Die Reichen – eine unbekannte und verhasste Minderheit

Die meisten Deutschen denken schlecht über Millionäre. 62 Prozent halten sie für egoistisch, 56 Prozent für materialistisch und 50 Prozent für rücksichtslos. Nicht überall ist der Ruf vermögender Menschen so schlecht. So gelten in Großbritannien, den USA und Frankreich Reiche zwar ebenfalls als materialistisch, daneben aber vor allem als intelligent, fleißig und wagemutig.

Der deutsche Historiker und Soziologe Rainer Zitelmann hat diese Umfrageergebnisse in seinem neuesten Buch „Die Gesellschaft und ihre Reichen. Vorurteile über eine beneidete Minderheit“ erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, nachdem er zuvor die renommierten Meinungsforschungsinstitute Allensbach und Ipsos Mori mit Umfragen in den vier Staaten beauftragt hat. Als „reich“ definierte er Personen, die mindestens eine Million Euro (beziehungsweise Pfund oder Dollar) abseits ihres eigenen Wohneigentums besitzen.

Die Studie belegt: Vor allem in den beiden angloamerikanischen Ländern denkt man deutlich besser über reiche Menschen als in Deutschland. Und noch etwas anderes zeigen die Ergebnisse: Sozialneid verstärkt Vorurteile über Reiche und führt häufig zu kapitalismuskritischen Vorstellungen. Hier bestätigen die Umfrageergebnisse, was der Ökonom Ludwig von Mises in „The Anti-Capitalist Mentality“ (deutsch: „Die Wurzeln des Antikapitalismus“) bereits vor mehr als 60 Jahren festgehalten hat.

Kontinentaleuropa ist neidischer auf Reiche

In den beiden kontinentaleuropäischen Ländern Deutschland und Frankreich ist der Sozialneid besonders stark ausgeprägt: 33 Prozent der Deutschen und 34 Prozent der Franzosen neiden den Reichen ihr Geld. In den USA gilt das nur für 20 und in Großbritannien sogar nur für 18 Prozent. Zur Gruppe der Neider wurden die Befragten gezählt, sobald sie mindestens zwei der folgenden drei Aussagen bejaht hatten:

  • „Ich fände es gerecht, wenn die Steuern für Millionäre stark erhöht würden, auch wenn ich dadurch persönlich keinen Vorteil hätte.“
  • „Ich wäre dafür, die Gehälter von Managern, die sehr viel verdienen, drastisch zu kürzen und das Geld an die Angestellten der Unternehmen zu verteilen, auch wenn diese dadurch vielleicht nur ein paar Euro im Monat mehr bekämen.“
  • „Wenn ich höre, dass ein Millionär mal durch ein riskantes Geschäft viel Geld verloren hat, denke ich: das geschieht dem recht.“

In allen vier Staaten sehen Neider Reiche sehr negativ. Neben Egoismus, Materialismus und Rücksichtslosigkeit nannten sie vor allem Überheblichkeit, Gier, Gefühlskälte und Oberflächlichkeit als deren Persönlichkeitsmerkmale. Ganz anders die Gruppe der „Nicht-Neider“, die keine der drei Aussagen oben bejaht hat. Sie hält Reiche vor allem für fleißig, intelligent, wagemutig, (ebenfalls) materialistisch, einfallsreich und traut ihnen visionäres Denken zu.

Neid begünstigt Sündenbock-Denken

Darüber hinaus tendieren Neider in allen vier Vergleichsländern zum Sündenbockdenken und sehen Reiche als Hauptschuldige an der Finanzkrise und an humanitären Krisen. Was die Vorurteilsforschung im Zusammenhang mit anderen Minderheiten belegt hat, das zeigt sich nun auch bei Reichen, wie Zitelmann hervorhebt: „Besonders in Wirtschafts- und Finanzkrisen, deren Ursachen sehr komplex sind und von den meisten Menschen nicht verstanden werden, neigen viele dazu, die Verantwortung dafür Sündenböcken (‚gierige Banker‘, ‚Superreiche‘ usw.) zuzuschreiben.“

