Nicht nur Opportunität oder Praktikabilität sprechen gegen Unternehmens- oder Körperschaftsbesteuerung, sondern ökonomische, ja in Punkten sogar ethische Überlegungen verlangen deren Abschaffung.
Aber was dann? Ein bisschen Einnahmen braucht der Staat ja doch. Der Grundsatz lautet einfach: lasst die Substanz des Unternehmens, auch seine Gewinne, die es ansammelt, in Ruhe. Besteuert aber jene, welche mit dem Finger in diesen Honigtopf langen. Besteuern soll man – maßvoll – die natürlichen Personen, wenn sie Lohn beziehen, Boni, Dividenden, Zinsen, Reserve-Auszahlungen und Liquidationserlöse. Das alles ist Substanz, welche aus dem Unternehmen herausgenommen und zu Einkommen wird. Es ist ein altes Gesetz, dass der Steuerstaat irgendwann immer seine Abgaben bekommt – also etwa, wenn Firmen auszahlen, oder schließlich einmal liquidiert werden.
Neben der Besteuerung natürlicher Personen setzen die meisten Staaten auch zunehmend auf Mehrwertsteuern, also auf indirekte, schwieriger zu umgehende Veranlagungen. Der Steuerstaat kommt schon zu seinem Recht. Außerdem sind die Körperschaftssteuern nicht die ertragreichsten, also durchaus ersetzbar.
Ökonomische Schäden der Unternehmensbesteuerung – Vorteile ihrer Abschaffung
Die ökonomischen Folgen einer gänzlichen Abschaffung von Unternehmensbesteuerung wären spektakulär. Heute verbringen die Finanzchefs mittlerer und großer Firmen viele Zeit und Energie damit, die Steuern zu optimieren. Das führt aber nicht nur zu Zeitaufwand, sondern unternehmerische Entscheide werden sachfremd, irrational vom Betrieb aus gesehen. Man verschiebt Investitionsentscheide oder zieht sie vor, man füllt die Lager oder leert sie aus Steuergründen, die Ausschüttungen werden so manipuliert, damit es die Aktionäre möglichst wenig kostet, die Firma auch. Fremdkapital wird aufgenommen oder gesenkt, um die Steuern zu optimieren, und damit wird die Solidität der Eigenfinanzierung gemäß den Steuersätzen verändert, aber nicht nach betriebswirtschaftlichen Erfordernissen. Die Firmen spalten sich in mehrere Gesellschaften auf, wenn es die Sätze nahelegen. US-Firmen wie Apple oder Facebook belassen Dutzende von Milliarden Kapital in Europa, anstatt es nach den USA zurück zu führen. Es liegt aus Steuergründen irgendwo herum, Amerika aber ist desindustrialisiert.
Alle Firmen winden sich also – und allen jagen deswegen Heere von Steuerbeamten nach, um die fliehende Substanz doch wieder einzufangen. Politiker verbringen ganze Sessionen damit, immer neue Fußangeln dafür vorzusehen. Länder werden gegen einander aufgebracht, sie werfen Irland vor, die Firmengewinne mit tiefen Sätzen anzuzapfen, der Schweiz ebenfalls. Merkel will mit den USA gemeinsam Unternehmenssteuern angehen, also das Kartell der Steuerbehörden international verfestigen.
Andererseits wollen die Politiker aller Länder in die Firmenpolitik mit Steueränderungen eingreifen, um Innovationen zu belohnen, um Investitionen anzuregen, um Einstellungen gewisser Personengruppen zu betreiben. Wieder andere Steuervariationen sollen Regionen fördern. Kurz, der Allzweckstaat, der Superstaat findet auch über die Unternehmenssteuern seine Wege der Einmischung, des höheren, besseren Wissens.
Auch im Interesse der Arbeitnehmer
Doch die Firmen, richtig auf wettbewerbliche Märkte gesetzt, wissen es selbst am besten. Wenn sie über ihr Kapital und ihre Gewinne autonom verfügen können, wird echt investiert, nach betriebswirtschaftlichen und marktgerechten Erfordernissen. Das sollte auch die Arbeitsplätze mächtig fördern und vermehren. Es ist unbegreiflich, warum sich die Gewerkschaften oft den linken Parteien und deren Abschöpfungsphantasien anschließen. Im Gegenteil, die Arbeitnehmer haben alles Interesse an intaktem, nicht von der Politik aus betriebsfremden Gründen manipuliertem Kapital. Man nannte früher das Kapital im Unternehmen „werbendes Kapital“ – es bewirbt sich im Markt.
