Seit jeher haben die Menschen bei der Inflation Zuflucht genommen. Ihre Anziehungskraft entsteht durch einen alten Irrtum: der Verwechslung von Geld und Reichtum. [Anm. d. Red.: Unter „Inflation“ versteht Hazlitt richtig die Ausweitung der Geldmenge relativ zur Gütermenge; was hingegen heute üblicherweise, aber nicht ganz korrekt, als „Inflation“ bezeichnet wird, nämlich der Anstieg der Preise, ist nur eine Folge davon.]
Die Inflation kann durchaus begünstigten Gruppen für kurze Zeit Vorteile verschaffen, aber nur auf Kosten anderer.
Bereits Adam Smith schrieb:
„Dass Reichtum in Geld oder in Gold und Silber besteht, ist eine verbreitete Ansicht, die sich aus der Doppelfunktion des Geldes ergibt, als dem Instrument des Handels und dem Maß für Reichtum. … Reich zu werden bedeutet, Geld zu haben, und Reichtum und Geld werden in der Alltagssprache kurzerhand als in jeder Beziehung gleichbedeutend betrachtet.“
Die naiven und die weniger naiven Inflationisten
Der tatsächliche Reichtum besteht nicht in Geld, sondern natürlich in dem, „was wir herstellen und verbrauchen“, sprich: Nahrung, Kleider, Häuser, Straßen, Flugzeuge usw. Doch die Doppeldeutigkeit, die Geld und Reichtum nicht trennt, hat zu Verwechslungen geführt. Unstrittig ist nur: Wer mehr Geld besitzt, kann mehr von anderen einkaufen. Hätte er doppelt so viel Geld, könnte er doppelt so viel damit kaufen usw. Die naivsten Inflationisten nehmen daher an, wir wären alle, „wenn der Staat nur mehr Geld drucken und an uns verteilen würde, um eben so viel reicher“.
Die weniger einfältigen Inflationisten wissen dagegen, dass der Staat nicht einfach alle Probleme lösen kann, indem er Geld druckt. Ihnen zufolge soll das zusätzliche vom Staat in Umlauf gebrachte Geld mengenmäßig irgendwie beschränkt werden. „Sie würden nur so viel drucken lassen, dass man damit gerade irgendein vermeintliches ‚Defizit‘ oder eine ‚Lücke‘ ausgleichen könnte. Es fehlt ständig an Kaufkraft, meinen sie, weil die Industrie irgendwie nicht genug Geld an die Beschäftigten verteilt“.
Schließlich gibt es noch jene Inflationisten mit etwas mehr Durchblick, die zwar wissen, „dass jede ins Gewicht fallende Erhöhung der Geldmenge die Kaufkraft der einzelnen Geldeinheit verringert, dass sie mit anderen Worten zu steigenden Güterpreisen führt. Aber das stört sie nicht. Es ist im Gegenteil gerade der Grund, warum sie die Inflation wollen.“ Sie begründen ihre Forderung nach Inflation mit unterschiedlichen Zwecken, wie einer Verbesserung der Position des Schuldners gegenüber den Gläubigern oder einer Anregung des Exports und Hemmung des Imports. Manche – die Keynesianer – halten die Geldvermehrung „für eine bedeutsame Maßnahme gegen eine Rezession, welche ‚die Wirtschaft wieder in Gang bringt‘ und ‚Vollbeschäftigung‘ schafft.“
Zwei falsche Theorien über den Einfluss der gestiegenen Geldmenge auf die Preise
Unter den unzähligen Theorien darüber, wie eine gestiegene Geldmenge (einschließlich der Bankkredite) die Preise beeinflusst, gibt es, wie eben deutlich wurde, zum einen jene, denen zufolge die Geldmenge lediglich ein Mittel ist, um „die ‚Kaufkraft‘ aller zu erhöhen, und zwar in dem Sinn, dass jeder dann mehr als vorher kaufen kann.“ Manche Vertreter dieser Richtung denken „nie daran, dass die Menschen insgesamt nur dann doppelt so viele Produkte kaufen können wie vorher, wenn auch doppelt so viele hergestellt werden.“ Andere wiederum „glauben, dass das Einzige, was einen unbegrenzten Produktionsanstieg bremst, nicht helfende Arbeitskräfte, Arbeitsstunden oder Produktivität sind, sondern lediglich mangelnde monetäre Nachfrage. Wenn, so meinen sie, die Leute etwas kaufen wollen und auch über das nötige Geld verfügen, werden fast automatisch mehr Waren hergestellt.“
Eine andere Gruppe, der einige bekannte Wirtschaftstheoretiker angehören, vertritt „eine streng mechanische Theorie über die Auswirkungen des Geldangebots auf die Warenpreise“. Hier wird die gesamte Geldmenge eines Landes der Gesamtheit der Güter gegenübergestellt. Gemäß dieser Theorie „muss der Wert der mit der ‚Umlaufgeschwindigkeit‘ multiplizierten Gesamtmenge des Geldes immer dem Wert der Gesamtmenge der gekauften Güter gleich sein.“ Verdoppelt man demnach die Menge des Geldes und der Bankkredite, so verdoppeln sich auch die Preise der Waren. Verdreifacht man die Geldmenge, so erhöht sich auch das Preisniveau um das Dreifache usw.