Die „Sündenbockdenker“ halten die Wirtschaft tendenziell eher für ein Nullsummenspiel, in dem sich Reiche auf Kosten der Armen bereichern. „Je mehr die Reichen haben, desto weniger bleibt für die Armen übrig“. Diesem Satz stimmte die Mehrheit der „Sündenbockdenker“ in allen vier Ländern (zwischen 58 und 69 Prozent) zu. Auffallend ist auch das generell schwierigere Verhältnis dieser Gruppe zu Juden. Dass man mit kritischen Aussagen gegenüber Juden in der Öffentlichkeit vorsichtig sein muss, sagen 70, 60, 63 und 49 Prozent der „Sündenbockdenker“ in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA. Bei jenen, die dem Sündenbockdenken nicht zuneigen, ist der Prozentsatz um 13, 7, 18 und 9 Prozentpunkte niedriger.

Mises: Kapitalismus verleitet zu Sozialneid

Auf den Sozialneid als Wurzel des Sündebockdenkens und des Antikapitalismus, der im Kapitalismus primär eine ungerechte Ordnung zulasten der Ärmeren sieht, machte bereits Ludwig von Mises aufmerksam. Er sprach vom „enttäuschten Ehrgeiz als Ursache des Ressentiments“, den gerade der Kapitalismus provoziere: „Was viele Menschen, die in einem kapitalistischen System leben, unglücklich macht, ist die Tatsache, dass der Kapitalismus jedem die Möglichkeit gibt, die verlockendsten Positionen zu erreichen, die natürlich nur von wenigen erlangt werden können.“ Damit hängt „jedermanns Lebensstellung von ihm selbst ab.“ Wenn man als Mitglied einer solchen Gesellschaft den eigenen Ehrgeiz nicht ganz befriedigt, entwickelt man „ein Ressentiment gegen das Glück derjenigen, die erfolgreicher waren.“

Anders in früheren Epochen: Bauern, Handwerker oder Sklaven konnten nicht Herzöge oder Barone werden und sahen sich folglich auch nicht genötigt, sich dafür zu rechtfertigen. Im Kapitalismus hingegen hat jeder ständig vor Augen, wie erfolgreich andere Menschen im Vergleich zu einem selbst sein können. „Diese Mitbürger rufen in seinem Unterbewusstsein Minderwertigkeitskomplexe hervor, weil sie ihn überholt haben. So beneidet der Landstreicher den Mann mit einem regelmäßigen Posten, der Fabrikarbeiter den Vorarbeiter, der leitende Angestellte den Vize-Präsidenten, der Vize-Präsident den Präsidenten der Gesellschaft, der Mann mit 300.000 Dollar den Millionär usw.“

Abwertung hilft beim Überwinden von Neid

Scharfsichtig beschreibt Mises die Kompensationsstrategien, um die Gefühle des Sozialneids zu überwinden:

„Um sich selbst zu trösten und um seine Selbstbehauptung wieder herzustellen, ist ein solcher Mensch auf der Suche nach einem Sündenbock. Er versucht, sich selbst einzureden, dass es nicht sein eigener Fehler war, der ihn versagen ließ. Er ist wenigstens ebenso begabt, tüchtig und fleißig wie diejenigen, die ihn überstrahlen. Unglücklicherweise ist es nur so, dass unsere ruchlose soziale Ordnung die Preise nicht den verdienstvollen Menschen zuleitet; sie krönt den unredlichen, gewissenlosen Schurken, den Schwindler, den Ausbeuter, den ‚groben Individualisten’.“

Die Intellektuellen „sublimieren ihren Hass in eine Philosophie, die Philosophie des Antikapitalismus, um die innere Stimme, die ihnen sagt, dass ihr Versagen ihr eigener Fehler ist, unhörbar zu machen.“ Sie beginnen von einer „gerechten“ Welt zu träumen, in der sie selbst nach ihrem „wirklichen Wert“ behandelt würden. Solche Träume nennt Mises „Zufluchtsstätte derjenigen, die unter einem Mangel an Selbsterkenntnis leiden.“

