Morgenthaus Erben ruinieren den Industriestandort Deutschland

Dem jungen Mann traut man eine lukrative Karriere in einem Konzern oder einer Kanzlei zu. Adrett, höflich, redegewandt. Doch er studiert Politikwissenschaft mit dem Ziel, „später bei einer NGO zu arbeiten“. Also einer Nicht-Regierungsorganisation, die vornehmlich von öffentlichen Geldern lebt, um linke Projekte durchzusetzen. Notfalls rechtfertigt der hohe moralische Anspruch auch Rechtsbrüche, wie es radikale Klimaaktivisten täglich vorführen. Die Runde am Tisch nickt anerkennend. Dabei sind wir weder auf dem Evangelischen Kirchentag noch bei einer Parteiveranstaltung der Grünen, sondern einem Debattenabend der Roman-Herzog-Stiftung. Also eher konservativ-liberal.

Morgenthaus Plan einer Deindustrialisierung Deutschlands war nicht nur als Bestrafung und Verhinderung weiterer deutscher Aggressionen gemeint, sondern auch als Umsetzung einer positiven Utopie.

Deindustrialisierung: Deutschland wird als Wirtschaftsstandort unattraktiv

Dass Deutschland gerade in eine Rezession schlittert, ist in Gesprächskreisen wie diesen kein Thema. Die eindringlichen Warnungen von Wirtschaftsinstituten werden ebenso überhört wie die Hilferufe aus der Welt der Unternehmen. Und wenn, dann soll der Staat mit Subventionen die selbst verursachten Probleme (teurer Strom) lösen. Dabei kommen die Einschläge mit jedem Tag näher:

  • Im vergangenen Jahr haben deutsche Firmen 138 Milliarden Euro im Ausland investiert, derweil Ausländer nur zehn Milliarden ins Land gebracht haben. Und selbst diese muss Deutschland mit üppigen Subventionen ködern, wie etwa den US-Chip-Giganten Intel, der sich sein Werk in Magdeburg mit zehn Milliarden Euro subventionieren lässt. Das entspricht pro Arbeitsplatz 3,3 Millionen Euro, die letztlich der Steuerzahler aufbringt. Auch Batteriefabriken, die für den Umstieg auf die E-Mobilität dringend benötigt werden, brauchen hohe staatliche „Anschubfinanzierungen“, um gegen die chinesische Konkurrenz bestehen zu können. Es wird also nicht Mehrwert geschaffen, sondern Substanz verbraucht. Und das nun seit fünf Jahren in Folge.
  • Der Internationale Währungsfonds stellt Deutschland unter 22 Industrienationen das schlechteste Zeugnis aus: Während andere Länder Corona-, Währungs-, China-Krise oder Ukrainekrieg überwunden haben und um bis zu sechs Prozent wachsen, fällt die Bundesrepublik in diesem Jahr um 0,2 Prozent zurück. Real sinkt hier der Wohlstand pro Kopf, während alle anderen das Niveau von 2019 bereits wieder übertroffen haben.
  • Ein toxisches Gemisch aus teurer Energie, wuchernder Bürokratie und gesellschaftlicher Lethargie beschleunigt den Prozess der De-Industrialisierung, der an dieser Stelle früh beschrieben wurde und mittlerweile als real anerkannt wird. Wenn Schwergewichte wie BMW, BASF oder Siemens Großinvestitionen in die USA, China oder das europäische Ausland verlegen, findet dies noch seinen Niederschlag in den Wirtschaftsteilen seriöser Zeitungen, selten hingegen bei ARD oder ZDF, deren Wirtschaftsberichterstattung sich auf Verbraucherschutz beschränkt. Die Verlagerungen der wenig bekannten Mittelständler finden hingegen allenfalls lokal Beachtung, wenn sie mit Stellenstreichungen verbunden sind. Dass diese Entwicklung auch sozialen Sprengstoff birgt, lässt sich in Ländern wie Frankreich beobachten, wo der industrielle Kern auf rund zehn Prozent des Bruttosozialprodukts zusammengeschmolzen ist: In weiten Teilen des Landes sieht man keine Fabrikgebäude mehr – und also keine Arbeitgeber, die weniger Qualifizierten einen Job geben. Auch dies ist ein Grund für die immer neu aufflammenden Unruhen.

Man muss offenbar im Wohlstand leben, um auf ihn schimpfen zu können. In Deutschland erkennt man den Wert erst, wenn er verloren ist.

