Ein Volk am Tropf des Staates: Italienische Bonus-Orgie mit der Gießkanne

Wünschen Sie einen Bonus für den Kauf eines Mückennetzes? Für den Veterinär Ihres Haustieres? Oder einen Zuschuss für eine Klima-Anlage, einen Küchenherd, für Vorkehren am Hause gegen Erdbeben, für eine Revision des Wagens oder für Elektro-Scooter? Für die Sitzungen bei einem Psychologen? In Italien spendet der Staat diese Boni, seit der segensreichen Regierung des „Reformers Mario Draghi“.

Die Italiener, früher bekannt als Volk der Selbsthilfe in allen Lebenslagen, sollen jetzt in hundert Formularen um tausend Staatshilfen betteln.

Das sind alles noch die Peanuts aus der Staatskasse. Alle Arbeitnehmer erhalten – via die Firma – einen Staatszuschuss von 600 Euro für die Energiekosten 2022. Alle Arbeitnehmer erhalten monatlich 75 Euro in der Lohntüte, um die hohen Prämienzahlungen an die Sozialversicherungen durch den Staat abzufedern. Wer ein Haus renoviert, erhält nicht nur alle Kosten erstattet, sondern einen Bonus in bar von 10 Prozent darüber hinaus.  Die Italiener, früher bekannt als Volk der Selbsthilfe in allen Lebenslagen, sollen jetzt in hundert Formularen um tausend Staatshilfen betteln.

Nachträgliche Korrekturen eines schweren Versagens

Kurz, man muss von einer Orgie der Gießkanne sprechen, welche im Internet einzusehen ist. Grundsätzlich analysiert, schälen sich drei hyper-wohlfahrtsstaatliche Verwöhnungsarten heraus.

  • Zum einen wird jede Zuckung von Preisbewegungen den Haushalten erspart und vom Staat übernommen – bei Energie, Wasserkosten, Transporten.
  • Zweitens tritt der Staat in die Nanny-Rolle, er bemuttert möglichst viele wünschbare Verhaltensweisen. Der Bürgersinn, die spontane Selbstverantwortung sind ausgespart.
  • Drittens korrigiert er seine eigenen Fehler über die Staatskasse.

Das geradezu horrende Beispiel für die nachträgliche Korrektur schweren Versagens sind die 75 Euro in der Lohntüte, jeden Monat für jeden Arbeitnehmer. Sie sollen ausdrücklich den „cuneo fiscale“, den Fiskalkeil zwischen dem Nettolohn in der Tüte und den Kosten für den Käufer des Produkts übernehmen. Denn in Italien und Frankreich trägt der Arbeitnehmer grosso modo von 100 Euro Lohn nur 85 Euro netto nach Hause.

Der Arbeitgeber hingegen muss bis zu 40 Euro Sozialversicherungsprämien drauflegen (Renten, Kinderzulagen, Arbeitslosenversicherung), und der Käufer am Ladentisch bezahlt auf den gut 140 Euro Lohnkosten noch 20% Mehrwertsteuer drauf. Was dem Arbeitnehmer 85 Euro bringt, kostet den Käufer 170 Euro – das Doppelte. Der Staat schöpft die Differenz ab. Die Regierung Renzi führte daher diesen Bonus schon vor Draghi ein, schüttet ihn aber nicht an die Firma aus, damit sie entlastet, und im Export konkurrenzfähig wird, sondern populistisch an die Arbeitnehmer! Das Volk soll nicht merken, wie haltlos die Politiker der letzten Jahre die Arbeit belasteten.

Keine Eigenleistung gefordert, dafür enorme Kosten

Neben all diesen Boni läuft das Grundeinkommen („reddito di Cittadinanza“), vom Movimento Cinque Stelle in der letzten Regierung durchgesetzt. Wer unter 9.360 Euro versteuert, erhält als Einzelperson monatlich 780 Euro, als Paar mit einem Kind 1.330 Euro. Damit werden vier Millionen unbeschäftigte und leicht beschäftigte Personen, durchgehalten, ohne weitere Ansprüche an Eigenleistungen oder Arbeitssuche. Diese Millionen leben vor allem im Süden, der dann auch in der Septemberwahl dem Movimento schöne Wiederwahlresultate einbrachte. Auch der ehemalige Regierungschef Giuseppe Conte setzte mit populistischen Sprüchen auf dieses Manna des Staates.