Forschungen der Psychologie geben Ludwig von Mises Recht: „Die Social-Comparison-Forschung zeigt, dass wir uns andauernd – bewusst oder unbewusst – mit anderen Menschen vergleichen, um Informationen für unsere Selbstbewertung zu erhalten“, berichtet Rainer Zitelmann. Neid entsteht, wenn eine andere Person Eigenschaften, Güter oder Positionen innehat, die man selber gerne hätte. Ein Weg Neid zu reduzieren besteht darin, eigene Vorzüge, die auf einer anderen Vergleichsebene liegen, hervorzuheben. Die Kompensationsstrategien sozialer Gruppen, die andere als ökonomisch erfolgreicher erleben, stützen sich mit Vorliebe auf moralische Kriterien: „Die Stereotype, Reiche seien kalt, hätten ein schlechtes Familienleben oder ganz generell unbefriedigende zwischenmenschliche Beziehungen, seien egoistisch und hätten eine schlechtere Moral, dienen dazu, die eigene Überlegenheit zu postulieren.“ Solche Kriterien sind im Gegensatz zum Besitz von Geld oder Bildung schwer objektivierbar. Ebenso kann man das Tätigkeitsfeld der Reichen oder eben das System als Ganzes schlecht reden. Deshalb hilft auch das Nullsummendenken, wonach sich im Kapitalismus Reiche zu Lasten der Armen bereichern, Neidgefühle gegenüber erfolgreicheren Menschen zu reduzieren.

Deutsche neigen zum Sündenbockdenken

Sündenbockdenken und Nullsummenspielglaube sind in Deutschland – und hier vor allem in Ostdeutschland – sehr stark ausgeprägt. Knapp mehr als die Hälfte der Deutschen stimmt der Aussage zu: „Viele Reiche sind nur zu ihrem Wohlstand gekommen, weil sie sich auf Kosten anderer bereichert haben.“ 48 Prozent bejahen die Aussage: „Die Reichen konnten nur so reich werden, weil es in unserer Gesellschaft ungerecht zugeht.“ In Deutschlands neuen Bundesländern meint gar jeder Zweite, die Vermögenden kämen nur wegen der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft zu ihrem Reichtum, in Westdeutschland sieht das nur jeder Dritte so.

Die Angewohnheit, Reiche zum Sündenbock für sämtliche Krisen dieser Welt zu machen, ist in Deutschland stärker als in Frankreich und den angloamerikanischen Ländern ausgeprägt. Die Hälfte der deutschen Befragten stimmt der Aussage zu: „Superreiche, die immer mehr Macht wollen, sind schuld an vielen Problemen auf der Welt, z.B. an Finanzkrisen und humanitären Krisen.“ Selbst in Frankreich teilt lediglich jeder Dritte diese Einschätzung, in den USA jeder Vierte, und in Großbritannien überhaupt nur jeder Fünfte. Es „lässt vermuten, dass sich die Aggressionen gegen Reiche und die Bereitschaft der Politik, gegen diese vorzugehen, in einer akuten Wirtschafts- oder Finanzkrise in Deutschland eher mobilisieren ließen als in den angelsächsischen Ländern“, meint Zitelmann.

Gewissen vermögenden Gruppen gönnt man in Deutschland eher ihren Reichtum. So gönnen die Deutschen – und ebenso die Franzosen, Engländer und Amerikaner – vor allem Unternehmern und Selbständigen, sowie Künstlern, Spitzensportlern und Lottogewinnern (letzteren ganz besonders in Ostdeutschland) ihr Vermögen. Finanzinvestoren hingegen, denen Amerikaner und Briten ebenfalls ihren Reichtum gönnen, befinden sich in Deutschland auf den vorletzten Platz des Rankings und liegen auch in Frankreich weit hinten.

Geringer Kontakt zu Reichen begünstigt Vorurteile

In Summe ist die Einstellung zu Reichen in den USA und Großbritannien deutlich positiver als in Frankreich und Deutschland. Das Verhältnis der Franzosen ist ambivalent: Anders als in Deutschland schreiben sie diesen durchaus positive Eigenschaften wie Fleiß und Intelligenz zu, gleichzeitig neiden sie ihnen aber noch mehr den Erfolg. Forderungen nach Umverteilung und Steuererhöhungen für Begüterte finden in Frankreich noch höheren Anklang als in Deutschland. Die Schadenfreude über hohe Verluste eines Millionärs in einem riskanten Geschäft ist dafür bei Deutschen ausgeprägter, als bei Franzosen, Briten und Amerikanern.

