellschaft ist zwar Sch***, aber ich passe mich an und hole für mich das Beste heraus.

Ich frage mich allerdings, ob diese – für junge Menschen im Grunde wenig schmeichelhafte – Interpretation wirklich zutreffend ist. In einem trivialeren Sinne stimmt sie natürlich: Jungen Menschen bleibt gar nichts anderes übrig als sich zuerst einmal an die „Macht der Verhältnisse“ anzupassen. Bevor man nicht selbst zum Präsidenten einer universitären Prüfungskommission oder gar Bildungsminister geworden ist, wird man wohl oder übel das eigene Studienverhalten an der geltenden Prüfungsordnung und ihren Standards ausrichten müssen. Mit Konformismus hat das aber eigentlich nichts zu tun, eher mit Klugheit und der menschlichen Reife, den pubertären Verweigerungsmodus bei der Lösung von Konflikten mit bestehenden Autoritäten überwunden oder zumindest im Griff zu haben.

Die Generation Z: Zwischen Konformismus und Querdenkertum

In Richtung Konformismus könnte jedoch meiner Ansicht nach etwas anderes weisen: Die erstaunliche Übereinstimmung einer großen Mehrheit – nicht aller – junger Menschen in der Beurteilung gegenwärtiger Krisen, Probleme und Bedrohungen, wie sie aus der Jugendstudie hervorgeht.

Dieses hohe Maß an Übereinstimmung macht etwas stutzig. Denn die gleiche Priorisierung – zumal Klima und Umwelt und vielleicht sogar der Tierschutz – prägen heute die Prioritätenliste nicht nur der Jungen, sondern eigentlich aller Menschen, quer durch sämtliche Altersstufen hindurch. Dazu erscheint – für mich erstaunlicherweise – auch bei den jungen Menschen unter den persönlichen Wünschen als Top-Priorität die physische und psychische Gesundheit. Junge Menschen dachten, wenn es um ihre Zukunftswünsche geht, zumindest in früheren Jahren nicht prioritär an die Gesundheit – das war eher die Sorge älterer Menschen.

Junge Menschen ticken hinsichtlich ihrer persönlichen Lebenswünsche ähnlich wie frühere Generationen: Sie wollen arbeiten, Geld verdienen, heiraten, eine Familie gründen, sich ein Eigenheim leisten.

Im statistischen Durchschnitt bzw. in ihrer Mehrheit scheint sich die Generation Z also durchaus im Einklang mit dem Denken der Gesamtgesellschaft zu befinden. Zudem finden sich unter den „Querdenkern“ – im besten Sinne des Wortes verstanden – nicht nur junge, sondern sehr oft auch ältere Menschen. In der Generation Z jedenfalls scheinen „Querdenker“ in der Minderheit zu sein.

Bestätigt wird dies durch eine eher überraschende Tatsache: Junge Menschen ticken hinsichtlich ihrer persönlichen Lebenswünsche ähnlich wie frühere Generationen: Sie wollen arbeiten, Geld verdienen, heiraten, eine Familie gründen, sich ein Eigenheim leisten. Ein Ehepartner und/oder ein Leben im Eigenheim kommt bei der Hälfte der Befragten in allen Ländern unmittelbar nach der Gesundheit. Ebenfalls macht sich eine Mehrheit in allen drei Ländern große bis sehr große Sorgen darüber, „in einer Welt wie sie heute ist, Kinder zu bekommen“. Diese Sorge erinnert an die Zeiten der Hysterien der 1960er und 1970er Jahre, ausgelöst durch das sogenannte „Waldsterben“ und die Bevölkerungsexplosion, deren Folge, wie damals völlig falsch prognostiziert wurde, akuter Nahrungsmittelmangel und bist zum Jahre 2000 der Hungertod von zwei Milliarden Menschen sein würde.

