Buchneuheit: Samuel Gregg, Für Gott und den Profit. Eine Ethik des Finanzwesens

Am 15. September 2017 ist unter dem Titel Für Gott und den Profit. Eine Ethik des Finanzwesens. Christlich – marktliberal die deutsche Übersetzung eines neuen Buches von Samuel Gregg, dem Forschungsdirektor des Acton Institute in Grand Rapids (USA) erschienen. Es wurde 2016 in englischer Sprache unter dem Titel For God and Profit publiziert. Herausgegeben wird die deutsche Ausgabe vom Austrian Institute, in Kooperation mit dem Herder Verlag Freiburg i. Br. Samuel Gregg erzählt die faszinierende Geschichte eines allmählich sich entwickelnden Verständnisses der produktiven und wohlstandschaffenden Funktion des Geldes – der Einsicht also, wie Geld zu Kapital wird. Sie ist auch die Geschichte der allmählichen Überwindung des ursprünglich vorchristlich-antiken Misstrauens gegenüber Geldverleih, Spekulation und Handel und deren Versöhnung mit der Aufgabe des Schutzes und der Fürsorge für die Ärmsten und Schwächsten. Der Autor hebt einen Schatz, der für eine Ethik des Finanzwesens aus christlicher Sicht neue und überraschende Perspektiven eröffnet sowie manche kritische Anfragen an heutige Praktiken der Finanzwirtschaft in einem neuen Licht erscheinen lässt – insbesondere auch die oft problematische Rolle des Staates und gesetzlicher Regulierungen. Sein packend geschriebenes Buch zwingt dazu, manches Vorurteil zu revidieren und neu darüber nachzudenken, was im konkreten Fall richtig und falsch, gut und böse ist.

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Vorwort des Präsidenten des Austrian Institute zu Samuel Greggs „Für Gott und den Profit“

 

Samuel Gregg, der Autor von „Für Gott und den Profit“, ist M.A. in politischer Philosophie (Universität Melbourne), Dr. phil. im Bereich Moralphilosophie und Politische Ökonomie (Universität Oxford) sowie Forschungsdirektor am Acton Institute, Grand Rapids MI (USA). Er ist Autor mehrer Bücher und zahlreicher Artikel in Fachzeitschriften. Bild: privat

Dieses Buch schließt in mehrfacher Hinsicht eine Lücke. Es bietet nicht nur eine Ethik des Finanzwesens, sondern versucht dies aus betont christlicher Sicht zu tun. Dabei verfällt der Autor nicht in den häufigen Fehler, Beurteilungsmaßstäbe in unzulässig vereinfachender Weise direkt aus der Bibel oder aus Glaubenssätzen abzuleiten. Im Gegenteil: Der Autor folgt den Einsichten des II. Vatikanischen Konzils und ist überzeugt, dass nur ein sachgerechtes, historisch aufgeklärtes und ökonomisch sowie finanztheoretisch informiertes Reden über diesen Gegenstand hilfreich ist, um begründete und aus christlicher Sicht verantwortbare Beurteilungsmaßstäbe zum Thema Geld und Finanzwesen zu gewinnen.

Wichtig ist dies nicht nur für Bischöfe, Priester, Pastoren usw., die von Amts wegen den christlichen Glauben zu verkündigen haben und oft aufgefordert sind, über Fragen des Finanzwesens zu urteilen oder anderen Orientierung zu geben. Als Bürger eines demokratischen Staates, in dem gewählt und abgestimmt wird, ist hier jeder Christ gefordert. Die oft dezidierte, ja emotionale Heftigkeit, mit der viele Menschen heutige finanzwirtschaftliche Strukturen, Abläufe und Praktiken kritisieren und gleichzeitig in den Chor derer einstimmen, die nach ihrer vermehrten staatlichen Regulierung rufen, beruht nicht selten auf Unkenntnis der Funktionsweise des Finanzsektors und der wohlstandsschaffenden Aufgabe, die er in unserer modernen Welt wahrnimmt. Das Wohl und Wehe der Bürger entwickelter Industrienationen ist mit der Finanzwirtschaft und dem Geldsystem in so hohem Maße verwoben, dass schon dies allein genügender Anreiz sein sollte, sich über deren Funktionsweise ein genaueres Bild zu machen und damit auch die wahren Ursachen von menschlichem Fehlverhalten in dieser Branche und von größeren Finanzkrisen in den Blick zu bekommen. Christen sollten im Kultursachbereich Geld und Finanzwesen – wie vom II. Vatikanischen Konzils für alle Sachbereiche der Gesellschaft gefordert – sachgerecht urteilen.