Was in der Studie noch hervorsticht: die positive Einstellung gegenüber jenen Millionären, die man persönlich kennt. In völligem Kontrast zu den negativen Attributen, die Deutsche Reichen generell zuschreiben, meinen jene, die einen oder mehr Millionäre persönlich kennen, dieser sei vor allem fleißig und intelligent (je 71 Prozent), einfallsreich (58 Prozent), optimistisch (47 Prozent) und visionär (45 Prozent).

In jenen Ländern mit besonders positiver Sicht auf Reiche ist auch der Anteil der Millionäre an der Bevölkerung höher. In den Vereinigten Staaten und Großbritannien beträgt er 13,5 bzw. 12,2 Promille, in Deutschland und Frankreich hingegen nur 9,4 bzw. 4,3 Promille. Dementsprechend höher ist auch der persönliche Kontakt zu Millionären im angloamerikanischen Raum: 43 Prozent der US-Amerikaner, 38 Prozent der Briten, aber nur 18 Prozent der Franzosen und 17 Prozent der Deutschen geben an, einen oder mehrere Millionäre persönlich gut zu kennen.

Überraschende Ergebnisse bei Migranten und jungen Menschen

In einigen Punkten unterscheiden sich die Antworten der Deutschen mit Migrationshintergrund vom deutschen Durchschnitt. So sagen fast doppelt so viele Deutsche aus Einwandererfamilien, in ihrem Bekanntenkreis gebe es mindestens einen Millionär. Der Anteil derjenigen, „die erklären, dass sie mehrere Millionäre kennen, ist mit 19 Prozent fast dreimal so hoch wie bei den Befragten ohne Migrationshintergrund.“ Das anscheinend größere Netzwerk von Migranten hat auch Auswirkungen auf die Einstellung zu vermögenden Menschen. Deutsche mit Migrationshintergrund gönnen Millionären, die aus eigener Kraft erfolgreich geworden sind, eher ihren Reichtum. Ihre Abneigung gegen Spitzenmanager, Immobilien- und Finanzinvestoren und Banker ist geringer. Teils gönnen sie diesen Berufsgruppen ihren Erfolg in doppelt so hohem Ausmaß wie die autochthone Bevölkerung. Der Konsum anderer Medien könnte hier auch eine Rolle spielen, vermutet Zitelmann. 28 Prozent der Deutschen mit Migrationshintergrund finden darüber hinaus, Unternehmer sollten die Gehälter von Managern selbst festlegen und der Staat müsse sich hier heraushalten. Nur 19 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund teilen diese Ansicht.

Überraschendes tritt auch mit Blick auf die Jugend zutage, speziell wenn man das Verhältnis zwischen Jung und Alt in Europa mit jenem in den USA vergleicht. So sehen junge Menschen zwischen 16 und 29 Jahren in allen drei europäischen Ländern Reiche positiver als ältere Menschen – in den USA ist es genau umgekehrt. 40 Prozent der jungen Amerikaner meinen, dass Millionäre zwar gut im Geldverdienen, aber keine anständigen Menschen sind. Nur bei 15 Prozent (!) der Über-60-jährigen trifft man in den USA auf diese Einstellung. Keine andere Personengruppe in allen vier Ländern hat diese Ansicht so entschieden zurückgewiesen, wie die Generation 60 plus in den USA. In Deutschland, Frankreich und Großbritannien halten hingegen nur 31, 17 und 20 Prozent der Unter-30-Jährigen Millionäre für unanständig – in allen drei Fällen ein deutlich niedrigerer Wert als in derselben Generation in den USA.

Auch in anderen Fragen neigt die europäische Jugend zu einer tendenziell positiveren Einstellung gegenüber Reichen. So sehen etwa 52 Prozent der unter 30-jährigen Deutschen in Reichen, „die es aus eigener Kraft geschafft haben“, ein motivierendes Vorbild, in den USA sind es nur 42 Prozent (dafür 55 Prozent bei der Generation 60 plus). Bleibt nur zu hoffen, dass Europa einer nach Erfolg strebenden Jugend auch Perspektiven bieten wird können, damit diese Generation auch in Europa ihr Glück suchen wird …

