Endlich stabile, vollwertige Währungen! Argentiniens und Zimbabwes Wunschtraum

Zwei Experimente wollen den Traum stabiler, wertbeständiger Währungen erneut versuchen – das des neuen argentinischen Präsidenten Milei mit einer Dollarisierung der Währung, und Zimbabwe mit einer Golddeckung plus Dollarzirkulation. Solche Träume säumen allerdings auch den Weg sogenannter entwickelter Volkswirtschaften. Der Dollar hat seit der Freigabe der Wechselkurse im Jahre 1971 gegenüber dem Gold um 98,5% auf 1,5% an Wert eingebüßt, der Euro sank nur schon seit 1999 auf noch 10% seines ursprünglichen Goldwerts.

Argentiniens neuer Präsident will den US-Dollar allein als Zirkulationsmittel, Wertaufbewahrung und Maßstab gelten lassen. Das ist – wie in Zimbabwe – kein so revolutionäres Konzept, denn längst zirkuliert dort der Dollar in all diesen Funktionen. Revolutionär ist das Korsett, das beide Länder der Notenbank, den Budgetpolitikern, den Kreditnehmern und dem Außenhandel auferlegen müssen.

Nun versuchen Argentinien und Zimbabwe, es besser zu machen. Ihre alten Währungen zerrütteten sich auf nur noch Millionstel und Milliardstel. Zimbabwe hat am 8. April 2024 den neuen ZiG eingeführt (Zimbabwe in Gold). Die Notenbank hält als Deckung 180 Millionen in Gold im Keller, sowie 100 Millionen auswärtige Devisen. Gleichzeitig soll der US-Dollar als Behelfswährung im Lande zirkulieren, beide Währungen sind gesetzliches Zahlungsmittel. Die Inländerbanken müssen alle alten Zimbabwe-Gelder in ZiG wechseln, und Firmen müssen künftig die Hälfte der Steuern in ZiG zahlen.

Das ist schon ein Fortschritt gegenüber dem alten System, als die Regierung Gebühren in US-Dollar verlangte, was die eigene Währung völlig diskreditierte. Wenn der Staat seine eigene Währung verstößt, ist der Nullpunkt erreicht. Das stellte schon Kaiser Maximinus Thrax im alten Rom fest, als er derart inflationäres, billiges Geld prägen ließ, dass er selbst nur mehr Realwerte (Edelmetalle, Ernten) an Zahlung nahm – drei Monate später war er nicht mehr am Leben – er wurde erstochen (238 n.Chr.).

Schwierige Dollarisierung mit engem, aber produktivem Korsett

Argentiniens neuer Präsident will den US-Dollar allein als Zirkulationsmittel, Wertaufbewahrung und Maßstab gelten lassen. Es scheint im Moment keine Pläne für eine neue, eigene Währung Argentiniens zu geben. Das ist – wie in Zimbabwe – kein so revolutionäres Konzept, denn längst zirkuliert dort der Dollar in allen diesen Funktionen richtigen Geldes. Revolutionär hingegen ist das Korsett, das beide Länder der Notenbank, den Budgetpolitikern, den Kreditnehmern und dem Außenhandel auferlegen müssen, damit es klappt. Denn wie kommen diese Länder an Gold und an Dollars, an die Basis ihrer Geldwirtschaft? Denn wenn diese stabil werden soll, dürfen keine Kreditpyramiden, Defizitbeigen und Berge von Staatsschulden errichtet werden. Beide Länder brauchen mittel- und langfristig einen gleichgewichtigen Außenhandel, eher sogar Exportüberschüsse. So verdient man sich die Dollars, das Gold. Ein kurzfristiger Behelf sind großmütige Kredite des Auslandes in Dollar und Gold an die Notenbanken, an die beiden Staaten oder auch an Private im Lande. Argentinien bekam soeben ein paar Dutzend Milliarden Dollar vom Weltwährungsfonds dafür. Doch sobald die Zinsen darauf anlaufen, geht es zurück auf Feld eins: diese müssen mit Leistungen, Exporten verdient werden.