Die bloße Besteuerung natürlicher Personen schafft auch die steuerrechtlichen Turnübungen gegen die Doppelbesteuerung aus der Welt. Heute versuchen die meisten Steuerordnungen, wenigstens einen Teil dieser Besteuerung unternehmerischer Gewinne und Substanz zuerst in der Firma, dann beim Aktionär, zu mildern. Immerhin ein kleines Eingeständnis, dass da mit der allgegenwärtigen Steuerwalze irgendetwas nicht ganz legitim ist.
Wem alles dies noch nicht reicht – auch auf der linken Seite – der möge bedenken, dass natürliche Personen viel weniger mobil sind, um Steuervermeidung zu betreiben, als eben die Firmen mit ihren Ausgründungen in mehrere Gesellschaften, mit der Verlegung von Sitzen schnell auf dem Papier. Natürliche Personen, sogar höchste Kader, werden nicht darlegen können, zwar in Düsseldorf oder Linz zu arbeiten und zu verdienen, jedoch auf den Bahamas zu wohnen und zu steuern.
Mehr Gerechtigkeit und mehr persönliche Verantwortung
Damit sind wir bei ethischen Aspekten. Eine Besteuerung natürlicher Personen kann weniger vermieden werden, ist gerechter. Die vielen rechtlichen Fiktionen, mit welchen Firmen sich verschachteln oder verlagern können, sind dann auch den Vermögenderen nicht zugänglich.
So ganz ethisch sind auch die politischen Motive der Besteuerung von Firmen nicht immer – es sind Subjekte betroffen, die entweder gar kein Wahlrecht besitzen oder nur gering an Zahl sind. Die Politikwissenschaft zeigt uns, wie in einer Demokratie solche Machtverhältnisse die Mehrzahl der Wähler dazu verleiten, mit der Belastung der wenigen, hier der Firmen, einverstanden zu sein. Die Politiker richten auf dieser Mühle des Neides gerne an.
Ein weiterer ethischer Punkt würde mit natürlichen Personen als Steuersubjekten besser bedient, nämlich die personelle Verantwortung in der Volks- und Betriebswirtschaft. Der Erfolg großer Aktiengesellschaften und ihre Verwertung an den Wertpapierbörsen hat zu einem Kult der Firma als eigentliches, souveränes Wesen geführt. Dabei sind Firmen nur Netze von Verträgen zwischen Personen – nämlich Aktionären, Obligationären, Arbeitnehmern, Patentinhabern, Lieferanten, Kunden. Es ist wichtig, diese Personenkreise zu achten, oder notfalls auch zu belangen. Dies gilt nicht nur für Steuern, sondern auch für die heute wuchernde Strafbarkeit von Firmen an sich.
Banken, Kartellfirmen werden mit hohen Bußen bestraft, ja sogar der Grundsatz des Strafrechts, „im Zweifel für den Angeklagten“ wurde umgekehrt. Bei Steuer-, Umwelt-, Kartell- und Bankfragen müssen diese Firmen zunehmend beweisen, dass da nichts war, und nicht die anklagende Behörde muss Belege vorzeigen. Das ist eine Perversion des Rechts. Wer als Kader oder Mitarbeiter Steuern trickst, Bankkunden übers Ohr zieht oder Kartelle schmiedet, soll strafrechtlich belangt werden. Persönliche Verantwortung in unserer Gesellschaft wird so wiederhergestellt, die Firmen werden nicht zu Selbstläufern. Kader können ihre Fehler nicht auf die Firmen abwälzen, und die Arbeitsplätze der Anständigen werden durch das falsche Tun einiger Weniger – und die daraus resultierenden hohen Strafen der Firmen – nicht bedroht. Der allmächtige Staat schließlich muss mit Beweisen argumentieren, diese vorlegen.
Es spricht also einiges allgemein für Firmen in kleinerem, relativierterem juristischem Kleid, und im Besonderen für freie Unternehmen ohne Steuern!
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