Verzerrte Sicht in Qualitäts- und in Boulevardmedien

Rainer Zitelmann ging darüber hinaus auch der Frage nach, welche Bilder die Medien von Reichen zeichnen, und beauftragte die Medienagentur mtc mit einer Auswertung der Berichterstattung in repräsentativen deutschen Medien. Auffallend: In führenden regionalen und überregionalen deutschen Tages- und Wochenzeitungen wie FAZ, Süddeutsche Zeitung und Spiegel ist Kritik an Managergehältern und hohen Abfindungen nach ihrem Scheitern im Beruf besonders häufig. Darüber hinaus taucht speziell seit 2008 häufig das Bild des „gierigen Bankers“ auf, der mit seiner Jagd nach Boni die Finanzkrise ausgelöst habe. Zitelmann spart nicht mit Kritik: „Dort, wo die Diagnose nicht stimmt, wird auch die Therapie meist wirkungslos bleiben – darin liegt die eigentlich Gefahr.“ Dass man in Deutschland Bankern und Spitzenmanagern hohe Gehälter tendenziell nicht gönnt, kommt also nicht von ungefähr.

Breiten Raum erhielt in den Medien auch ein höchstumstrittener Bericht der Organisation Oxfam, dem zufolge die soziale Ungleichheit höher sei als bisher bekannt und acht Männer reicher als die halbe Welt. „Die Qualität des Oxfam-Berichtes steht indes in umgekehrtem Verhältnis zu der Aufmerksamkeit, den die Organisation damit erzielt“, vermerkt Zitelmann. Auf großes mediales Interesse stieß im Jahr 2014 auch der französische Ökonom Thomas Piketty mit seinem Weltbestseller „Das Kapital im 21. Jahrhundert“, demzufolge die Zunahme von Ungleichheit wesentlich zum Kapitalismus gehöre. Auch hier hält Zitelmann seine Meinung nicht zurück: „Die Datenbasis seines Buches und gravierende methodische Fehler seiner Vorgehensweise wurden inzwischen ausführlich kritisiert, sodass er zentrale Thesen zurücknehmen musste. Die Kritik aus der Wissenschaft tat aber dem Erfolg des Buches keinen Abbruch, weil es als wichtigster Beleg für die These von der sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich und als bahnbrechender Beitrag zur modernen Kapitalismuskritik gesehen wurde.“ Mehrere große, teils euphorische Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ widmeten sich dem Werk.

In der sensationslüsternen Yellow Press entsteht wiederum eine Welt aus Luxus, Eifersucht, Prominenz und Glamour, die kaum zu einer realistischen Sichtweise auf Reiche beiträgt. Zitelmann meint, „dass die Yellow Press allenfalls von bestimmten Teilgruppen der Reichen ein realistisches Bild zeichnet, das jedoch – mangels eigener Erfahrungen – vermutlich von den Lesern für ‚die Reichen‘ insgesamt verallgemeinert wird, weil Reiche, die weder Wert auf übersteigerten Konsum und Prominenz legen noch finanzielle Probleme oder Eheprobleme haben, kaum gezeigt werden.“

Ein eigenes Team analysierte schließlich noch die erfolgreichsten Hollywood-Streifen der vergangenen 28 Jahren. Eine Mischung aus Kälte und Kompetenz zeichnet dort in der Regel die Reichen aus. Meist sind sie überheblich, unsympathisch und egoistisch, und gehen zuweilen sogar über Leichen. Zugleich werden sie auch als kompetent, einfallsreich und visionär dargestellt. Einzelne Reiche erfahren im Laufe des Filmes eine Läuterung.

Kapitalismuskritische Filme und Medien sind nicht ohne Grund teils überaus erfolgreich: Wo Vorurteile über „reiche Kapitalisten“ sehr verbreitet sind, herrscht auch große Nachfrage nach solchen Produkten. Paradoxerweise profitieren deshalb gerade manche Kapitalismuskritiker vom freien Markt. So ist etwa der US-amerikanische Journalist und Filmemacher Michael Moore („Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“) mittlerweile zum Multimillionär geworden ist. Mit Kritik an Reichen und Kapitalismusschelte lässt sich eben trefflich Geld verdienen. Kapitalismus-Kritik zahlt sich aus. Gerade im Kapitalismus kann man damit leicht reich werden.

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