Austrian Essentials: Carl Mengers „Lehre vom Preis“

Auch mehr als 150 Jahre nach seinem Erscheinen hat das fünfte Kapitel („Die Lehre vom Preis“) von Carl Mengers „Grundsätze der Volkswirtschaftslehre“ nichts von seiner Aktualität eingebüßt. Ein weiteres Mal tritt in ihm die grundsätzliche Bedeutung der subjektiven Wertlehre zutage, auf die manche Ökonomen seither zuweilen vergessen. Des Weiteren werden bis heute zentrale Fragestellungen der Ökonomie und der Wirtschaftspolitik berührt, beispielsweise die Genese und die Implikationen von Monopolen. Menger zieht zu zentralen wirtschaftswissenschaftlichen Fragen weitreichende Schlussfolgerungen, die nun in den neuen „Austrian Essentials“ in einer Kurzfassung vorliegen.

Carl Menger: „Die Lehre vom Preis“

Es gibt nur subjektive Äquivalente

Zu Beginn des Kapitels hält der Gründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie fest: Preise sind zwar „die einzigen sinnlich wahrnehmbaren Erscheinungen“ des Tauschprozesses, aber gleichzeitig nur beiläufige. Entscheidend ist: Durch den Tausch befriedigen Menschen besser ihre Bedürfnisse. Die Preise hingegen sind lediglich „Symptome des ökonomischen Ausgleichs zwischen den menschlichen Wirtschaften“.

Da Bedürfnisse und damit auch Werte subjektiv sind, gibt es auch keine Äquivalente im objektiven Sinn, sondern nur im subjektiven. Andernfalls wäre die Preisbildung gemäß Menger überhaupt nicht nachvollziehbar bzw. würde überhaupt nicht zustande kommen. Die divergierenden und subjektiven Äquivalente der tauschenden Parteien legen nämlich die Grenzen fest, innerhalb derer sich der Preis bildet.

Zum Beispiel tauscht A sein Getreide gegen den Wein von B. Für A sind 100 Maß seines Getreides ebenso viel wert wie 40 Maß neuer Wein. Für B hingegen entsprechen 40 Maß seines Weins einem Äquivalent von 80 Maß neuem Getreide.Der Preis für 40 Maß Wein wird folglich zwischen 80 und 100 Maß Getreide betragen, wobei eine Tendenz zum natürlichen Mittelpunkt von 90 Maß Getreide zu beobachten ist. So verhält es sich beim isolierten Tausch – etwa in der Subsistenzwirtschaft.

Auch beim Tausch von Monopolisten bestimmen die subjektiven Äquivalente die Bedingungen der Preisbildung

Die Analyse komplizierterer Erscheinungsformen des Tausches erweist sich als anspruchsvoller. Auch in diesem Fall werden die Grenzen der Preisbildung durch die subjektiven Äquivalente der tauschenden Handelssubjekte determiniert.

Ein Monopolist, der sein Gut mehreren miteinander konkurrierenden Kunden anbietet, schließt das Tauschgeschäft mit demjenigen ab, der ihm dafür den höchsten Preis zahlt. Der Preis bildet sich hier innerhalb der Äquivalente der beiden tauschlustigsten Konkurrenten, wie Carl Menger überzeugend demonstriert. Sollte der Monopolist jedoch nicht nur ein einziges, unteilbares Gut anbieten, sondern mehrere Güter, ändern sich die Bedingungen der Preisbildung ein weiteres Mal, da auch weniger tauschkräftige Käufer vom Tausch nicht länger ausgeschlossen sind. In der Konsequenz bildet sich der Preis gemäß der Theorie von Carl Menger zwischen den Äquivalenten des am wenigsten tauschkräftigen Konkurrenten, der am Tausch teilnimmt, und des tauschkräftigsten Konkurrenten, der davon ausgeschlossen ist.