Der Inflationsprozess geschieht in mehreren Stadien
Anstatt auf alle Fehler dieser Theorien einzugehen, wozu hier der Platz fehlt, wollen wir anhand eines Beispiels aufzeigen, wie eine steigende Geldmenge die Preise in der Realität erhöht.
Wir nehmen an, die Geldmenge steigt, weil der Staat mehr ausgibt, als er Steuern einnimmt. Zusätzlich druckt der Staat Geld, um Rüstungsunternehmen zu bezahlen. Die erste Folge: die Preise der Rüstungsgüter steigen und ebenso das Geldeinkommen der Rüstungsunternehmer und ihrer Beschäftigen. Nennen wir die Rüstungsunternehmer und die dort Beschäftigen „Gruppe A“. Sie geben nun ihre höheren Geldeinkommen für Güter und Dienstleistungen, deren Anbieter (Gruppe B) nun höhere Preise aufgrund der gestiegenen Nachfrage verlangen können. Gruppe B wiederum kauft infolge der höheren Umsätze und Preise mehr Waren und Dienstleistungen von Gruppe C, die nun ihrerseits die Preise anheben kann und höhere Einkünfte erzielt, die sie bei Gruppe D ausgibt.
Dieser Prozess setzt sich fort, „bis die Preis- und Einkommenserhöhungen praktisch das ganze Land erfasst haben.“ In Geld ausgedrückt hat schließlich fast jeder ein höheres Einkommen. Nur das ist, wie sich gezeigt hat, nicht der einzige Effekt: Auch „die Preise der Waren und Dienstleistungen sind entsprechend gestiegen, wobei wir unterstellen, dass die Produktion der Güter und die Dienstleistungen nicht zugenommen haben. Das Land ist nicht reicher als vorher.“
Die ersten Gruppen, die das zusätzliche Geld erhalten, profitieren am meisten – zulasten der anderen
Dass sowohl Einkommen, wie auch Preise gestiegen sind, bedeutet aber nicht, „dass der relative oder absolute Reichtum und das Einkommen unverändert bleiben. Der Inflationsprozess berührt vielmehr mit Sicherheit das Geschick der einzelnen Gruppen unterschiedlich stark. Die ersten Gruppen, die das zusätzliche Geld erhalten, profitieren am meisten.“ Die Geldeinkommen von Gruppe A nehmen nämlich zu, bevor die Preise steigen. Sie kann fast im gleichen Verhältnis mehr kaufen. Die Geldeinkommen der Gruppe B hingegen erhöhen sich erst, nachdem die Preise schon etwas gestiegen sind. Zu diesem Zeitpunkt haben die Gruppen C und D noch gar kein zusätzliches Geld erhalten, müssen aber bereits die höheren Preise bezahlen.