Hohe persönliche Zufriedenheit trotz düsterer Erwartungen für die Zukunft

Also alles schon dagewesen, könnte man sagen. Deshalb jedenfalls macht mich die große Übereinstimmung in der Nennung der größten Probleme und die generell düstere Sicht der Gesellschaft, die die jungen Menschen an den Tag legen, in ihrer Kombination mit ihrem persönlichem Optimismus etwas misstrauisch. Zumal – erstaunlicherweise wiederum – die gewaltige Mehrheit von 80 Prozent der Befragten aller Ländern angibt, mit ihrem Leben hochzufrieden zu sein.

Könnte es sein – die Ergebnisse der Befragung legen es nahe –, dass junge Menschen zwar ganz persönlich Dinge wie Gesundheit, zu Leben ausreichenden Lohn, das Eigenheim, einen Ehepartner und eigentlich auch Kinder für entscheidend wichtig halten, doch genau deshalb die Erwartungen an die Gesellschaft in düsteren Farben malen? Dass sie also genau bezüglich dieser Erwartungen – und nicht wegen Ökologie, Klimawandel usw. – das Vertrauen an diese Gesellschaft, d.h. den Staat, die Politik verloren haben?

Wenn die große Mehrheit der Menschen zu bloßen Mitläufern wird, auf eigenständiges Denken und Urteilen verzichtet, kann eine Demokratie in eine Diktatur der Mittelmäßigkeit, des Mitläufertums und des Geht-mich-nichts-an ausarten.

Gemäß der von dem Ökonomen und Islamforscher Timur Kuran vorgelegten Theorie der „Preference Falsification“ – Präferenzverfälschung –, entspricht das, was Menschen im Raum der Öffentlichkeit sagen wie auch das Selbstbild das sie dort pflegen – gerade auch in Umfragen –, nicht unbedingt dem, was sie privat für wichtig halten und nach dem sie eigentlich das eigene Handeln auszurichten wünschen. Das kann Symptom von intellektueller Bequemlichkeit sein, eine Art von Konformismus, die, wenn sie sich massenhaft äußert, sogar zu einer Gefahr für die Demokratie werden kann.

Allerdings: Wenn die große Mehrheit der Menschen zu bloßen Mitläufern wird, auf eigenständiges Denken und Urteilen verzichtet, kann eine Demokratie in eine Diktatur der Mittelmäßigkeit, des Mitläufertums und des Geht-mich-nichts-an ausarten, die deshalb so gefährlich ist, weil dahinter immer andere Mächte auf der Lauer sind, die das ausnützen: vor allem der Staat und seine Bürokratie, denen es ein Leichtes ist, eine nicht mehr eigenständig denkende und zudem existenziell von staatlichen Leistungen abhängige Masse für ihre eigenen Interessen einzuspannen – zumal der Sozialstaat ja für den Bürger von der Wiege bis zur Bahre sorgt und diesen damit weitgehend vor allen Risiken des Lebens bewahrt, die Menschen aber auch vom Staat abhängig macht.

Der Elefant im Raum: Das uneinlösbare Versprechen des Sozialsystems

Gerade deshalb sollten wir immer genauer hinschauen und fragen: Ist uns vielleicht etwas entgangen? Etwas, worüber niemand spricht, niemand sprechen will? Und ist genau das vielleicht der Schlüssel zum Verständnis?

Ohne jetzt Klimawandel, Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Probleme der Energieversorgung, den Einsatz für Menschenrechte und Gleichberechtigung, als vorrangige Probleme leugnen zu wollen – auf die Inflation komme ich gleich zurück –, ist da immer noch ein nicht angesprochenes Thema – sozusagen der mitten im Raum stehende Elefant, den eigentlich alle sehen können, über den zu sprechen man sich aber beharrlich weigert.

Dieser Elefant ist das Versprechen unserer Sozialsysteme, genauer: unserer Pensionssysteme, gegenüber den jungen Menschen, im Alter einen Ruhestand in Sicherheit und Würde genießen zu können. Dies nach einem Erwerbsleben, während dem sie sich durch Einzahlungen in das Sozialsystem die Einlösung dieses Versprechens redlich verdient haben werden. Denn mit diesen Einzahlungen werden sie, so lautet der Deal, während der Jahre ihrer Erwerbstätigkeit die Generation ihrer Eltern und Großeltern unterstützt haben – dies wiederum als Gegenleistung dafür, dass diese Generation ihrer Eltern ihnen Leben, Gesundheit, Erziehung und Ausbildung ermöglicht hat.