Die christliche Verkündigung und die christliche Sozialethik standen seit der Industriellen Revolution und dem Aufkommen der sogenannten sozialen Frage im 19. Jahrhundert vor dem Dilemma, ihre besondere Sorge für die Ärmsten und die Verhinderung ihrer Ausbeutung und Ausgrenzung mit der wachsenden Erkenntnis in Einklang zu bringen, dass der oft als unmenschlich kritisierte Kapitalismus, die Marktwirtschaft und die damit einhergehende Finanzwirtschaft eine für sozialen Fortschritt und allgemeinen Wohlstand entscheidende und unverzichtbare Rolle gespielt haben und weiter spielen. Dabei ist den wenigsten bewusst, dass gerade das kapitalistische Finanzwesen eine Schöpfung des christlichen Mittelalters ist. Aus jener Zeit stammt auch der Wahlspruch, der den Titel dieses Buches bildet: „Für Gott und den Profit“. Wie man aus diesem Buch lernen kann, findet er sich schon im 13. und 14. Jahrhundert auf Kontobüchern florentinischer Bankiers oder als Leitspruch am Beginn von Gesellschaftsverträgen flandrischer Kaufleute.

Der Autor erzählt in diesem Buch die faszinierende Geschichte eines allmählich sich entwickelnden Verständnisses der produktiven und wohlstandsschaffenden Funktion des Geldes – der Einsicht also, wie Geld zu Kapital wird. Sie ist auch die Geschichte der allmählichen Überwindung des ursprünglich vorchristlich-antiken Misstrauens gegenüber Geldverleih, Spekulation und Handel – der römische Gott Hermes war ja zugleich der Gott der Diebe und der Kaufleute – und deren Versöhnung mit der Aufgabe des Schutzes und der Fürsorge für die Ärmsten und Schwächsten. Sie ist damit auch die Geschichte der Bewusstwerdung des Unterschiedes zwischen ausbeuterischem Wucher und der Funktion des Zinses im Rahmen produktiver, kapitalistischer Geschäfts- und Handelstätigkeit.

Diesen Unterschied herauszuarbeiten und damit die Welt zu verändern, war eine Leistung christlicher Theologen, Philosophen und Kirchenrechtler; an vorderster Front standen hier im Hoch- und Spätmittelalter vor allem Franziskaner – ihr Gründer, der hl. Franz von Assisi, gilt als Patron der Kaufleute – sowie Dominikaner, seit dem 16. Jahrhundert dann auch Jesuiten. Ihre Erkenntnisse wurden im Wesentlichen von den Reformatoren übernommen und im nachreformatorischen Christentum weiterverwertet. Wie Samuel Greggs Buch zeigt, bilden, trotz klarer katholischer Dominanz, die Geschichte der Entwicklung des Verständnisses des kapitalistischen Finanzwesens und die aus ihre entspringenden ethischen Grundaussagen das gemeinsame Patrimonium von Christen aller Konfessionen.

