Umwelt und Klima: Die Fakten sprechen für die Marktwirtschaft

Verfolgt man die öffentlichen Auseinandersetzungen der letzten Jahre rund um den Umweltschutz und das Klima, könnte man meinen, alles gehe den Bach runter: Der Planet leide an Überbevölkerung. Böse Konzerne betrieben Raubbau an der Natur. Ignorante Verbraucher konsumierten, als gäbe es kein Morgen mehr. Die industrialisierte Produktionsweise und der Individualverkehr verpesteten die Umwelt. Der an Fahrt aufnehmende Zug der Klimaapokalypse habe den Bahnhof bereits verlassen und könne nur noch mit radikalen Maßnahmen verlangsamt werden. Es bleibe keine Zeit mehr für Diskussionen und tiefergehende Abklärungen hinsichtlich der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, heißt es. Die Lage sei zu ernst, um sich jetzt noch mit allfälligen Einwänden zu beschäftigen. Es sei nicht 5 vor 12, sondern bereits 12. Um es in den Worten von Greta Thunberg zusammenzufassen: „I want you to panic!“

Dieser Text ist die leicht gekürzte Einführung zu dem von Olivier Kessler und Claudia Wirz herausgegebenen Buch „Mutter Natur und Vater Staat: Freiheitliche Wege aus der Beziehungskrise“, das im November 2020 im Verlag des Liberalen Institus, Zürich, erschienen ist. Mehr Informationen und Bestellmöglichkeit unten.

Widerlegte Unheilsprognosen: Von Malthus bis zum Club of Rome

„I want you to panic“: Dieser Ausspruch könnte gerade so gut von einem anderen Schwarzmaler stammen, der Ende des 18. Jahrhunderts mit seinen Theorien Angst und Schrecken verbreitete. Der Ökonom und Pfarrer Thomas Robert Malthus warnte – untermauert durch das von ihm aufgestellte Bevölkerungsgesetz – davor, dass die Bodenerträge nur in arithmetischer Progression (1, 2, 3, 4, usw.) ansteigen könnten, während die Bevölkerungszahl in geometrischer Progression wachse (1, 2, 4, 8, 16, usw.). Dies, weil die Mehrzahl der Menschen in den unteren sozialen Schichten auf materielle Verbesserungen mit einer Erhöhung der Geburtenrate reagiere. Deswegen drohe der Menschheit Hunger und Armut. Malthus plädierte deshalb unter anderem für Geburtenkontrollen.

Es kam bekanntlich anders. Der Kollaps ist ausgeblieben. Die weltweite Armut konnte in der Zwischenzeit trotz Bevölkerungswachstum stark reduziert werden. Laut Angaben der Weltbank haben relativ freie internationale Märkte allein seit 1990 über einer Milliarde Menschen geholfen, der Armut zu entkommen – insbesondere in Entwicklungsländern. Mussten im Jahr 1990 noch 37,1 Prozent der Weltbevölkerung mit weniger als 1,90 Dollar pro Tag auskommen, ist dieser Anteil heute auf unter 10 Prozent gefallen.

Springen wir in das Jahr 1972: In diesem wurde der viel beachtete Bericht des Club of Rome mit dem Titel Grenzen des Wachstums veröffentlicht – und auch in diesem wurde nicht gerade mit düsteren Prognosen gespart. Donella und Dennis Meadows, die Autoren des Berichts, benutzten eine von Jay Forrester entwickelte Modellierungsmethode namens „System Dynamics“, womit sie die Entwicklung der Welt anhand eines Computermodells vorherzusagen wagten. Parameter wie Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch, Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum wurden eingespeist und die Interdependenzen festgelegt.

Gemäß dem Club of Rome sollten wir in unseren Zeiten gerade den Zusammenbruch der Nahrungsversorgung miterleben. Auch hätten uns bereits diverse Rohstoffe ausgehen müssen, so etwa Aluminium, Erdgas, Gold und Silber.

Das Computermodell berechnete anschließend die Prognosen für die Zukunft – und diese waren in der Tat angsteinflößend. Prophezeit wurde nichts Geringeres als der Kollaps der Ressourcen, der Nahrungsmittelversorgung und der Bevölkerung. Gemäß dem Modell sollten wir in unseren Zeiten gerade den Zusammenbruch der Nahrungsversorgung miterleben. Auch hätten uns bereits diverse Rohstoffe vor dem Wechsel ins 21. Jahrhundert ausgehen müssen, so etwa Aluminium, Erdgas, Gold und Silber.