Generationenvertrag zur Makulatur geworden

Man nennt dieses wechselseitige Geben und Nehmen „Generationenvertrag“. Doch dieser Generationenvertrag ist schon längst Makulatur. Und genau das ist der Elefant im Raum! Die Inflation ist dafür nur ein untrügliches Anzeichen. Denn sie ist letztlich und im Tiefsten Folge der Tatsache, dass unsere Gesellschaften auf Pump leben und die Staaten sich nur so über Wasser halten können. So wurden die jetzigen Pensionen schon längst nicht mehr allein durch die Einzahlungen der jetzt erwerbstätigen Bevölkerung – Eurer Elterngeneration also – bezahlt (wie es das System eigentlich vorsieht), sondern in zunehmendem Maße aus Steuergeldern. Und da diese letztlich nicht für alles reichen, was der Staat uns an Wohltaten zukommen lässt, kommen Schulden dazu, die der Staat immer weiter in geradezu gigantischem Ausmaß anhäuft.

Weshalb ist es dazu gekommen? Weil – wie alle wissen, worüber man aber nicht sprechen will – die heutige Elterngeneration – ich spreche jetzt in statistischer Allgemeinheit und nicht konkret von irgendwelchen Eltern – es unterlassen hat, für genügend Nachkommen zu sorgen, um so das Renten-Umlage-System auf die Weise, wie dies von seinen Schöpfern geplant war, auch in Zukunft funktionsfähig zu erhalten: mithilfe eines sich – durch die Generationen hindurchziehenden – intertemporalen demographischen Gleichgewichts also. In den kommenden Jahren werden sie – die sogenannten Babyboomer – massenhaft in Pension gehen.

Die Babyboomer sind eine Gruppe von Rentnern, die wegen ihrer schieren Größe das System bereits in einem noch nie dagewesenen Umfang belastet und zunehmend mehr belasten wird, die dafür jedoch nicht vorgesorgt hat – vorgesorgt vor allem in der Form eigener Nachkommen in genügender Zahl.

Die Babyboomer sind eine Gruppe von Rentnern, die wegen ihrer schieren Größe das System bereits in einem noch nie dagewesenen Umfang belastet und zunehmend mehr belasten wird, die dafür jedoch nicht vorgesorgt hat – vorgesorgt vor allem in der Form eigener Nachkommen in genügender Zahl. Denn so hat die Menschheit dieses Problem seit Jahrtausenden gelöst – die falschen Anreize des modernen Sozial- und Steuerstaates haben dieses Gleichgewicht nun jedoch zerstört. Wie ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des (deutschen) Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit im Juni 2005 festhielt, ist das Umlagesystem zwar eine „Versicherung gegen Kinderlosigkeit“, verringert aber zugleich „die Anreize, selbst Kinder zur Welt zu bringen und aufzuziehen“. Das Gutachten kommt zum Schluss: „Ohne Kinder kollabiert jedoch das Umlagesystem.“[*]

Eine Gesellschaft, die auf Pump lebt

Die Generation der heutigen Jungen wird dieses Ungleichgewicht mit höheren Einzahlungen in das System und – bzw. oder – mit höheren Steuern für die Renten ihrer Elterngeneration bezahlen müssen – und wegen der zunehmenden Staatsverschuldung durch immer höhere Inflation. Dabei bleibt völlig ungewiss, wie viel dann noch für die jungen Menschen von heute, die eben erst ins Erwerbsleben eintreten, übrigbleiben wird, wenn sie selbst einmal in Rente gehen werden.