Damit dies aber funktioniert, dürfen die Politiker keine länger dauernden Staatsdefizite veranstalten, schon gar keine Schulden eingehen. Die Privaten im Lande, also Banken, Firmen, bekommen nur so viele Kredite, wie die Notenbank dem Banksystem zugesteht, ohne selbst immer neues, ungedecktes Geld zu drucken. Das ist dann wirklich ein strenges Korsett, allerdings ein produktives.

Wertschöpfung durch reale Leistung, nicht durch aufgeblasene Kredite

Alle Akteure im Lande werden zur realen Leistung angehalten – auch für Lohnforderungen oder Sozialpolitik mit Umverteilungen müssen die Firmengewinne und der Staatshaushalt reichen. Produktiv aber wirkt eine solche, ausgenüchterte Volkswirtschaft wie es der Ökonom Jean-Baptiste Say vor 200 Jahren skizzierte – Werte entstehen durch Leistungen, durch das Angebot, und nicht durch aufgeblasene Kredite.

Insofern entsagen diese zwei Länder dem vulgär gewordenen Keynesianismus, wonach alles mit Krediten, Defizit-Ausgaben angestoßen werden solle. Wie wir im ganzen Westen sehen, folgt dabei die völlige Überschuldung der Konsumenten, der Staaten, der Firmen und des Buchgeld-schöpfenden Banksystems auf dem Fuße, die Instabilität auch, die Inflation schließlich ebenso.

Die zwei Länder, Zimbabwe und Argentinien beginnen eigentlich mit dem allerschwersten Teil der Reformen – mit Nüchternheit, Gleichgewichten im Staat, im Außenhandel, mit frugalen Produzenten und Banken.

Gescheiterte Dollarisierung und fatale Vertrauensbrüche

Argentinien hat leider ein Beispiel des Scheiterns solcher Mühen hinter sich – unter dem Präsidenten Carlos Menem wurde die Volkswirtschaft vor etwa 30 Jahren ebenfalls auf US-Dollars umgestellt, indem jeder Peso von der Notenbank mit einem Dollar in ihren Reserven gedeckt wurde, nicht weniger. Zusammen mit liberalen Reformen der Gütermärkte, der vorher unproduktiven öffentlichen Unternehmen schien das Gelingen nahe.

Doch unter der Hand verschuldeten sich die Regionalregierungen massiv im Ausland, der Staat ebenfalls, so dass sich das Misstrauen gegen Zahlungsfähigkeit Argentiniens vergrößerte, Kapitalflucht setzte ein, das zirkulierende Geld wurde knapp. In der Not setzte die Druckerpresse wieder ein und trat die nächste Hyperinflation los. Ein besonders harter Schlag traf die ganze Bevölkerung dazu – sie hatte Dollars auf den Bankkonten angelegt, und diese mussten zwangsweise in den sich entwertenden Peso gewechselt werden, der Staat nahm sich die Dollars – eine Enteignung der besonderen Art.

Zimbabwe seinerseits hat mehrere Erfahrungen mit einer neuen, hoch und heilig als restriktiv versprochenen Währung hinter sich, und nach dem jeweiligen Vertrauensbruch die Milliarden-Inflationen ebenfalls.

Die Versuchungen der Politik und der Geldpresse

Wenn in Demokratien die Politiker und ihre Parteien im Wettbewerb um Macht und Mittel stehen, suchen sie nur zu oft, solche Versprechen zu brechen. Oder man hat politisch motivierten Pfusch gebaut, wie die Euro-Währungsunion 1999, und schon 2005 brachen Deutschland und Frankreich die Defizit-Grenze, dann alle andern auch, und seither wird mit Tausendmilliarden-Schüben der Zerfall aufgehalten (Target-Salden, Next-Generation-Fonds, 7000 Milliarden Staatsschulden durch EZB aufgekauft). Dann trat eine Inflation von fast 10% auf, und die Webseite der EZB schummelt heute noch: «Wir sorgen für stabile Preise und sicheres Geld».