Erfindungsreichtum und Rückgang des Bevölkerungswachstums durch wirtschaftliche Entwicklung

Wie konnten Malthus und der Club of Rome derart daneben liegen? Es scheint, als hätten sie ähnliche blinde Flecken wie die heutigen Klima- und Umwelt-Alarmisten. Zumindest gibt es erstaunliche Parallelen.

Erstens wird der Faktor des menschlichen Erfindungsreichtums vernachlässigt: Insbesondere in einem freimarktwirtschaftlichen System entstehen im kontinuierlichen Wettbewerb um die Gunst der Kunden fortlaufend Verbesserungen. Selbst große Herausforderungen können dadurch mittels unternehmerischen Handelns angepackt und überwunden werden. So entwickelte sich etwa die Nahrungsmittelversorgung dank diverser Innovationen eben nicht so, wie Malthus dies vorhergesagt hatte, weshalb der Hunger für die gesamte Menschheit ein immer geringeres Problem darstellte und es auf dem Erdball seit einigen Jahren mehr Übergewichtige als Unterernährte gibt. Gemäß dem Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek zeichnet sich dieses marktwirtschaftliche „Entdeckungsverfahren“ durch das Handeln der Unternehmer, Versuch und Irrtum, das Fallenlassen gescheiterter Ansätze und die Nachahmung erfolgreicher Lösungen aus. Damit setzen sich immer höhere Lebens- und Umweltstandards durch.

Zweitens hat sich der angenommene Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und steigender Bevölkerung nicht bewahrheitet. Der größere Wohlstand, der in Systemen mit relativ hoher wirtschaftlicher Freiheit auftritt, hat nicht dazu geführt, dass die Menschen mehr Kinder haben. Der Statistiker Hans Rosling hat gezeigt, dass die Frauen in fast allen Ländern mit einem Jahreseinkommen pro Kopf von über 15 000 Dollar im Durchschnitt weniger als 2,1 Kinder gebären. In weniger wohlhabenden Ländern – typischerweise Länder mit einem geringen Grad an wirtschaftlicher Freiheit – kann hingegen eine höhere Geburtenrate beobachtet werden. Das Bevölkerungswachstum wird deshalb durch marktwirtschaftliche Reformen und entsprechend wachsende Lebens­standards gestoppt, weshalb es nicht zu einem Kollaps der Versorgung mit Rohstoffen kommen dürfte.

Wohlstand und Marktwirtschaft führen zu Umweltschutz und schonendem Ressourcenverbrauch

Drittens bedeuten höhere Lebensstandards auch nicht, dass die Menschen mehr Ressourcen verbrauchen und damit die Umwelt vermehrt schädigen. Im Gegenteil: Nur wohlhabendere Gesellschaften können sich den Umweltschutz leisten. Dass die Öko-Bewegung ihre Wurzeln gerade im reichen Westen geschlagen hat, ist kein Zufall. Die Menschen werden dort mit den lebensnotwendigen Gütern versorgt, sodass sie sich überhaupt erst Umweltanliegen zuwenden können. Wohlhabende Gesellschaften in den westlich geprägten Industrieländern fordern mit ihrem ökobewussten Konsumverhalten sauberere Produktionsmethoden ein, leisten sich Autos mit Abgasfiltern, bleifreies Benzin, Klär- und Kehrrichtverbrennungsanlagen, die Aufforstung von Wäldern, den Schutz der Artenvielfalt, Bio-Produkte und Spenden an Umweltorganisationen sowie für den Tierschutz.

Die freie Marktwirtschaft ermöglicht es, immer mehr Bedürfnisse mit immer weniger Ressourcen zu befriedigen.

Die freie Marktwirtschaft ermöglicht es zudem, immer mehr Bedürfnisse mit immer weniger Ressourcen zu befriedigen. Man denke nur einmal daran, wie viele vorherige Alltagsgeräte allein das Smartphone obsolet gemacht hat: Klobige Radios, Wecker im Umfang eines ganzen Nachttisches, Telefonkabinen und der heimische Telefonapparat, separate GPS-Geräte, gedruckte Zeitungen, dicke Lexika und Telefonbücher, Fotoapparate und Videokameras, Taschenlampen und vieles weiteres. Diese teils materialintensiven Geräte und Produkte müssen heute nicht mehr oder nicht mehr im selben Umfang hergestellt werden, was natürliche Ressourcen schont.