Das Thema Inflation gehört hier, wie erwähnt, wesentlich dazu: Denn dadurch, dass der Staat – die verschiedenen Staaten – Schulden aufnehmen müssen, um die Rentenansprüche bezahlen zu können, vergrößert sich die Geldmenge ständig – und zwar in Relation zur Menge der produzierten Güter. Falls es nicht gewaltige, selbst mit Hilfe von künstlicher Intelligenz unvorstellbare Produktivitätssteigerungen geben wird, wird diese Menge an produzierten Gütern im Verhältnis zur umlaufenden Geldmenge noch mehr zurückgehen, ganz einfach, weil die Zahl der wirklich produktiven Beschäftigten zurückgeht. Dieses Ansteigen der Geldmenge bei sinkender Produktivität der gesamten Gesellschaft ist langfristig ein gewaltiger Inflationstreiber. Und durch das Ansteigen der Preise – die Wertverminderung des Geldes also und dem Schwinden der Kaufkraft der Einkommen – wirkt die Inflation wie eine versteckte Steuer, der man hilflos ausgeliefert ist und die den Wohlstand vermindert.

Inflationstreiber Eurorettung, Staatschulden, Corona-Hilfen, Grüne Subventionen – und Krieg

Doch leider lebt unsere Gesellschaft nicht nur hinsichtlich der Pensions- bzw. Rentensysteme auf Pump: Dazu kommen die Folgen der Maßnahmen zur Eurorettung, der damit verbundenen Staatsschuldenkrise, der Corona-Pandemie und nun auch die Kosten für den Krieg im Osten Europas. Mit dem Kauf von Staatsanleihen – also Staatsschulden – haben die Zentralbanken in großem Stil die (elektronische) „Druckerpresse“ angeworfen – auf die Details muss ich jetzt in diesem Kreis nicht noch einmal eingehen.

Die gegenwärtige Gesellschaft – Rentner und ältere Erwerbstätige – lebt auf Kosten der kommenden Generationen – und der heutigen Jugend.

Dazu kommt nun aber neuerdings, dass die EU die Wirtschaft mit einem gewaltigen Subventionstopf namens „Green Deal Industrial Plan“ beglücken will, um die wettbewerbsschädliche Politik der USA, die ihrerseits klimafreundliche Investitionen subventioniert, noch um ein Vielfaches zu übertrumpfen. Überall also soll Geld fließen, das noch gar nicht erwirtschaftet wurde, sondern dessen Gegenwert auf unsicheren Staatsschulden und Versprechen zukünftiger, durch staatliche Industriepolitik geschaffener Wertschöpfung beruht.

Mit anderen Worten: Die gegenwärtige Gesellschaft – Rentner und ältere Erwerbstätige – lebt auf Kosten der kommenden Generationen – und der heutigen Jugend.  Natürlich kann auch die Jugend von heute jetzt so handeln wie ihre Elterngeneration. Sie kann das Problem vor sich herschieben und es erneut der nächsten Generation überbürden. Die Frage ist jedoch nicht nur, ob das fair wäre, sondern zunächst einmal, ob es ökonomisch überhaupt möglich sein wird, ohne dass das System, in dem jede Generation auf Kosten der nachfolgenden lebt, zusammenbrechen wird. Es wäre jedenfalls aus ökonomischer Sicht mit Sicherheit nicht nachhaltig.

Dass dies leider die Wahrheit ist – ich sehe es jedenfalls zusammen mit vielen anderen so –, wünsche ich mir junge Menschen, denen nicht nur Klimaschutz, Menschenrechte, Gleichberechtigung, Tierschutz usw. am Herzen liegen, sondern die auch auf den Elefanten im Raum achten und daraus die richtigen Schüsse ziehen. Und wenn sie schon rebellieren und auf die Straße gehen wollen: dann auf dafür!

Die neue Macht der Generation Z – welche Zukunft will sie?

Der demographische Wandel hat aber auch noch eine andere Seite, der schon jetzt deutlich spürbar ist: Der sich bereits heute kräftig abzeichnende Fachkräftemangel. Er wird sich, wie Arbeitsmarktexperten betonen, in Zukunft noch erheblich verstärken. Dadurch vergrößert sich, wie Experten argumentieren, die Verhandlungsmacht der nun neu in den Arbeitsmarkt Eintretenden – also Eure Verhandlungsmacht. Was hat das zur Folge?

