Ökonomische Dynamik: Grundlagen, Bedingungen, Historische Entfaltung (Teil 2)

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AUSTRIAN ACADEMY  2022

Prof. Dr. Werner Plumpe (Frankfurt a. Main)

(Teil 1 dieses Vortrags finden Sie hier.)

Werner Plumpe, bis zu seiner Emeritierung im Herbst 2022 Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Frankfurt a. M., stellte in seinen beiden Vorträgen sein „evolutionäres Konzept“ der Wirtschaftsgeschichte vor, wie er es in seinem Buch „Das Kalte Herz. Kapitalismus: Geschichte einer andauernden Revolution“ (Berlin, 2. Aufl. 2021) darstellt und reflektiert.

In dem zweiteiligen Vortrag (hier geht es zu Teil 1) ging es darum aufzuzeigen, weshalb der Kapitalismus der letzten 250 Jahre zum Wohlstand führte, der Sozialismus aber aus systemischen Gründen notwendig versagen musste und immer wieder versagen wird. Dabei rekurrierte Plumpe auf eine von ihm – in Anlehnung an Darwin und Luhmann – entwickeltes, aber empirisch bestens abgestütztes evolutionäres Grundmodell: Die Trias von „Variation“, „Selektion“ und „Restabilisierung“. Der „wesentliche Treiber“ der wirtschaftlichen Entwicklung sei die „Handlungsvarianz“, die durch das Privateigentum sichergestellt wird. Durch Menschen, die über Kapital selbstverantwortlich verfügen, entstehen immer neue Lösungsvarianten; Kreativität, Innovations- und Risikobereitschaft werden gefördert. Die Selektion der optimalen Varianten kann theoretisch der Markt oder eine politische dominierte Planungsbürokratie bewerkstelligen. Der Markt erweist sich dabei jedoch als jeglicher Bürokratie und Planung überlegen. Schließlich erfolgt die Restabilisierung jener Lösungen, Innovationen usw., die sich durch die Selektion des Marktes als erfolgreich erwiesen haben, durch Institutionen des Rechts und entsprechende Regeln, zuletzt durch Systeme der sozialen Absicherung des Prozesses.

Historische Bedingung sind Semantiken, die diesen Prozess ermöglichen und fördern. Zu jeder Zeit konkurrieren vorherrschende (auch moralische) Bewertungen bestimmter ökonomischer Praktiken unter dem Gesichtspunkt der Erwünschtheit; welche Semantik sich durchsetzt, ist von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung. So hat sich der im 17. Jahrhundert entstehende Kapitalismus durch die ständige Korrektur solcher Bewertungen nach und nach sein Potenzial entfalten können.

Dabei analysierte Plumpe sowohl Kapitalismus wie auch Sozialismus nicht nur als Semantiken, sondern auch als ökonomische Praxis und zeigte dabei die praktische Unmöglichkeit des Sozialismus auf. Das spiegelt sich auch in den empirischen Daten wieder. Die Schlussfolgerung Plumpes lautete: „Für den Kapitalismus ausschlaggebend und Ursache seiner Dynamik“ sei „die Tatsache, dass Variation, Selektion und Stabilisierung gegeneinander ausdifferenziert sind, dass Variation also allein (vorrangig) nach individuellen (lokalen) Ertragserwartungen erfolgt und daher eine Vielzahl von Varianten ausprobiert wird, deren Erfolg sich allein über die Marktselektion ergibt, die wiederum spontan Angebot/Nachfragekonstellationen folgt, in denen ethische, politische, ästhetische oder soziale Gesichtspunkte keine oder bestenfalls eine nachgeordnete Rolle spielen, während die Restabilisierung sich vor dem Hintergrund von Effizienzüberlegungen auf die Ermöglichung der Wiederholung von insofern erfolgreichen Varianten kapriziert und zugleich die autonomen Variations- und Selektionsmechanismen vor allem durch eine disziplinierte und an der Preisstabilität orientierte Geldpolitik, garantiert.“

Immer auch folgten dem wirtschaftlichen Erfolg dieses Prozesses die „Semantiken der Kapitalismuskritik“, die bis heute aktuell, durch die Fakten jedoch in keiner Weise gedeckt sind:  Zunächst die Kritik der die breite Bevölkerung mit erschwinglichen Gütern versorgenden kapitalistischen Massenproduktion als „Verführung und Ramsch, Landschaftszerstörung und Brutalismus“; danach der Vorwurf, durch den Kapitalismus würden die Massen verelenden („Pauperismus“); darauf dann – im „wissenschaftlichen Sozialismus, der weniger eine sozialistische Konzeption enthält als eine Darstellung und Kritik der Tendenzen des Kapitalismus, die zu dessen Ende führen“ – „Krisen, Konzentration, nachlassende Entwicklungsdynamik bei gleichzeitiger Verelendung und Verschärfung der sozialen Gegensätze“, was dort, wo diese Semantik vorherrschend war – mit katastrophalen Folgen für die Menschen –, zur „Blockade der wirtschaftlichen Entwicklung“ und der Umkehrung kapitalistischer Logik führte. Nach dem offenkundigen Scheitern des Sozialismus konzentriere sich nun gegenwärtige Kapitalismuskritik darauf, den Kapitalismus „als sich selbst verschlingende Wachstumsmaschine, die gebändigt, eingehegt, punktuell beseitigt werden muss“ darzustellen,  „ohne dass wirklich klar ist, wie die Alternativen hierzu aussehen könnten.“

Dieser Vortrag wurde bei der AUSTRIAN ACADEMY 2022 „Marktwirtschaft und Unternehmertum – ihr Beitrag zu einer freien und menschlichen Gesellschaft” gehalten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer der mehrtägigen Veranstaltung waren 21 Studenten und junge Berufstätige, die aufgrund eines Bewerbungsverfahrens ausgewählt wurden und vom Austrian Institute, dem Organisator der Veranstaltung, ein Vollstipendium erhielten. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft (Berlin) sowie mit Unterstützung der Österreichischen Industriellenvereinigung (IV) statt.

Hier finden Sie das Programm und alle Vorträge, die als Video erhältlich sind. Und hier geht’s zur Hauptseite der Austrian Academy mit allen Berichten und Videos dieses Jahres und der letzten Jahre.

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