Viertens wurden und werden die umwelt- und ressourcenschützenden Mechanismen der liberalen Marktwirtschaft vernachlässigt. Wenn sich die Güter in individuellem (statt in kollektivem) Eigentum befinden, tragen die Menschen den Dingen mehr Sorge, was, im Umkehrschluss, bereits Aristoteles im Zweiten Buch seiner „Politik“  (1261b) festgestellt hat: „Was der größten Zahl gemeinsam gehört, auf das wird die gerings­te Sorgfalt verwendet“. Der Ökonom Ronald Coase verwies auf die (Umwelt-)Probleme, die mit externen Effekten des wirtschaftlichen Handelns entstehen, wenn Eigentumsrechte nicht klar zugewiesen sind.

Die Umweltbilanz tendenziell marktwirtschaftlicher Länder verbessert sich laufend, während die wirtschaftlich unfreisten Länder beim Umweltschutz die hintersten Ränge belegen.

Der marktwirtschaftliche Preismechanismus schützt außerdem knapper werdende Ressourcen: Bei sinkendem Angebot steigen die Preise und machen dadurch den Verbrauch der entsprechenden Ressource weniger attraktiv. Gleichzeitig steigt der Anreiz einer Substitution des Rohstoffs im Produktionsprozess, weil steigende Produktionskosten die Profite gewinnorientierter Unternehmen schmälern. Dadurch werden knappe Rohstoffe vor einer ungesunden Übernutzung geschützt und die Natur geschont.

Die erstaunliche Umweltbilanz von Kapitalismus und Marktwirtschaft

Wenn man heute eine Zwischenbilanz zieht, stellt man fest, dass die Umweltverschmutzung in den letzten Jahrzehnten vor allem in den tendenziell kapitalistischen Ländern drastisch reduziert werden konnte. Die im Wettbewerb entstandenen technischen Innovationen ermöglichten es, die wirklich bedrohlichen Schadstoffe aus dem Produktionsprozess zu eliminieren. Die Schadstoffemissionen der sechs stärksten Luftverschmutzer konnten beispielsweise in den USA zwischen 1980 und 2019 drastisch reduziert werden: Schwebstaub um 63 Prozent, Stickoxid um 68 Prozent, Kohlenstoffmonoxid um 75 Prozent, Schwefeldioxid um 92 Prozent und Blei um 99 Prozent (United States Environmental Protection Agency, 2019. Air quality trends.). Reduziert worden ist auch die Anzahl Öllecks in den Ozeanen trotz einer wesentlich höheren Ölmenge, die transportiert wurde: In den 2010er-Jahren floss 95 Prozent weniger Öl in die Ozeane als noch in den 1970er-Jahren (International Tanker Owners Pollution Federation Limited, 2019). In den wohlhabenden Ländern wurde zudem das „Waldsterben“ gestoppt: 1990 bis 2015 sind die Wälder in Europa um 0,3 Prozent pro Jahr gewachsen (Forest Europe, 2015).

Die Umweltbilanz tendenziell marktwirtschaftlicher Länder verbessert sich laufend, während die wirtschaftlich unfreisten Länder beim Umweltschutz die hintersten Ränge belegen. Es scheint allerdings, dass diese Erkenntnisse bei vielen Klimademonstranten und in der Öko-Bewegung noch nicht angekommen sind. Unbeirrt fordert man dort paradoxerweise ein Überdenken desjenigen wirtschaftlichen Systems, das uns all diese Fortschritte beim Umweltschutz gebracht hat.

Wider alle Erkenntnisse wird behauptet, dass der Kapitalismus nur den Profit im Sinn habe und das System im Widerspruch zum Umweltschutz stehe. Doch diese These greift zu kurz. Der Kapitalismus ist per definitionem das Wirtschaftssystem, in welchem die elementaren Menschenrechte wie das Privateigentum, die Wahl- und die Vertragsfreiheit geschützt werden. Im Kern bedeutet dies, dass jeder Mensch seine eigenen Ziele festlegen und verfolgen darf – also Zweck an sich ist und nicht Mittel zum Zweck für jemand anderen.

Mehr Kapitalismus heißt mehr Selbstbestimmung für die Bürger und weniger Macht für die Politik. Es bedeutet, dass jeder, der etwas zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragen will, dies mit seinen Konsum- und Investitionsentscheidungen, seinem unternehmerischen Handeln sowie seinem sonstigen zivilgesellschaftlichen Engagement tun kann. Und es bedeutet, dass jeder, der das Eigentum seiner Mitbürger verschmutzt und verpestet, gegenüber diesen schadenersatzpflichtig wird. Weshalb diese „kapitalistischen“ Rahmenbedingungen also zu einem größeren Schaden an der Umwelt führen sollen, ist nicht ersichtlich.