Wenn ich Euch jetzt aber zum Schluss eine Empfehlung aussprechen darf: Tut genau das nicht, was die Experten voraussagen! Denn damit würdet Ihr den Fehler Eurer Elterngeneration wiederholen

Allgemein wird erwartet, dass die Jungen diese ihre Verhandlungsmacht für eine Reduktion der Arbeitszeit und der Priorisierung der Work-Life Balance einsetzen werden – Anzeichen dafür gibt es bereits. Ob jedoch dieses eigentlich negative Bild der Generation Z als einer Generation, die nur noch auf den eigenen Vorteil aus ist, sich einem harten Arbeitsleben verweigert und letztlich selbstzentriert ist, tatsächlich der Wirklichkeit der Mehrheit der jungen Menschen entspricht, wage ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrung, aber auch aufgrund der genannten Umfrageergebnisse zu bezweifeln.

Wenn ich Euch jetzt aber zum Schluss eine Empfehlung aussprechen darf: Tut genau das nicht, was die Experten voraussagen!  Denn damit würdet Ihr den Fehler Eurer Elterngeneration wiederholen (wiederum meine ich mit „Elterngeneration“ eine rein statistische Größe). Sucht Euch kein möglichst bequemes Leben, jammert nicht über Arbeitsbelastung und Schwierigkeiten im Leben. Seid bereit, auf gewisse Annehmlichkeiten und Konsummöglichkeiten zu verzichten und die Dauer-Optimierung Eurer Work-Life Balance in eurer Prioritätenliste etwas weiter nach hinten zu verschieben. Denn das ist der Preis, den man zahlen muss, um zu erreichen, was im Leben wirklich wichtig ist. Es ist der Preis für ein Leben im Bewusstsein, eine Spur in der Zukunft zu hinterlassen, auf der andere Menschen ebenfalls ein gutes, wenn nicht sogar ein besseres Leben als wir haben können.

Gründet also, wenn immer Ihr könnt, eine Familie! Und setzt Euch ein für eine Gesellschaft und einen Staat, der die Familien in ihrer Reproduktions- und Vorsorgefunktion weder steuerlich auslaugt noch durch Subventionen von sich abhängig macht, sondern sie einfach in Ruhe lässt! Vielleicht werdet Ihr es dann schaffen, dass man über Euch als Elterngeneration wird sagen können, Ihr hättet durch Euer Leben einen Beitrag dafür geleistet, die Grundlagen für eine Gesundung der Gesellschaft und dieser Welt zu legen und Euren Nachkommen faire Startchancen zu hinterlassen.

 

Anmerkung

[*] Vgl. Gutachten des wissenschaftlichen Beirates des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) – heute Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) – vom 18. März 2005, mit dem Titel Alterung und Familienpolitik (85, S. 41): „Eine umlagefinanzierte Rentenversicherung, wie sie in Deutschland besteht, kann als eine Versicherung gegen Kinderlosigkeit interpretiert werden, da die Umlagerente es Kinderlosen ermöglicht, im Alter auf die Beiträge der Kinder anderer Leute zurückzugreifen. Sie erfüllt insofern eine wichtige Versicherungsfunktion. Indes verringert die Umlagerente zugleich die Anreize, selbst Kinder zur Welt zu bringen und aufzuziehen. Nach der Rechtskonstruktion unseres Rentensystems erwirbt man einen Rentenanspruch schon dann, wenn man auf dem Wege der Beitragszahlung die Generation seiner Eltern finanziert. Dass man selbst Kinder hat, ist nicht wichtig. Ohne Kinder kollabiert jedoch das Umlagesystem.“

Impulsvortrag gehalten am 24. Februar 2023 bei der Gründungsveranstaltung des Triple A Clubs, einem Format für Alumni der AUSTRIAN ACADEMY.

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