Vertreter von Sonderinteresseren legen Pläne zu ihren Gunsten vor. Diese erscheinen als so absurd, dass sich uneigennützige Beobachter nicht einmal bemühen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Paritätspreise sind eine besondere Vergünstigung. Sie sind eine Belastung für den Verbraucher.
Doch die Vertreter bleiben hartnäckig und heuern jahrelang Wirtschaftsfachleute und PR-Experten an, die mit Hilfe von Statistiken, Tabellen und Kurven der Öffentlichkeit ihre eigenen Pläne schmackhaft machen. Wenn die uneigennützigen Beobachter nun merken, dass tatsächlich die Gefahr der Verwirklichung dieser Pläne besteht, ist es meistens zu spät: „Sie können sich nicht in wenigen Wochen so intensiv mit dem Thema befassen wie die gekauften Experten, die dazu Jahre Zeit hatten. Sie werden beschuldigt, nicht informiert zu sein, und als Leute hingestellt, die sich erdreisten, über allgemein anerkannte Grundsätze zu diskutieren.“
Der New Deal verankerte Paritätspreise für Landwirtschaftsprodukte in den Gesetzen
So war es auch mit dem Gedanken von „Paritätspreisen“ für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Mit dem New Deal 1933 wurde er zum festverankerten Grundsatz in den US-amerikanischen Gesetzen.
Die Begründung lautete:
„Die Landwirtschaft ist die grundlegende und wichtigste Wirtschaftsform. … Darüber hinaus hängt das Wohlergehen aller anderen von dem des Bauern ab.“ Dies sei auch entscheidend für den Zusammenbruch von 1929 gewesen: Während die Preise für Industrieprodukte kaum sanken, fielen die Landwirtschaftspreise dramatisch. Deshalb verloren die Bauern an Kaufkraft und konnten keine Industrieprodukte mehr kaufen. Deshalb seien die Arbeiter in den Städten arbeitslos geworden und konnten umgekehrt keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse mehr kaufen. Gegen den Abschwung gab es dieser Behauptung zufolge nur mehr ein Mittel: „Man musste die Preise der landwirtschaftlichen Produkte den Preisen der Waren angleichen, die der Bauer kaufte. Diese Parität hätte es in den Jahren 1909 und 1914 gegeben, als es den Bauern gut gegangen war. Diese Preisrelation musste wiederhergestellt und für alle Zeiten beibehalten werden.“
Paritätspreise dienen Sonderinteressen, nicht öffentliche Interessen
Alle Ungereimtheiten dieser Argumentation aufzulisten würde zu weit führen. Zunächst gibt es keinen vernünftigen Grund, die Preisrelation eines bestimmten Zeitabschnitts als unantastbar oder als die normale hinzustellen. Im gewählten Zeitabschnitt (1909 bis 1914) waren die Vergleichpreise für die Landwirtschaft natürlich besonders günstig gewesen. Deswegen wurde dieser Zeitraum auch gewählt.
Das ist nicht der einzige Beleg, dass es hier nicht um einen von der Öffentlichkeit angeregten Wirtschaftplan handelt, sondern um „ein Instrument, Sonderinteressen zu subventionieren“. Denn wenn die Preisrelation dieses Zeitabschnitts für alle Ewigkeit hätte beibehalten werden müssen, warum dann nicht auch alle anderen Preisrelationen dieses Zeitabschnitts? Doch die Verfechter weigerten sich den Grundsatz generell anzuwenden. Und: Sobald die Landwirtschaftspreise über dem Paritätspreis lagen, forderte Farmerlobby nicht deren Senkung. Man sieht: „Es ist ein Mechanismus, der nur in eine Richtung wirkt.“
Eine Forderung ist voller Ungereimtheiten und undurchführbar
Konsequent umgesetzt führt die Forderung der Preisparität zu absurden Folgen: 1912 kostete ein offener 6-Zylinder-Chevrolet 2150 US-Dollar. 1942 kostete eine 6-zylindrige Chevrolet-Limousine mit „nicht mehr vergleichbaren Verbesserungen“ 907 US-Dollar. Ihr Paritätspreis wäre aber 3270 US-Dollar gewesen. Ein Pfund Aluminium kostete zwischen 1909 und 1913 durchschnittlich 22,5 Cents, im Jahr 1946 14 Cents, der „Paritätspreis“ wäre 41 Cents gewesen. Würde man den Vergleich auf noch spätere Zeiträume übertragen, müsste man die starke Inflation und die qualitativen Unterschiede der Autos berücksichtigen. Das allein unterstreicht die Undurchführbarkeit des Vorschlags.