Faktenblinde Forderungen nach Ökosozialismus und Klima-Weltregierung

Nichtsdestotrotz wird aus ideologischen Gründen faktenfrei behauptet, der Kapitalismus verschmutze die Umwelt, während der Öko-Sozialismus oder der Öko-Intervention­is­mus diese schützen würden. „Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!“ Diesen Ausspruch aus dem Roman 1984 von George Orwell kommt einem angesichts dieser unglaublichen Verdrehungen der Tatsachen unweigerlich in den Sinn. Es scheint, dass viele in der Öko-Bewegung einen solchen totalitären Staat, vor dem Orwell in seinem Roman eindringlich warnt, geradezu herbeisehnen.

Die Lösung wird in einer Art Klima-Weltregierung gesehen, die allen politischen Gebietskörperschaften einen einheitlichen Plan zur „Rettung des Planeten“ diktieren kann. Zentralismus, Dirigismus und Planwirtschaft sollen es also richten. Dass solche Experimente in der Realität noch nie funktioniert haben und diese immer die enorme Gefahr des Machtmissbrauchs, der Entmündigung und des Freiheitsabbaus in sich bergen, wird viel zu selten thematisiert.

Es gibt kaum jemanden, der öffentlich wahrnehmbar die etatistischen Forderungen der Umweltbewegung mit dem Hinweis zurückweist, dass ein Systemwechsel die prognostizierten Öko-Katastrophen überhaupt erst herbeiführen würde. Nicht, weil es solche Persönlichkeiten nicht gäbe, sondern weil alle, die sich gegen eine Abkehr von bewährten freiheitlichen Prinzipien und eine zusätzliche Machtballung beim Staat im Namen des Klimaschutzes aussprechen, durch gutorganisierte und forsch auftretende Minderheiten verunglimpft und medial geschmäht werden und letztlich aufgrund des öffentlichen Meinungsdrucks sogar um ihre berufliche Existenz fürchten müssen.

Moralisten und gefährliche Ideologen haben die wichtige Umwelt- und Klimadebatte gekapert.

Es werden nicht jene gefeiert, die immer grünere Technologien im marktwirtschaftlichen Wettbewerb entwickeln und damit den größten Beitrag zum Umweltschutz leisten. Es gibt keine Lobgesänge auf jene, die für die notwendigen institutionellen Rahmenbedingungen wie die wirtschaftliche Frei­heit und gesicherte Eigentumsrechte einstehen, die nachweislich zu einer Verbesserung der Umweltsituation beitragen. Es gibt auch keine Demonstrationen gegen eine interventionistische und öko-sozialistische Politik, die mit ihrem Staatsausbau, ihren Steuererhöhungen und ihren noch intensiveren Regulierungen längerfristig eine Verarmung der Gesellschaft und damit Umweltverschmutzungen im großen Stil herbeiführen. In anderen Worten: Moralisten und gefährliche Ideologen haben die wichtige Umwelt- und Klimadebatte gekapert.

Diese Moralisierung der öffentlichen Debatte schadet jedoch der Sache. Es ist daher höchste Zeit, die vergiftete öffentliche Auseinandersetzung zu entgiften, indem sie weniger hysterisch, emotional und ideologisch, sondern bewusst sachlich, vernunftbasiert und faktenorientiert geführt wird. Mit unserem neuen Buch mit dem Titel „Mutter Natur und Vater Staat: Freiheitliche Wege aus der Beziehungskrise“ versuchen wir, einen Beitrag dazu zu leisten.

 

Der vorliegende Beitrag ist die von ihren Verfassern leicht gekürzte Einführung zu dem Anfang November erschienenen Buch des Liberalen Instituts (Zürich):


Olivier Kessler und Claudia Wirz (Hrsg.)
Mutter Natur und Vater Staat: Freiheitliche Wege aus der Beziehungskrise

Dieses Buch belegt, dass ökologische Nachhaltigkeit ohne freie Märkte Wunschdenken bleibt – und zeigt erfolgsversprechende Rezepte für einen funktionierenden Umweltschutz.

Das Buch enthält Beiträge von Terry Anderson, Silvio Borner, Markus Brütsch, Alexander Fink, Carlos A. Gebauer, Olivier Kessler, Boris Kotchoubey, Fabian Kurz, Torsten Mann, Alexander Mengden, Johan Norberg, Michael von Prollius, Bernhard Ruetz, Henrique Schneider, Thilo Spahl und Claudia Wirz.

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