Ob günstiges Wohnen, die Überwindung von Armut in Afrika, ein schonender Umgang mit der Umwelt, die Bewahrung des Wohlstands für die kommende Generation oder die Entfaltung des kreativen Potenzials des Menschen: in all diesen Fragen hält das AUSTRIAN INSTITUTE Marktwirtschaft und Unternehmertum für die beste Antwort, und zwar in ökonomischer wie ethischer Hinsicht. Das wurde auch bei der erstmals stattfindenden AUSTRIAN ACADEMY (19. bis 22. September 2019) im Seminarhotel am Friedrichshof (Burgenland) deutlich.
Zwölf Referenten – Hochschulprofessoren, Unternehmer, Politiker und andere Experten – aus Deutschland, Österreich, Großbritannien und den USA beleuchteten in ihren Vorträgen aus theoretischem wie praktischem Blickwinkel, weshalb Unternehmertum und Kapitalismus den Wohlstand fördern, gerade auch im Hinblick auf die weniger vermögenden Bevölkerungsschichten. „Die Reichen brauchen den Kapitalismus nicht“, bemerkte der Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe von der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Woran entscheidet sich die Frage nach einer gerechten Gesellschaft?
Die ethischen Argumente für den freien Markt haben einige Teilnehmer überrascht. „Ich habe den Kapitalismus noch nie so gesehen. Vor allem die zentrale Bedeutung der Gerechtigkeit hat mich verblüfft“, meinte ein 21-jähriger Teilnehmer. Insgesamt waren 27 jungen Menschen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angereist. Die meisten waren Studierende, einzelne standen bereits im Berufsleben. Manche betätigen sich schon während ihres Studiums als Start-Up-Unternehmer.
„Die Frage der Gerechtigkeit entscheidet sich daran, welcher Raum für Freiheit und Selbstverantwortung dem Einzelnen gegeben ist und welche Möglichkeiten vorhanden sind, sich durch eigene Arbeit den für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben genügenden Anteil selbst zu erwirtschaften“, unterstrich der Philosoph Martin Rhonheimer, Präsident des Austrian Institute, in seinem Vortrag zum Thema „Kapitalistische Marktwirtschaft, soziale Ungleichheit und Gerechtigkeit“. Deshalb werde eine ökonomisch nicht aufgeklärte Ethik „zum naiven Moralismus“, und der sei schädlich. „Oft wird von Ethikern, aber auch von Intellektuellen generell und von Kirchenleuten beklagt, die Ökonomie leide an einem ethischen Defizit. Mir scheint gerade das Umgekehrte das Problem zu sein: dass die Ethik an einem Ökonomie-Defizit, einem Mangel an wirtschaftstheoretischer Aufgeklärtheit leidet und dass entsprechend Gerechtigkeitsdiskurse und Ideen einer sozial gerechten Gesellschaft oft an den ökonomischen Realitäten vorbeizielen.“
Unternehmerische Kreativität, Wettbewerb als Entdeckungsverfahren und die Schaffung von Wohlstand
Einen Einblick in fundamentale Zusammenhänge der Volkswirtschaft, etwa in Hinblick auf Preisbildung, Arbeitsteilung, Marktsignalen und Nachfrage, lieferte der zündende Vortrag von Stefan Kooths, der das Prognosezentrum im Institut für Weltwirtschaft (Kiel) leitet und an der University of Applied Sciences Europe in Berlin lehrt sowie im letzten Juni zum Vorsitzenden Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft gewählt wurde. Kooths sprach über „Marktwirtschaft Kapitalismus, Unternehmertum: Woher kommt eigentlich unser Wohlstand?“ Dabei explizierte er prägnant Grundgedanken der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und zeigte mit analytischer Präzision, wie durch Kapitalismus, Marktwirtschaft und unternehmerisches Tun Wohlstand geschaffen wird. Karl Farmer von der Karl-Franzens-Universität Graz vertiefte sich – diesen Ansatz ergänzend – unter dem Titel „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren: Marktwirtschaft, unternehmerische Kreativität und Innovation“ in die zentrale Idee F. A. Hayeks, dass der Wettbewerb ein Entdeckungsverfahren ist, also vor allem immer wieder neue Information schafft, die deshalb nur im Markt und dezentral vorhanden ist. Dabei spielt die unternehmerische Kreativität die entscheidende Rolle.