Darüber hinaus wurden die niedrigeren Landwirtschaftspreise auch durch Produktivitätssteigerungen verursacht. Zum Beispiel wurden zwischen 1909 und 1914 durchschnittlich 188 Pfund Baumwolle pro Morgen geerntet, zwischen 1938 und 1944 waren es 260 Pfund, zwischen 1954 und 1960 428 Pfund, und 1968 bis 1972 467 Pfund. Ebenso war es bei Weizen und Getreide. Ebenso sanken die Produktionskosten für landwirtschaftliche Produkte dank verbesserter Anwendung von Kunstdünger, besseren Saatguts und steigender Mechanisierung. All das haben die Verfechter der „Paritätspreise“ ausgeblendet.
Künstlich erhöhte Lebensmittelpreise nützen den Bauern nicht
Der grundlegende Irrtum war aber ein anderer: „Das ist die Behauptung, dass der Bauer, wenn er höhere Preise für seine Produkte erzielt, mehr von der Industrie kaufen kann, wodurch er ihr zum Aufschwung verhilft und für Vollbeschäftigung sorgt.“ Die Industrie profitiert nämlich überhaupt nicht von der künstlich erhöhten Kaufkraft der Bauern.
„Alles hängt … davon ab, wie diese höheren Preise zustande kommen.“ Nun kommen sie durch Eingriff des Staates zustande, nicht etwa durch höhere Kaufkraft der städtischen Arbeiter, durch wirtschaftliche Belebung, gestiegenen Wohlstand des Handels oder durch erhöhte industrielle Produktion. Wären die höheren Preise so zustande gekommen, könnten sie tatsächlich mehr Wohlstand für alle bedeuten, nicht nur für die Bauern. Nur das sind sie nicht.
Der Staat kann Preise künstlich erhöhen indem er höhere Preise anordnet, indem er Landwirtschaftsprodukte durch Paritätspreise kauft, oder Beschränkungen hinsichtlich des Umfangs der landwirtschaftlichen Produktion durchsetzt, oder indem er den Bauern für ihre Ernteerträge Geld leiht, damit sie ihre Produkte vom Markt länger fernhalten können, bis sich ein paritätischer Preis bildet. Schließlich kann der Staat eine Kombination aus all dem tun.
Für die Arbeiter bedeutet das nichts Gutes:
Die Befürworter dieser vom Staat erzwungenen Erhöhung der Landwirtschaftspreise denken nur an die unmittelbaren Auswirkungen auf die Bauern, die wohlhabender werden und mehr Industrieprodukte kaufen. Aber etwas anderes sehen sie nicht:
Aufgrund der erhöhten Preise für Landwirtschaftsprodukte zahlt der Arbeiter mehr. „Wenn der Bauer einen Dollar Kaufkraft mehr hat und damit Industrieprodukte kaufen kann, hat der Arbeiter in der Stadt genau diese einen Dollar Kaufkraft weniger, um seinerseits Industrieprodukte kaufen zu können. Per Saldo hat die Industrie nichts hinzugewonnen. Sie verliert bei ihren Verkäufen an die Städter genauso viel, wie sie durch die Verkäufe an die Bauern gewinnt.“
Die Maßnahmen ändern die Absatzstruktur und bewirken einen Nettoverlust
Die Wahrheit ist: Es verändert sich nur die Absatzstruktur. Die Hersteller landwirtschaftlicher Geräte und die Versandhäuser machen jetzt bessere Geschäfte. In Summe richten die Maßnahmen aber nicht nur keinen Nettogewinn, sondern einen Nettoverlust an. Es ist nämlich nicht nur so, dass die Kaufkraft von den Verbrauchern in der Stadt zu den Bauern verlagert wird. Eine weitere Folge ist häufig die Drosselung der landwirtschaftlichen Produktion zwecks Erhöhung der Preise. „Und das bedeutet Zerstörung von Wohlstand.“ Beispielsweise verordneten die beiden Agricultural Adjustment Acts von 1933 und 1938 eine Anbaubeschränkung, um die Produktion einzudämmen und die Preise zu erhöhen. Das Ergebnis: Es stehen weniger Nahrungsmittel zur Verfügung.