Damit hebt Samuel Gregg einen Schatz, der schließlich für eine Ethik des Finanzwesens aus christlicher Sicht neue und überraschende, nicht zuletzt auch ökumenische Perspektiven eröffnet sowie manche kritische Anfragen an heutige Praktiken der Finanzwirtschaft in einem neuen Licht erscheinen lässt – insbesondere auch die oft problematische Rolle des Staates und gesetzlicher Regulierungen. Auch hier kann sich der Autor, vor allem was das staatliche Geldmonopol betrifft, auf eine lange christliche Tradition der Denunziation von Machtmissbrauch durch Irrwege der staatlichen Geldpolitik berufen. Auch wenn Gregg, was das heutige Geldmonopol des Staates betrifft, nicht die Systemfrage stellt, bietet er dafür grundlegende ethische Ansätze sowie Hinweise darauf, wie verheerend gerade in diesem Bereich systemisch verursachte Fehlanreize sich auswirken können. Damit wird nicht nur das Verhalten von Bankern und anderen Akteuren der Finanzwirtschaft, sondern auch das der Staaten und der Politik einer ethischen Beurteilung zugänglich, aber auch gutgemeinte, oft jedoch nicht sachdienliche Regulierungseuphorie kritisch hinterfragbar. Gerade in Europa, wo vielerorts immer noch Staatsgläubigkeit und Obrigkeitsdenken vorherrschen, öffnet sich hier für die christliche Sozialethik ein wichtiges Feld.

Ein besonderes Anliegen des Buches ist es auch, die aktuelle Relevanz zentraler Prinzipien der christlichen Soziallehre wie des Gemeinwohlprinzips und des Prinzips der allgemeinen Bestimmung der Güter mit dem ebenso von der christlichen Tradition hochgehaltenen Prinzip des Privateigentums als Grundlage einer humanen Gesellschaft und einer funktionierenden, für alle Wohlstand schaffenden Ökonomie herauszuarbeiten. Auch hier gelangt Samuel Gregg zu Aussagen, die manchen vielleicht überraschen werden. Er zeigt, weshalb gerade heutige Geld- und Kapitalmärkte, trotz Missbräuchen und menschlichen Fehlverhaltens, das effizienteste Instrument sind, um die Güter dieser Erde für alle Menschen nutzbar zu machen – insbesondere und gerade für die Ärmsten dieser Welt –, und dass genau darin für Christen, die in der Finanzwirtschaft tätig sind, auch die eigentliche und positive Herausforderung liegt.

Dieses Potential des modernen Finanzwesens, meint Samuel Gregg, sollte von Christen, die in der Finanzbranche tätig sind, als eigentliche Berufung verstanden werden, dem Gemeinwohl zu dienen. Damit wird eine oft rückwärtsgewandte, oberflächliche und ökonomisch unbedarfte christliche Almosenmentalität überwunden, die Ökonomie als Nullsummenspiel versteht und deshalb implizit annimmt, Schuld an der Armut der Armen sei der Reichtum der Reichen weshalb die soziale Gerechtigkeit verlange, dass der Staat die Reichen durch höhere Besteuerung vermehrt in die Pflicht nehme. Gregg zeigt uns hingegen, wie gerade durch die modernen Kapitalmärkte und das gesamte Finanzwesen privater Reichtum, sofern man nicht ängstlich an ihm hängt, ihn vielmehr – ohne Risiken zu scheuen – gewinnbringend einsetzt, zum Motor für das Schaffen von Wohlstand der Vielen und für die Überwindung von Massenarmut werden kann.

Dabei ist immer der einzelne Mensch als freies und sittliches Subjekt gefordert. Menschen sind nie einfach nur seelenlose Teile eines Systems, sondern immer auch freie und selbstverantwortliche Wesen. Deshalb können auch die besten Institutionen durch menschliches Fehlverhalten an ihrer optimalen Funktionsweise gehindert werden. Fehlanreize zu unverantwortlichem Handeln – moral hazard – vermögen einzelne Individuen nicht zu entschuldigen, unmoralisch gehandelt zu haben. Die Verantwortung ist immer die des Einzelnen. Gute Institutionen sollten zwar so beschaffen sein, dass sie auch unter Bedingungen moralischer Unzulänglichkeit der in ihrem Rahmen Handelnden immer noch zum Nutzen aller funktionieren. Doch ist aus der Sicht christlicher Moral vom Einzelnen mehr gefordert – und auch mehr möglich. Samuel Gregg zeigt, was das für eine Ethik des Finanzwesens, die sich an Christen richtet, bedeuten kann.