Über „Marktwirtschaft, ihre Funktionsweise und Ihre Vorzüge gegenüber anderen Wirtschaftsformen“ sprach der Ökonom, frühere NZZ-Journalist und heutige stellvertretende Direktor der Denkfabrik „Agenda Austria“ (Wien), Lukas Sustala. Das exemplifizierte er am Beispiel des Wohnungsmarktes und zeigte dabei, wie wenig Markt es hier eigentlich gibt. Insbesondere das Beispiel Wien zeige, dass die bekannten Probleme der Überteuerung und des Wohnungsmangels keineswegs dem freien Markt angelastet werden können, weil ein solcher fast nicht existiere, sondern durch die Übermacht des sozialen Wohnungsbaus und die Durchregulierung fast aller anderen Sektoren des Wohnungsmarktes stark verzerrt sei. So könne das Angebot nicht flexibel und schnell genug auf die sich verändernde Nachfrage reagieren. Genau diese Anpassungsleistung ist aber die eigentliche Funktion und der Vorzug des Marktes.
Wie sehr unser Wohlstand durch verfehlte letztlich politisch motivierte Interventionen des Staates gefährdet ist, wurde in dem Vortrag von Gunther Schnabl (Universität Leipzig) über die „Geld und inflationäre Geldpolitik“ deutlich. Da die Europäische Zentralbank (EZB) aus der lockeren Geldpolitik nicht mehr hinauszufinden scheint, droht Schnabl zufolge ein anhaltendes Siechtum in den kommenden Jahrzehnten mit schrittweisem Wohlstandsverlust. Der geldpolitische Unterbau des Marktes sei mittlerweile stark planwirtschaftlich ausgerichtet. Das zeigte Schnabl, einer in den Medien meistzitierten deutschen Ökonomen, anhand von Daten und aufgrund einer für alle verständlichen Einführung in die Grundlagen der Zins- und Konjunkturtheorie. Die zum Teil dramatischen Folgen der gegenwärtigen Geldpolitik für die Gesellschaft wurden im Einzelnen deutlich.
Warum Sozialismus und Planwirtschaft nicht funktionieren können
Unter dem Titel „Fatale Illusionen: Das Scheitern des realen Sozialismus als ökonomisches Problem“ sprach der bereits erwähnte Frankfurter Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe über die Verführungskraft des Sozialismus. Diese kennt er nur zu gut, war er doch selbst Sozialist und bis 1989 Mitglied der DKP gewesen. Heute ortet er eine paradoxe Situation: „Der reale Sozialismus ist in den 1980er Jahren mit Pauken und Trompeten zusammengebrochen; gleichwohl gibt es derzeit eine bizarre Popularität ’sozialistischer Vorstellungen‘.“ Es mangle vor allem an „kühlen Analysen der wirtschaftlichen Mechanismen des Sozialismus“. Beim Scheitern des kommunistischen Experiments spielten zwar fraglos auch historischen Umstände wie stets eine Rolle. Doch „die strukturellen Barrieren einer eigentums- und marktlosen Ökonomie sind bis heute zwingend gegeben.“
Werner Plumpe, Autor des 2019 erschienenen Buches „Das kalte Herz. Kapitalismus: Die Geschichte einer andauernden Revolution“ machte damit klar, dass im Grunde Ludwig von Mises mit seiner Behauptung aus den 1920er Jahren Recht hatte, dass, wie Plumpe formulierte, „ohne preisbildende Märkte eine rationale Entscheidung über die (alternative) Nutzung von Kapitalgütern unmöglich sei“. Der Sozialismus jeder Form muss deshalb notwendigerweise, scheitern, er tut dies nicht nur aufgrund ungünstiger historischer Umstände.