Schon wird an 1999 erinnert, als der britische „Economist“ Deutschland zum „Kranken Mann Europas“ erklärt hatte. Der Unterschied ist nur: Damals rüttelte der drohende Niedergang Politik und Verbände auf. Der ehemalige SPD-Kanzler Gerhard Schröder setzt mutig seine Reformagenda 2010 in Gang, die staatliche Leistungen kürzte und von den Bürgern mehr Eigenverantwortung und Leistung einforderte. Was den Sozialdemokraten allerdings 2005 die Regierungsmehrheit kostete.

Heute indes ist wenig zu spüren von Aufbruch und Einsicht. Wenn das abgegriffene Bild vom „Tanz auf der Titanic“ eine reale Zustandsbeschreibung ist, dann trifft sie auf das Deutschland des Jahres 2023 zu. Es wird sorglos getanzt und gefeiert. Festzumachen auch an der Tatsache, dass sich die deutsche Konjunktur vornehmlich auf die hohen Konsumausgaben stützt, derweil alles Produktive an Kraft verliert.

Grüne ohne Verständnis für Wirtschaft an den Schalthebeln der Macht

Die Ignoranz, mit der die Warnungen vor einem dramatischen Verlust an Wohlstand, behandelt werden, hat zwei Ursachen. Zum einen ist den Deutschen in weiten Teilen das Gefühl für ökonomische Zusammenhänge abhandengekommen. Das Land leistet sich einen Wirtschaftsminister, für dessen Partei Wachstum im Grunde etwas Negatives ist. Wachsen sollen allenfalls Windräder, Solarplantagen und Flüchtlingsheime. Robert Habeck hat kein Verständnis für die Sorgen und Nöte der Industrie oder des gewerblichen Mittelstandes. Insolvenzen sind für ihn nur Produktions-Aufschiebungen. Alle Warnungen schlägt er mit dem Argument in den Wind, es gebe keinen Grund für „German Angst“.

Das sagt ausgerechnet ein Spitzenpolitiker der Grünen, die durch Angstkampagnen (Waldsterben, Atomkraft, Gentechnik, Überwachung, Corona etc.) groß geworden sind. Und diese Größe ist die zweite Besonderheit: Die Grünen haben in Deutschland gestalterische Kraft. Anders als in anderen Ländern sitzen sie hier an den Schalthebeln der Macht. Im Bund und in neun von 16 Bundesländern sind sie Teil der Regierung – und die Koalitionsverträge sind in der Regel mit grüner Tinte geschrieben. Obwohl Deutschland zum weltweiten CO₂-Ausstoß nur zwei Prozent beiträgt, ist der „Kampf gegen den Klimawandel“ zu überwölbenden Thema geworden, dem sich selbst Wirtschaftsverbände devot unterordnen. Das eingesparte CO₂ wird dann über Produkte aus dem Kohleland China reimportiert.

Der rückschrittliche EU-Traum: Wirtschaft ohne Wachstum

Früh haben die Grünen verstanden, dass Brüssel das wahre Machtzentrum ist. Der „Green Deal“, der ausgerechnet von einer konservativen deutschen Kommissionspräsidentin zum eigenen Markenzeichen erhoben wird, verdichtet letztlich grüne Programmatik in europäisches Recht.

Während die USA und China um die ökonomische Vorherrschaft buhlen, will die EU-Kommission den Kontinent zum öko-sozialen Vorbild schrumpfen. Mit dem Projekt der „Taxonomie“ soll nur noch gefördert werden, was den Zielen der Klimaneutralität und woken Moral entspricht. Ein Beispiel: Wollen Airlines ein neue Flugzeuge anschaffen, müssen sie alte dafür stilllegen. Dürfen also nicht mehr wachsen.

Doch die Einsicht, dass Wirtschaft ohne Wachstum gleich Rückschritt ist, fehlt in Brüssel wie in Berlin. Der junge Mann, der NGO-Aktivist werden will, repräsentiert eine weit verbreitete Geisteshaltung. Selbst die Katholische Kirche hat die Soziallehre verlernt – und predigt am liebsten das grüne Evangelium. Sie ist Teil der deutschen Klüngelwirtschaft aus Parteien, Verbänden, Stiftungen und öffentlich-rechtlichen Sendern, die allesamt von Zwangsabgaben und Steuergeldern gut leben. Am liebsten würde dieses Deutschland mit Hilfspaketen als Exportschlager den Wohlstand sichern.