Es wird ersichtlich: Es ist gerade die subjektive Natur des Tausches, durch die auch die Gesetze der Volkswirtschaft entstehen.

Monopolisten sind in der Lage, die Preise selbst festzulegen, unterliegen aber ebenfalls ökonomischen Gesetzen

Die Preisbildung bei Monopolisten stellt für Menger nicht das primäre Problem dar, sie steht letztlich auch nicht im Zentrum seiner Untersuchung, da der Monopolist oft gar nicht abwartet, sondern den Preis bereits im Vorfeld festlegt, wie der Ökonom festhält. Nur in seltenen Fällen, etwa bei vorher angekündigten Auktionen, ist das anders. Entscheidend ist für Menger: Die ökonomischen Gesetze des Tausches und der Preisbildung wirken sich auf zahlreiche Aspekte und Konsequenzen des Tausches aus, beispielsweise auf die Güterverteilung. Auch der Monopolist ist diesen Gesetzen unterworfen. Obgleich ihm die Möglichkeit zukommt, höhere oder niedrigere Preise festzulegen sowie größere oder geringere Quantitäten seines Guts anzubieten, sind seinem Handeln bestimmte Grenzen gesetzt, die durch die Gegebenheiten des Monopolhandels definiert sind. So ist der Monopolist etwa nicht in der Lage, sowohl den Preis als auch die Menge des angebotenen Monopolguts gleichzeitig zu bestimmen, wie Menger aufzeigt. In der Konsequenz verfügt der Monopolist zwar über gewisse Freiheiten, die Konkurrenten nicht haben, jedoch bleibt er auch in seiner Position stets bestimmten ökonomischen Gesetzen unterworfen, die er nicht außer Kraft setzen kann.

Was den Monopolisten aber auszeichnet: Unter Umständen ist es für ihn vorteilhafter, geringere Quantitäten seines Guts zu einem hohen Preis auf den Markt zu bringen, als hohe Quantitäten zu einem niedrigen Preis. Deshalb vernichten Monopolisten zuweilen sogar einen der Teil ihrer Güter.

Die Konkurrenz beseitigt gewisse Nachteile des Monopolhandels, tritt aber erst zu einem späteren Zeitpunkt hinzu

Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftstheoretikern hält Carl Menger das Monopol für einen Zustand, der nicht nur durch staatliche Interventionen hervorgerufen wird, oder erst auf einem höheren Niveau der Volkswirtschaft das Marktgeschehen zunehmend dominiert und die Konkurrenz erdrückt – wie Karl Marx behauptet hat. Vielmehr ist das Monopol ein natürlicher Zustand, der vor (!) der Konkurrenz entsteht. Sprich: Das Monopol ist „der Regel nach das ältere, das ursprünglichere, die Konkurrenz das der Zeitfolge nach spätere“. Allmählich, mit steigendem Wohlstand, kann der Monopolist die Nachfrage immer schlechter bedienen, weshalb dann auch das Bedürfnis und die Nachfrage nach Konkurrenz entstehen.

Für den Tausch unter Konkurrenten gelten dieselben ökonomischen Gesetze wie beim Monopolisten. Es bestehen aber wichtige Unterschiede: Erstens erzielen Konkurrenten keinen ökonomischen Vorteil daraus, die Quantität ihrer Waren zu verringern und einen Teil davon zu vernichten. Zweitens haben sie kein Interesse daran, ihre Waren erst sukzessive allen Gesellschaftsschichten anzubieten, wie das Monopolisten oft tun. Überdies bessert Konkurrenz die Quantität der angebotenen Ware und erhöht die Wirtschaftlichkeit der Produktionsweise.

Carl Menger zieht all diese bedeutenden Schlussfolgerungen stets mit bestechender Logik. Seine Ausführungen können bei den Austrian Essentials als Kurzfassung nachgelesen und im Detail studiert werden.

Carl Menger: „Die Lehre vom Preis“

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