Märkte fallen nicht vom Himmel und Unternehmer sind nicht unbedingt Freunde des Wettbewerbs
Zum Thema „Herausforderung globale Armutsbekämpfung: Unternehmen als Motor für Entwicklung“ sprach der promovierte Betriebswirt Bernhard Weber, Mitgründer und Geschäftsführer der Wiener Entwicklungszusammenarbeitsorganisation ICEP. Anhand konkreter Beispiele zeigte Weber, wie unternehmerische Tätigkeiten in Afrika Wertschöpfung und damit Entwicklung generieren, warum und wie Unternehmen oft aber auch der Hilfe bedürfen, um diese Funktion auszuüben: Märkte fallen nicht vom Himmel, sondern müssen so organisiert werden, dass die richtigen Anreizstrukturen bestehen. Weber zeigte das an verschiedenen Beispielen, wie etwa der Hilfe für systemischen Wandel in der Berufsbildung in Lateinamerika.
Dass auch die Wahrung der Schöpfung in jenen Ländern weit besser gewährleistet ist, deren Staaten das Privateigentum schützen statt die Produktionsgüter zu vergesellschaften, zeigte der Ökonom Philip Booth, langjähriger Forschungsdirektor, jetzt Senior Fellow des Londoner Institute of Economic Affairs (IEA) und Professor an der St. Mary’s University in Twickenham/London. Unter dem Titel „The environment, Catholic social teaching, free markets and Laudato si´“ wies er darauf hin, wie gerade Eigentumsrechte und Marktmechanismen für eine ökologisch nachhaltige Wirtschaft entscheidend sind. Dort, wo keine Märkte möglich sind, können Selbstverwaltungsstrukturen wie sie Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom angeregt hat, die Lösung sein. Booth bedauerte dabei das Unverständnis von kirchlicher Seite gegenüber der positiven Funktion von Märkten und Eigentumsrechten, um ein ökologisch nachhaltiges Wirtschaften zu ermöglichen.
Der US-Amerikaner Kishore Jayabalan Direktor des „Istituto Acton“, Rom, italienische „Filiale“ des bekannten amerikanischen „Acton Institute“ (Grand Rapids/USA), sprach über „Crony Capitalism: Feature or Bug?”: Der real existierende Kapitalismus kann durch die Kollusion von Big Business und Big Government zu einer Art Vetternwirtschaft werden (engl: „Crony Capitalism“). Die Frage: Ist das eine Charakteristik („feature“) oder eine Verzerrung („bug“) des Kapitalismus? „Cronyism“ ist ein aktuelles Problem nicht nur in den USA. Tatsächlich ist der freie Markt und damit der Wohlstand künftiger Generationen auch in Europa durch die zunehmende Regulierungsdichte gefährdet, die dazu führt, dass große Unternehmen sich mit politischen Entscheidungsträgern zusammentun und den Regulierungs- und Gesetzgebungsprozess zu ihrem Vorteil beeinflussen. Unternehmen, vor allem große, lieben den Wettbewerb nicht und versuchen, sobald sie es können, ihn zu ihren Gunsten zu verhindern. Jayabalan zeigte, dass der Grund für diese Entwicklung die starke politische Interventionsdichte des Staats ist, die diese Art von Rent-Seeking für Unternehmen attraktiv macht.
Die Hindernisse auf die Politiker, die sich für eine freie Gesellschaft einsetzen, stoßen, kennt Frank Schäffler, Mitglied des Deutschen Bundestages (FDP) und Gründer und Geschäftsführer der Berliner Denkfabrik „Prometheus“, aus eigener Erfahrung. Schäffler verwies in seinem Vortrag „Staat, Politik und Demokratie: Öffentliche Entscheidungen und Staatversagen“ auf den französischen Ökonomen Frédéric Bastiat. Dieser habe bereits vor mehr als 150 Jahren ein bis heute zentrales Problem der Politik richtig erkannt: Oft würden nur die unmittelbar sichtbaren Folgen eines politischen Eingriffs gesehen, nicht aber die „unsichtbaren“ weiterreichenden Wirkungen, die die Volkswirtschaft im Ganzen betreffen. Schäffler illustrierte dieses Prinzip mit vielen Einzelbeispielen aus der politischen Praxis und zeigte, wie oft kleine, aber schlagkräftige Interessengruppen zum Schaden der Gesamtheit die Gesetzgebung beeinflussen.
