Mit finanzieller Repression bezeichneten bereits 1973 die Ökonomen Edward Shaw und Ronald McKinnon staatliche Maßnahmen der Finanz- und Kapitalmarktregulierung, welche finanzielle Mittel aus dem Privatbereich zum Staat umverteilen. Diese Umverteilung erfolgt heute jedoch nicht über Steuern und Abgaben, sondern über geldpolitische Maßnahmen der staatlich erzwungenen Niedrig- und Negativzinsen, der quantitativen Lockerung und des Ankaufs von Staatsanleihen durch die Zentralbanken. Es handelt sich um eine Form der verdeckten Umverteilung, die sich in einem schleichenden Sparverlust niederschlägt.
Um finanzielle Repression durchzusetzen, bedarf es einer fortschreitenden monetären Planwirtschaft, um Ausweichhandlungen der Bürger zu verhindern. Das heutzutage diskutierte Bargeldverbot ist ein Teilstück der voranschreitenden monetären Planwirtschaft. Vordergründig wird dies mit dem Zurückdrängen der Schattenwirtschaft begründet. Aber hauptsächlich sollen die Macht der Zentralbanken und des Staates gestärkt werden, welche die Wirksamkeit ihrer geldpolitischen Maßnahmen durch Ausweichhandlungen der Bürger gefährdet sehen. Denn die Freiheit der Bürger, die Zahlungsart und das Zahlungsmittel frei wählen zu können, beschränkt die Handlungsmöglichkeiten der Zentralbanken und der Regierungen und das sehr wirksam. Deshalb wird diese Freiheit bereits heute auf recht fragwürdige Weise eingeschränkt.
Nach Lawrence Summers und Kenneth Rogoff sollen die Bürger durch Maßnahmen der Niedrig- und Negativzinsen zu einer erhöhten Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen und die Banken zu einer höheren Kreditvergabe gezwungen werden, um die Konjunktur zu befördern. Unabhängig von der rechtlichen Fragwürdigkeit, die Bürger zu mehr Nachfrage zwingen zu wollen, dürften diese makroökonomischen Planungen bereits wegen ihrer fehlenden mikroökonomischen Fundierung zum Scheitern verurteilt sein.
Denn mikroökonomisch ist es möglich und rational, dass ein Bürger mit einer bestimmten Präferenz für seine Altersvorsorge aufgrund der Niedrig- oder sogar Negativzinsen seine Nachfrage weiter einschränkt, um das von ihm angestrebte oder zur Existenz einfach notwendige Altersvorsorgeniveau durch Sparen zu erreichen. Und mikroökonomisch ist es rational und sogar gesetzlich geboten, dass Unternehmen aufgrund der Niedrig- oder sogar Negativzinsen ihre Pensionsrückstellungen erhöhen müssen. Damit führt die makroökonomische Planung von mehr Nachfrage durch zentralgeplante Niedrig- und Negativzinsen aufgrund der fehlenden mikroökonomischen Fundierung zum Gegenteil des zentral Geplanten. Die allseits beklagte Investitionslücke dürfte ein Indiz dafür sein, dass dies zur Zeit der Fall ist.
Ein Bargeldverbot zur Komplettierung der monetären Planwirtschaft würde diesen Abwärtstrend noch verstärken. Die monetäre Planwirtschaft führt deshalb wie jede Planwirtschaft in die ökonomische Krise. Besonders gefährlich ist es, wenn diese ökonomische Krise nicht schlagartig und für alle sichtbar eintritt, sondern schleichend. Und ob die politischen Kräfte, die sich den weiteren Entwicklungen der monetären Planwirtschaft entgegenstellen, kurz- und mittelfristig Erfolg haben werden, ist leider offen.
Nichtsdestotrotz ist Fatalismus fehl am Platz. „Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, heißt es bei Hölderlin. Bleiben wir beispielsweise bei der Altersvorsorge und gehen wir davon aus, dass die öffentlichen Debatten über den demographischen Wandel bei vielen Bürgern ein Bewusstsein dafür geschaffen haben, dass sie für ihr Alter auch privat vorsorgen müssen. Dann werden sie früher oder später nach alternativen Sparformen suchen, die möglichst nicht von den geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbanken negativ betroffen sind. Über die Aktie als Sparform auch für den kleinen Mann ist deshalb in letzter Zeit viel geschrieben worden. Als Ergänzung zu Aktien ist aber auch Gold ein wichtiger Baustein. Es kann in Portfolien als Versicherung gegen Risiken dienen.
Die Suche nach alternativen Sparformen wird zudem früher oder später viele Menschen zur Suche nach alternativen Zahlungsmitteln jenseits des gesetzlichen Zahlungsmittels führen. Wenn Zahlungen mit einer Privatwährung wie Bitcoin oder einer privaten gold- oder silbergedeckten Währung oder anderen materiell gedeckten oder ungedeckten Privatwährungen besser möglich sind als mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel, dann könnten sie bald auch zur Wertaufbewahrung genutzt werden, was jeweils vom Grad der Volatilität der jeweiligen Währung abhängen wird.
Da derartige Entwicklungen die Macht der Zentralbanken und Regierungen enorm beschränken werden, sind gesetzliche Gegenmaßnahmen und erhöhte finanzielle Repression wahrscheinlich. Selbst der Besitz von Gold kann verboten werden. US-Präsident Roosevelt unterzeichnete am 5. April 1933 die Executive Order 6102, mit welcher der private Goldbesitz in den USA ab dem 1. Mai 1933 verboten wurde. Deshalb dürften in Zeiten finanzieller Repression nur solche Privatwährungen erfolgreich sein, die von der gesamten Anlage her de facto nicht verhindert werden können. Dies trifft insbesondere auf Kryptowährungen zu. Wenn man Bitcoin oder andere Kryptowährungen verhindern könnte, wäre Bitcoin mit Sicherheit heute schon verboten.
Insgesamt sollten wir die finanzielle Repression und die voranschreitende monetäre Planwirtschaft zum Anlass nehmen, sowohl über neue Sparformen als auch über neue Zahlungsmittel nachzudenken. Die Phase der Niedrig- und Negativzinsen und der finanziellen Repression wird noch länger andauern, denn politische Mehrheiten für eine Geldsystemreform in Richtung einer marktwirtschaftlichen Geldordnung sind leider noch nicht in Sicht. Die Verbraucher können aber schon heute kompetente Firmen drängen, Produkte für neue Sparformen und alternative Zahlungsmittel zu entwickeln und auf dem Markt anzubieten. Nur die Bürger sollten entscheiden, ob sie diese Produkte haben wollen oder nicht. Der Freiheit eine Gasse!