Der Autor, gebürtiger Australier, an der Universität Oxford im Fachbereich Philosophie und Ökonomie promoviert, ist seit Jahren in den USA publizistisch, auch als Verfasser zahlreicher Bücher sowie als Forschungsdirektor des renommierten „Acton Institute“ in Grand Rapids (Michigan) tätig. Er belegt seine historischen und theoretischen Aussagen durch Quellen und einschlägige Fachliteratur. Das Buch erhebt allerdings nicht den Anspruch, ein wissenschaftliches Werk zu sein. Es richtet sich an einen weiten Leserkreis und will allgemeinverständlich bleiben. Literaturverweise wurden vom Herausgeber so weit wie möglich an die deutsche Ausgabe angepasst; in den wenigen Fällen, wo keine deutschen Ausgaben der zitierten klassischen Werke existieren, wurden die vom Autor benutzen englischsprachigen Editionen bzw. der – zumeist lateinische – Originaltext ins Deutsche übertragen. In einzelnen Fällen wurden Zitate aus deutschsprachigen Editionen mit dem Originaltext verglichen und wenn nötig verbessert. Die Literaturangaben wurden minimal ergänzt.

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Herausgeber der deutschsprachigen Ausgabe dieses zuerst 2016 in den USA erschienenen Buches ist das „Austrian Institute of Economics and Social Philosophy“. Das 2014 gegründete und in Wien ansässige Institut will im Einsatz für eine freie und menschliche Gesellschaft gegenüber dem weitverbreiteten staatlichen Interventionismus die ökonomischen und ethischen Vorzüge freier Märkte aufzeigen und auf wissenschaftlich gesicherter Grundlage marktorientierte Alternativen für wirtschaftliche, politische und soziale Probleme in eine breite Diskussion einbringen. Zudem will das politisch und konfessionell unabhängige Institut, das sich besonders der Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie verpflichtet weiß, ein tieferes Verständnis für grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge und deren soziale Auswirkungen sowie für die zentrale Rolle des freien Unternehmertums fördern. Es bezweckt auch, das Verständnis dafür zu wecken, dass sich gerade unter den Bedingungen von Kapitalismus und freier Marktwirtschaft und in einer freien Gesellschaft die sozialen Ideale christlicher Ethik am besten verwirklichen lassen.

In diesem Rahmen versucht das Institut auch dem deutschsprachigen Publikum wichtige und ihm weniger zugängliche Texte, Artikel und Bücher aus anderen Sprachgebieten, nahezubringen. Das wurde im vorliegenden Fall durch die Kooperation mit dem Herder Verlag möglich. Das Austrian Institute überließ zu diesem Zweck dem Herder Verlag die von ihm erworbenen deutschsprachigen Rechte an dem Buch und besorgte die deutsche Übersetzung und deren Finanzierung. Dem Geschäftsführer und allen involvierten Mitarbeitern des Herder Verlags sei an dieser Stelle gedankt, dass sie sich auf dieses Unternehmen eingelassen haben, um auf diese Weise – im Rahmen der legitimen Vielfalt christlicher Meinungen zu diesem Thema – einer dezidiert marktwirtschaftlich und kapitalismusfreundlich orientierten Stimme zu ermöglichen, von einem breiten deutschsprachigen Publikum vernommen zu werden.

Wien im Juni 2017

Austrian Institute of Economics and Social Philosophy

Prof. Dr. Martin Rhonheimer, Präsident

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