Unternehmerische Praxis aus der Sicht junger Unternehmer
Zwei weitere Vorträge gewährten schließlich auch Einblicke in die unternehmerische Praxis: Die junge Unternehmerin und Unternehmensberaterin Agostina Lorenzini, Gründerin und CEO von EXIRE (Wien), sprach über „Jungunternehmer und ihre Probleme in der Praxis“. Die studierte Ökonomin mit zwei Masterabschlüssen erläuterte, wie wichtig es sei, einen gut durchdachten Businessplan zu haben und von der Konkurrenz zu lernen. Auch auf die zahlreichen unnötigen bürokratischen Schikanen, mit denen sich vor allem Jungunternehmer herumschlagen müssen, ging sie ein. Das Beste, was der Staat tun könne, sei, die Unternehmer in Ruhe zu lassen, meinte sie.
Dejan Jovicevic, der dynamische und sympathische Mitgründer und CEO der Startup- und Innovationsplattform „Der Brutkasten“, studierter Wirtschaftsjurist (M.A., Universität Wien), sprach unter dem Titel „Unternehmer sein – was heißt das? Erfahrungen aus der Praxis eines erfolgreichen Unternehmers“ mit viel Charisma über die Härten, Herausforderungen, aber auch die attraktiven und begeisternden Seiten des Unternehmertums. Täglich mit den Problemen innovativer Start-Up-Unternehmer konfrontiert, legte der aus Slowenien stammende Jovicevic anschaulich die dabei auftretenden Chancen und Schwierigkeiten dar. Wichtig sei aber auch, die unternehmerische Tätigkeit mit anderen Verpflichtungen, besonders gegenüber der eigenen Familie, vereinbaren und abschalten zu können. Ein faszinierender Einblick in den Werdegang und das Denken einer neuen Generation von Unternehmern!
Danksagung und Ausblick auf die nächste Austrian Academy
Alle Vorträge führten zu weiteren Fragen und Diskussionen mit den Referenten und zwischen den Teilnehmern. Dazu gab es nach jedem einzelnen Referat Gelegenheit, aber auch in den Kaffeepausen, während der Mahlzeiten und beim abendlichen Get-Together bei einem Glas Wein oder einem Bier. Viele der Referenten blieben auch zu anderen Vorträgen, spontan wurde auch ein zusätzliches abendliches Panel organisiert, obwohl das Programm intensiv und dicht war. Die Teilnehmer schienen unersättlich zu sein. „Am meisten gefallen hat mir, dass Menschen mit gleichen Vorstellungen und Top-Referenten zusammengekommen sind, und dass man sich austauschen konnte“, unterstrich ein teilnehmender Student. Ähnliche Feedbacks konnte man von vielen Teilnehmern hören, sie motivieren zu weiterer Arbeit.
Tagungsleitung, Einführungen und Moderation lagen in den erfahrenen Händen von Gerold Rauscher, Vizepräsident des AUSTRIAN INSTITUTE. Die Videoaufnahmen machte Stefan Beig, die Fotos Paulina Paulova. Das Seminarhotel am Friedrichshof mitten im Grünen war ein idealer Rahmen für unsere Veranstaltung, das Team des Hotels war kompetent und freundlich, der Service einwandfrei. Ein besonderer Dank geht an die Referenten, die uns Ihre Zeit und Ihr Wissen zur Verfügung gestellt haben und teilweise von weit her angereist sind. Zu Dank verpflichtet sind wir ganz besonders gegenüber den verschiedenen Sponsoren der Austrian Academy 2019, darunter die Österreichische Industriellenvereinigung und die Stiftung Fidinam. Die Austrian Academy soll keine Eintagsfliege bleiben, sondern zu einer festen Institution werden. Die Austrian Academy 2020 ist deshalb bereits in Planung.
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