In Zahlen ausgedrückt könnte man das folgendermaßen veranschaulichen:
Die Geldeinkommen von Gruppe A sind um 30 Prozent gestiegen, noch bevor die Preise der Waren, die sie kaufen, gestiegen sind. „Wenn die Geldeinkommen der Gruppe B um 20 Prozent zugenommen haben, haben die Preise erst um durchschnittlich 10 Prozent angezogen. Wenn die Geldeinkommen der Gruppe C jedoch erst um zehn Prozent gewachsen sind, haben sich die Preise schon um 15 Prozent erhöht. Und wenn die Geldeinkommen der Gruppe D noch gar nicht gestiegen sind, haben die Durchschnittspreise, die sie für die von ihr gekauften Waren zahlen muss, bereits um 20 Prozent zugenommen.“
Fazit: „Die Gewinne der ersten Gruppen, die von den höheren Preisen oder Löhnen der Inflation profitieren, sind also nur durch die Verluste möglich, welche die Gruppen (als Verbraucher) zu tragen haben, die als Letzte in der Lage sind, ihre Preise oder Löhne zu erhöhen.“
Wenn die Inflation nach einigen Jahren zum Stillstand gebracht worden ist, könnten die höheren Geldeinkommen und Preise durchaus auf alle Gruppen gleichmäßig verteilt sein. „Aber das macht nicht die Gewinne und Verluste der Übergangszeit rückgängig.“ Jede Gruppe kann nur so viele Güter und Dienstleistungen kaufen wie vor Beginn der Inflation. Gruppe C und können ihre Verluste nicht ausgleichen. „So erweist sich auch die Inflation nur als ein weiteres Beispiel unserer Hauptlektion. Sie kann durchaus begünstigten Gruppen für kurze Zeit Vorteile verschaffen, aber nur auf Kosten anderer.“
Langfristig hat die Inflation verheerende Folgen für die gesamte Gesellschaft
Auf die Gesellschaft als Ganze hat Inflation langfristig eine ganze Reihe sehr schädlicher Konsequenzen:
1. Inflation verzerrt das Produktionsgefüge
„Selbst eine verhältnismäßig schwache Inflation verzerrt das Produktionsgefüge. Sie führt zur übermäßigen Expansion einiger Branche zulasten anderer. Das bedeutet falschen Einsatz und Verschwendung von Kapital. Wenn die Inflation zusammenbricht oder zum Stillstand kommt, können die fehlgeleiteten Investitionen – seien es Maschinen, Fabriken oder Verwaltungsgebäude – keine angemessene Rendite abwerfen und büßen einen großen Teil ihres Wertes ein.“
2. Man kann eine Inflation nicht sanft einbremsen
„Die politischen Interessenverbände, die ihren Nutzen aus der Inflation gezogen haben, werden darauf bestehen, dass sie weitergaloppiert.“ Deshalb ist es nicht möglich, eine Inflation „an einem vorher festgelegten Punkt zum Stillstand zu bringen …. Denn die politischen und wirtschaftlichen Kräfte sind außer Kontrolle geraten.“
3. Inflation lässt sich nicht im Voraus bestimmen
„Darüber hinaus ist es nicht möglich, den Geldwert zu überwachen, wenn Inflation herrscht. Denn die Ursache ist, wie wir gesehen haben, nie rein mechanisch. Man kann zum Beispiel nicht im Voraus sagen, dass eine Verdopplung der Geldmenge sich in einer Halbierung des Wertes der betreffenden Geldeinheit niederschlägt.“
Der Geldwert hängt von der subjektiven Bewertung der Person, die Geld besitzt, ab. Für ihre Bewertung ist neben der Geldmenge auch die Qualität des Geldes ausschlaggebend. Mehrere Faktoren sind hier relevant, etwa ob ein Land Sieger oder Verlierer im Krieg ist, wie stark nach Einschätzung der Menschen die Geldmenge demnächst steigen wird, oder wie nach Meinung des Einzelnen alle anderen das Geld bewerten werden.
„Das erklärt auch, warum der Wert der Geldeinheit bei der galoppierenden Inflation sehr viel schneller fällt, als die Geldmenge zunimmt oder zunehmen kann. Ist dieses Stadium erst einmal erreicht, ist die Katastrophe fast komplett und das System bankrott.“
4. Der Irrglaube, Inflation hebe die Nachfrage und bringe die Wirtschaft in Schwung
Eines der häufigsten Argumente zugunsten der Inflation erklärt, Inflation [d.h. die Vermehrung der Geldmenge, Anm. d. Red.] bewahre vor wirtschaftlichem Stillstand und schaffe „Vollbeschäftigung“. Der Irrglaube, Inflation „halte die Räder der Wirtschaft in Schwung“, basiert in seiner einfacheren Form auf der alten Verwechslung von Geld und realem Reichtum, die vergisst, dass echte Kaufkraft in anderen Gütern besteht. Deshalb glaubt man, es werde durch neues Geld auch neue „Kaufkraft“ geschaffen, deren Auswirkungen „immer weitere Kreise ziehen und sich selbst multiplizieren“.