Autoritäre Regimes unterliegen ebenfalls der Versuchung der Geldpresse (NS-Regime, Putin, Erdogan). Eine Ausnahme war der Diktator Portugals, Salazar (1933-1968), der knappes Geld und einen Goldschatz hinterließ, aber allgemein alles Leben, auch die Volkswirtschaft, lähmte.

Dem Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht gelang 1923 die Währungsreform nach der Hyperinflation, indem er die neue Währung Rentenmark scheinbar mit einem Pfand des reichsweiten Grund und Bodens absicherte. Vor allem aber gelang es, die Reichsfinanzen von der Geldpresse zu lösen (vorher, 1923, bezahlte die Notenbank 99,5% der Ausgaben), alles durch den Druck der Siegermächte erzwungen (keine Abwertung erlaubt, keine Staatsfinanzierung, Überschuss der Exporte zur Bezahlung der Reparationen).

Es war auch keine freie Reform, und die jahrelange Austerität Brünings schadete dem Ansehen der Regierung und der Republik. Tragischerweise hatte er zwar die Reparationen wegbedingen können (Hoover-Moratorium 1931) und erste Anzeichen eines Aufschwungs erreicht, aber die nationalistischen Politiker und Präsident Hindenburg verloren die Nerven und beauftragten Hitler.

Heilmittel Selbstdisziplin – auch für den Dollar?

So bleibt eine stabile Währung institutionell immer gefährdet, außer die demokratischen Kräfte zeigen Selbstdisziplin und binden sich selbst an die Einnahmen. Eine heilsame Korrektur bildet auch die Volksabstimmung für die Schuldenbremse und für in der Verfassung verankerte Steuersätze. In der Schweiz gönnte sich das Volk soeben eine 13. Altersrente, muss aber jetzt höhere Sätze der Mehrwertsteuer oder der Lohnabgaben zur Rente beschließen: eine konsequente Selbstbindung unter der Fuchtel der von ebendiesem Stimmvolk sich auferlegten Schuldenbremse.

In Deutschland steht die Schuldenbremse auch in der Verfassung – und das Verfassungsgericht hat schon begonnen, den Zeigefinger zu erheben. Dagegen haben die US-Politiker die nur gesetzlich geregelte Schuldenbremse schon 80 mal angehoben, ohne jede Konsequenz, und damit laufen die unerhörten Steuersenkungen Trumps und sowohl Trumps wie auch Bidens Tausendmilliarden-Pakete ungebremst zur größten je dagewesenen Staatsschuld auf. Indirekt hängen damit Argentiniens und Zimbabwes neue Währungsordnungen auch daran. Es werden Experimente am Leben Hunderter von Millionen Bürgern, in den USA, in der restlichen Welt.

 

PS vom 5. Mai 2024

Leider zeigen sich beim neuen ZIG schon die alten, gar nicht mit der Währung verbundenen Hürden, wie fast überall in Afrika: die neuen Banknoten sind nicht verfügbar, sondern meist nur digital transferierbar über das Mobiltelefon. Aber die kleinen Händler, Gewerbetreibenden handeln, sparen in Bargeld – oder aber weiterhin in US-Dollars. Die Hürde: diese Regierungen haben keine „Kapillarität im Terrain“ – die Ministerverfügungen reichen nicht über die Vorzimmer und Clubs der Ministerien hinaus. Niemand scheint sich um die Logistik der lokalen Notenverteilung gekümmert zu haben. Zimbabwe ist fast so ausgedehnt wie Frankreich. Der Zentralbankchef redete sich mit dem fadenscheinigen Argument heraus, er habe bei der überstürzten Einführung die Weisungen der Weltbank befolgt. Doch weder die Weltbank noch der Zentralbankchef noch die Ministerien sind lokal greifbar. (vgl. BBC-online, 5. Mai 2024).

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