Die Kosten aller Boni und Ausschüttungen sind enorm. Das Grundeinkommen kostet neun Milliarden Euro im Jahr, die Energie- und Preissubventionen weit über 40 Milliarden bis zum Sommer, seither läuft mehr. Hierzu fehlen dem Beobachter der Überblick, da fast jede Woche neue Ideen und Praktiken dazu kommen, so dass ihm schwindelt. Und nun hat auch die neue Regierung Meloni bereits mehrere Dutzend Milliarden Euro solch zusätzlicher Wohltaten verkündet.

Dies alles in einem Land, das mit 155 Prozent seines Sozialprodukts verschuldet ist und ein Defizit der Staatsrechnung gemessen am Sozialprodukt von fast 7% ansteuert.

Zahlmeister Deutschland in der europäischen Umverteilungsunion

Einmal mehr muss die Schlaufe hinauf zur EU-Ebene gezeigt werden. Italien erhält, falls es überhaupt die Programme hinkriegt, um die 150 Milliarden Euro teils geschenkt, teils als günstige Kredite. Das Geld wird schuldenfinanziert aus Anleiheprogrammen der EU, die von allen Mitgliedsländern kollektiv garantiert und verzinst werden. Hier laufen enorme neue Schulden der EU-Staaten zusätzlich auf, und die überschuldeten lateinischen Länder garantieren schon mal die Hälfte davon. Doch Deutschland garantiert mit, „zur gesamten Hand“, wenn man die Dokumente genau lies, zahlt demnach als letzter, wenn die andern ausfallen.

Gleichzeitig werden im Augenblick die Defizit- und Schuldenregeln der EU durch gemeinsamen Beschluss auszuhebeln versucht, und die EU-Kommission beruhigt die Öffentlichkeit, sie werde eigene Einnahmenvarianten schaffen, um die Lasten mitzutragen. Das erfüllt natürlich eine längst gehätschelte innere Agenda der EU-Zentrale, endlich zu einem vollen Staat mit eigenen Steuerkompetenzen zu werden. Dann wird es vollends keinen Halt mehr vor europaweiten Umverteilungen geben.

Teure „Fiskalunion“ ohne Kontrolle und Verpflichtungen

Diese „Fiskalunion“ bleibt auch künftig eine leere Kulisse, aber eine teure Kulisse. Denn diese Umverteilungen kontinentalen Ausmaßes funktionieren nicht wie die internen Umverteilungen in den einzelnen Staaten nach gleichen internen Regeln: Deutschland, Österreich, die Schweiz, die USA verteilen intern auch um, aber die Empfänger befolgen alle die national gleichen Abgaben für Renten, Arbeitslosenversicherung, und sie kennen alle die gleichen Überwachungen und Verpflichtungen der Bürger. Nicht jedoch die Personen in den EU-Ländern – die schwedischen, deutschen Pflichten eine Arbeit zu suchen und anzunehmen, fehlen weitgehend im europäischen Süden und in Frankreich. Da zahlen die Ameisen für die Grillen, wie in den Fabeln Lafontaines angedeutet, wo die Grillen jedoch von den Ameisen schließlich abgewiesen werden.

Insbesondere Deutschland zahlt aber weiter, und immer mehr, an die italienischen Boni der erwähnten Art, an eine Form des Wohlfahrtsstaates, die zur Karikatur mit Mückennetzen wird. Überwachung und Kontrolle wie auch die Formulierung von Pflichten sind dabei nicht vorgesehen oder nicht durchzusetzen. Die Südeuropäer schreien sofort über eine Einmischung des Nordens auf, was innenpolitisch einen oft erwünschten politisch einträglichen Populismus ergibt. Angesichts der Mühe, mit welcher der Autor die oben aufgehäuften Wohltaten im Internet zusammensuchen musste, darf man schlicht behaupten, dass das deutsche Bundesfinanzministerium sich ganz offensichtlich diese Mühe erspart. Sonst würde es nicht für solche Wohlfahrtslaster Italiens bedingungslos zahlen.

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