Güter werden aber nicht durch ein paar bedruckte Papierfetzen vermehrt. „Was grundsätzlich in einer Tauschwirtschaft geschieht, ist, dass die Produkte, die A herstellt, gegen die Produkte ausgetauscht werden, die B herstellt.“
5. Durch Inflation geschieht eine versteckte, unehrliche Senkung der Löhne
Inflation verändert das Verhältnis von Preisen und Kosten. Die wichtigste Veränderung besteht dabei darin, „die Güterpreise im Verhältnis zu den Löhnen zu erhöhen. Dadurch sollen die Unternehmergewinne gehalten und eine Wiederaufnahme der Produktion dort angeregt werden, wo es freie Ressourcen gibt, indem ein günstiges Verhältnis zwischen Preisen und Produktionskosten wiederhergestellt wird.“
Der direktere und ehrlichere Weg, um das zu erreichen wäre natürlich eine Senkung der nicht haltbaren Lohnsätze. Doch Befürworter der Inflation halten eine solche Senkung für politisch unmöglich oder sogar für „arbeiterfeindlich“, obwohl ihr eigener Vorschlag letztlich eine Täuschung der Beschäftigten durch Senkung der Reallöhne ist.
Diese Vorgangsweise funktioniert aber nicht. Die Gewerkschaften sind schon längst klüger geworden: „Denn gerade die Löhne der mächtigsten Gewerkschaften bedürften am ehesten einer Korrektur. Und mit Sicherheit werden diese Gewerkschaften darauf bestehen, dass ihre Löhne mindestens im gleichen Verhältnis steigen wie der Index der Lebenshaltungskosten.“ Und die „breite Masse der nicht organisierten Arbeiter … wird während der Übergangszeit daher durch den Preisanstieg noch mehr bestraft.“
6. Inflation löst die wahren Ursachen der Rezession nicht
Vertreter der Inflation lenken die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den wahren Ursachen der Rezessionen ab. Die Hauptursachen „sind meistens Fehlanpassungen innerhalb des Lohn-Kosten-Preis-Gefüges; Fehlanpassungen zwischen Löhnen und Preisen, zwischen Rohstoff- und Fertigwarenpreisen, zwischen zwei Preisen oder zwei Lohnansätzen. An irgendeinem Punkt haben diese Fehlanpassungen den Anreiz zur Produktion genommen oder es praktisch unmöglich gemacht, noch weiterzuproduzieren.“ Folglich braucht es eine Korrektur der Fehlanpassungen, damit die Produktion wieder in Schwung kommt und man zu Vollbeschäftigung zurückkehrt.
Eventuell kann die Inflation von Zeit zu Zeit solche Fehlanpassungen berichtigen, allerdings tut sie das „nicht offen und ehrlich“. Sie ist eine „unüberlegte und gefährliche Methode“, die einen „Schleier aus Illusionen“ über die wirtschaftlichen Vorgänge legt.
7. Inflation täuscht mehr Wohlstand vor als vorhanden ist
Die Täuschung, die durch Inflation entsteht, hängt – wie mehrfach erwähnt – mit unserer Angewohnheit zusammen, „unser Einkommen und unseren Reichtum in Geld auszudrücken.“ Man fühlt sich reicher, wenn man erfährt, das Volkseinkommen habe sich verdoppelt.
Eine Büroangestellte, deren Einkommen durch Inflation von 400 Dollar pro Woche auf 500 Dollar pro Woche gestiegen ist, glaubt, sie stehe jetzt besser da, auch wenn sich die Lebenshaltungskosten verdoppelt haben. Zwar ist die Büroangestellte nicht blind für den Anstieg der Preise, aber hätte man stattdessen ihr Gehalt bei gleichbleibenden Lebenshaltungskosten gesenkt, so wäre ihr die Veränderung ihrer Lage noch viel mehr bewusst gewesen, als so.
„Die Inflation ist die Autosuggestion, die Hypnose, das Betäubungsmittel, das der Operation die Schmerzen nimmt. Die Inflation ist Opium für das Volk. Und genau das ist ihr politische Funktion.“
8. Die Illusion, etwas für nichts zu bekommen
Die Annahme, öffentliche Arbeiten schaffen neue Arbeitsplätze, ist falsch (siehe Kapitel 3). Denn die Steuergelder, die in diese öffentlichen Arbeiten flossen, haben die Steuerzahler gleichzeitig weniger.