Auch dem Bauern nützt dies im Endeffekt nichts: Wenn er seine Produktion einschränkt, erhält er zwar höhere Preise, doch ebenso produziert und verkauft er weniger. „Sein Einkommen wächst also nicht im selben Maß wie die Preise.“ Fazit: „Es hilft den Bauern mit anderen Worten nicht, sondern verringert nur noch mehr die Kaufkraft der Arbeiter in den Städten und anderer Bevölkerungsgruppen.“
Auch die Zölle können die Paritätspreise nicht rechtfertigen
Es gibt aber noch ein anderes Argument, mit dem die Paritätspreise für die Bauern gerechtfertigt wurden: Die Paritätspreise sollen die Bauern für die Schutzzölle entschädigen, durch die sie besonderst stark getroffen wurden. Wegen der Zölle mussten die Bauern höhere Preise für Industrieprodukte bezahlen. Demnach sei das Paritätssystem der Landwirtschaft das „Gegenstück zu den Zöllen“.
Zunächst: Die Bauern waren von den Schutzzöllen tatsächlich stärker betroffen, als ihnen bewusst war, unter anderem wegen Rückgangs der Landwirtschaftsexporte, da die Zölle „verhinderten, dass die Ausländer die Dollardevisen bekamen, die sie zum Kauf amerikanischer Landwirtschaftserzeugnisse brauchten. Und außerdem provozierten sie Vergeltungszölle in anderen Ländern.“
Nur enthält auch dieser Gedankengang einen Denkfehler: „Es gibt keinen allgemeinen Zoll. Es gibt im Binnen- wie im Außenhandel zahllose Wirtschaftszweige, die keinerlei Schutz durch Zölle kennen.“ Der Arbeiter in der Stadt wird zweimal geschröpft, wenn er zuerst wegen eines Zolls höhere Preise zahlen muss und dann wegen der Paritätspreise. Für ihn bedeuten Paritätspreise gerade das Gegenteil eines Ausgleichs. Es ist eine unlösbare Aufgabe, alles anzugleichen, allen den gleichen Schutz zu gewähren, indem alle gleich geschützt und subventioniert werden. „Wir müssten allen den gleichen Prozentsatz (oder Geldbetrag) bei den Schutzzöllen oder den Subventionen gewähren und wüssten nie, ob wir einige Gruppen nicht doppelt bedenken und andere auslassen.“ Und selbst wenn es mögliche wäre: Wer hätte dann am Ende den Vorteil? Es gebe nur „einen Schwarm nutzloser Bürokraten mehr, die alle ungemeine geschäftig wären“.
Die einfachste Art, die Angelegenheit zu beenden wäre, sowohl das Paritätspreissystem wie auch die Schutzzölle abzuschaffen. Beide zusammen bringen keinen Ausgleich. „Die Koppelung der beiden Systeme bedeutet nur, dass der Bauer A und der Fabrikant B auf Kosten des vergessenen Herrn C profitieren.“
Die hier gebotene, exklusiv für die AUSTRIAN ESSENTIALS erstellte Kurzfassung von „Die 24 wichtigsten Regeln der Wirtschaft“ erscheint mit Erlaubnis des FinanzBuch Verlags, bei dem auch die deutsche Fassung der 1978 erschienenen aktualisierten Neuauflage des Klassikers erhältlich ist.