Deutscher Selbsthass –  oder Auswanderung ins rettende Ausland

Hinzu kommt die deutsche Besonderheit des Selbsthasses: Nationale Interessen zu vertreten, gilt mindestens als unschicklich. Man beugt sich gerne der Brüsseler Bevormundung, die entgegen den Verträgen von Lissabon in eine Schulden- und Sozialunion führt. Wer dies benennt, ist ein übler Nationalist und steht auf einer Stufe mit den „Rassisten“, die auf den sozialen Sprengstoff durch die nach wie vor ungesteuerte Zuwanderung verweisen.

Auch hier genügen zwei Zahlen: 48 Prozent der Kinder in Sozialhilfe-Haushalten (heute euphemistisch Bürgergeld genannt), haben nicht-deutsche Eltern. 2015 waren es noch 19 Prozent. Die Hälfte der Flüchtlinge, die seit Merkels Grenzöffnung von 2015 ins Land gelassen wurden, hat auch heute noch keinen Job, obwohl selbst händeringend nach ungelernten Hilfskräften gerufen wird. Die arbeitende Hälfte bezieht oft zum Lohn weiter Sozialleistungen.

Die „wachsende Armut“, die linke Parteien beklagen, um damit weitere Umverteilungen zu begründen, wird also weitgehend importiert. Mit der Folge, dass nicht nur die sozialen Spannungen wachsen, sondern auch die Ausgaben der Sozialkassen. Die treibt wiederum die Lohnnebenkosten erstmals wieder über 40 Prozent und macht den Wirtschaftsstandort Deutschland noch unattraktiver. Übrigens auch für rund 150 000 gut ausgebildete junge Deutsche, die jährlich in Länder wie Schweiz oder die USA auswandern, wo vom höheren Brutto netto mehr übrig bleibt. Leistungsträger gehen, Leistungsbezieher kommen.

Morgenthaus „grüner“ Plan für Deutschland und seine Erben

Auch dies wäre wohl ganz im Sinne von Henry Morgenthau. Der Finanzminister und Linksaußen im Kabinett von US-Präsident Franklin D. Roosevelt ließ im August 1944 einen Plan ausarbeiten, wie Deutschland nach dem Sieg der Alliierten deindustrialisiert und  weitgehend in einen de-militarisierten Agrarstaat umgebaut werden sollte. Im Deutschland von heute würde er dafür bei all jenen Kräften auf Wohlwollen stoßen, die den kapitalistischen Wohlstand letztlich für unverdient und ökologisch schädlich halten.

Morgenthau, der selbst Jude war, verfolgte damit nicht in revanchistischer Absicht die Zerstörung Deutschlands, wie die von Goebbels angeführte deutsche Propaganda nach vorzeitigem Bekanntwerden des Plans behauptete und auch heute noch von rechtsextremen Kreisen verbreitet wird. Gemäß Wolfgang Benz, dem früheren Leiter des Antisemitismuszentrums an der TU Berlin, war Morgenthaus Plan einer Deindustrialisierung Deutschlands nicht nur als Bestrafung und Verhinderung weiterer deutscher Aggressionen gemeint, sondern auch als Umsetzung einer positiven Utopie.

So gesehen darf sich die grüne Bewegung, die weit über die Partei hinausreicht, als wahre Erben von Henry Morgenthau betrachten. Ihr Ideal ist die öko-soziale Landgenossenschaft – allerdings ohne selbst in sengender Sonne Unkraut zu jäten. Das Leid, das Wölfe, Bären oder Saatkrähen den Bauern bringen, weil sie nicht bejagt werden dürfen, hält man sich persönlich natürlich auch vom Leib. Für diesen einflussreichen Teil der Gesellschaft ist es auch kein Widerspruch, einerseits den wachsenden Hunger in der Welt zu beklagen, und zugleich Flächenstilllegungen zu verordnen und den Einsatz selbst grüner Gentechnologie zu verbieten.

Kriegs-Präsident Roosevelt entschied sich letztlich für das Gegenteil, den sogenannten Marshall-Plan, der der Bundesrepublik den Wiederaufstieg zum wohlhabenden Industriestaat ermöglichte. Gut möglich, dass auch daraus der nach wie vor weitverbreitete Anti-Amerikanismus rührt. Man muss offenbar im Wohlstand leben, um auf ihn schimpfen zu können. In Deutschland erkennt man den Wert erst, wenn er verloren ist.

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