„Aber nehmen wir an, die öffentlichen Arbeiten werden nicht aus Steuereinnahmen finanziert. Unterstellen wir, die Mittel werden über die Defizitfinanzierung aufgebracht, das heißt durch Einnahmen aus Staatsverschuldung oder Rückgriff auf die Druckerpresse. Dann tritt das eben beschriebene Ergebnis anscheinend nicht ein. Die öffentlichen Arbeiten scheinen aus ‚neuer‘ Kaufkraft geschaffen worden zu sein. … Im Augenblick sieht es so aus, als habe das Land irgendetwas für nichts bekommen.“
9. Verfechter der Defizitfinanzierung setzen ein unrealistisches Verhalten der Politiker voraus
Das vom Staat geborgte Geld muss irgendwann zurückgezahlt werden. Wenn der Staat unbegrenzt Schulden aufhäuft, ist er irgendwann bankrott. Adam Smith schrieb 1776:
„Wenn Staatsschulden erst einmal in einem gewissen Umfang angesammelt sind, gibt es, wie ich glaube, kaum ein einziges Beispiel, das sie ehrlich und ganz zurückgezahlt worden wären. Die Rückführung der Staatsschulden ist, wenn überhaupt, immer durch einen Bankrott erfolgt; manchmal durch einen offen eingestandenen, aber immer durch einen echten Bankrott, wenngleich oft durch eine vorgetäuschte Zahlung.“
Um seine Schulden zurückzuzahlen, muss der Staat Steuern einheben zulasten von Arbeitsplätzen, Kaufkraft und Gesamteinkommen des Landes. Die Verfechter der Defizitfinanzierung sehen aber einen Ausweg aus diesem Dilemma. Sie erklären: „Die verantwortlichen Politiker geben das Geld selbstredend nur in Zeiten aus, die ansonsten durch Abschwung oder ‚Deflation‘ gekennzeichnet gewesen wären, und zahlen die Schulden prompt zurück, sobald Aufschwung oder ‚Inflation‘ herrscht.“
Doch das trifft nicht zur: „Das ist eine verführerische Geschichte, aber leider haben die verantwortlichen Politiker nie so gehandelt.“ Die Gründe liegen in der Unsicherheit wirtschaftlicher Voraussagen und in den politischen Zwängen: „Die Defizitfinanzierung begründet, wenn man sich einmal auf sie eingelassen hat, starke rechtmäßige Interessen, die eine Fortsetzung dieser Politik unter allen Umständen verlangen.“
Ohne einen ernsthaften Versuch zu machen, die Schulden zurückzuzahlen, suchen die Politiker Zuflucht bei der Inflation, was die oben beschriebenen Folgen nach sich zieht.
10. Inflation ist eine ungerechte, besonders schlimme Form der Besteuerung
Inflation schafft die Kosten der Schulden nicht aus der Welt. „Denn das Land insgesamt kann nicht etwas erhalten, ohne dafür zu bezahlen.“ Inflation kommt das Land in Wahrheit sogar besonders teuer:
„Die Inflation selbst ist eine Form der Besteuerung, vielleicht die schlimmstmögliche Form, denn sie trifft im Allgemeinen diejenigen am härtesten, die am schwächsten sind.“ Träfe die Inflation alle gleich, könnte man sich sie als einheitliche Umsatzsteuer für sämtliche Güter oder auch als Einheitssteuer für alle Einkommen zu einem einheitlichen Steuersatz vorstellen. Tatsächlich trifft die Inflation ja alle – ob arm oder reich – und ist gleichermaßen eine Steuer auf Ausgaben wie Ersparnisse.
„Doch die Situation ist noch schlimmer, weil die Inflation, wie wir gesehen haben, nicht alle gleichmäßig belastet und das auch gar nicht kann. Einige sind härter betroffen als andere. Die Armen werden in der Regel durch die Inflation prozentual höher besteuert als die Reichen, denn sie haben nicht die gleichen Möglichkeiten, sich durch spekulative Anläufe von Wertpapieren zu schützen.“ Ein weiterer Nachteil ist – wie schon aufzeigt: „Der Steuersatz der Inflation lässt sich nicht im Voraus bestimmen.“
11. Inflation ermuntert zu Leichtsinn
Wie jede andere Steuer, beeinflusst auch die Inflation unser Verhalten. „Sie untergräbt jegliche Vernunft und Sparsamkeit. Sie ermuntert zum Leichtsinn, zum Spielen und unbekümmerten Verschwenden. Oft ist es lohnender zu spekulieren als zu produzieren.“
Die Ungerechtigkeiten lassen die Menschen oft zu verzweifelten Mitteln greifen und nach totalitären Kontrollen rufen. Inflation „sät die Saat des Faschismus und Kommunismus.“
Die hier gebotene, exklusiv für die AUSTRIAN ESSENTIALS erstellte Kurzfassung von „Die 24 wichtigsten Regeln der Wirtschaft“ erscheint mit Erlaubnis des FinanzBuch Verlags, bei dem auch die deutsche Fassung der 1978 erschienenen aktualisierten Neuauflage des Klassikers erhältlich ist.