Eine Sonderform der Preiskontrolle sind Mietpreisbindungen für Häuser und Wohnungen. Oft werden sie durch ein Sondergesetz verfügt. Der Anlass dafür war oft der Beginn eines Kriegs: Heeresposten bezogen in einer Kleinstadt Quartier, was die Mieten steigen ließ. Die Auswirkungen der Überwachung von Mieten sind im Wesentlichen dieselben wie bei anderen Preiskontrollen, doch es gibt ein paar Besonderheiten.
Die Auswirkungen der Mietpreisbindung verschlimmern sich, je länger sie andauert.
Das Hauptargument für die Mietpreisbindung besagt im Wesentlichen, „dass das Angebot an Wohnraum nicht ‚elastisch‘ ist. Das heißt, eine Verknappung von Wohnraum kann nicht sofort ausgeglichen werden, egal wie hoch man die Mieten steigen lässt. Daher, so wird erklärt, verbietet der Staat eine Erhöhung der Mieten und schützt dadurch die Mieter vor Wucher und Ausbeutung, ohne den Vermietern Schaden zuzufügen und den Bau neuer Wohnungen zu behindern.“
Dieses Argument ist falsch, selbst wenn die Mietpreisbindung nur vorübergehend in Kraft ist.
Die Mietpreisbindung begünstigt Hausbesitzer in der Innenstadt und diskriminiert die Randbezirke
Zunächst wird eine unmittelbare Folge dieser Maßnahme übersehen: „Wenn man den Wohnungseigentümern erlaubt, die Mieten zu erhöhen, um eine Geldinflation auszugleichen oder den echten Bedingungen von Angebot und Nachfrage zu entsprechen, so werden sich die einzelnen Mieter einschränken und sich mit weniger Wohnraum zufriedengeben. Das ermöglicht anderen ebenfalls den knappen Wohnraum zu nutzen. Die gleiche Anzahl Wohnungen bietet jetzt mehr Menschen Platz, bis der Engpass beseitigt ist.“
Umgekehrt fördert die Mietpreisbindung die Verschwendung von Wohnraum, was Besitzer von Häusern und Wohnungen in der Innenstadt begünstigt, Menschen in den Randbezirken hingegen diskriminiert.
Weniger Neubauten mit künstlich teuren Mieten und Wohnraumverschwendung bei den Altbauten
In weiterer Folge führt die Mietpreisbindung noch zu anderen Ergebnissen: „Neue Wohnungen werden nicht gebaut, weil der Anreiz dazu fehlt. Bei steigenden Baupreisen (meist eine Folge der Inflation) werfen die auf dem alten Stand gehaltenen Mieten keinen Gewinn mehr ab.“ Wenn der Staat daraufhin Neubauten von der Mietpreisbindung ausnimmt, ist der Anreiz zum Bau neuer Wohnungen dennoch geringer:
„Je nach dem Ausmaß der Geldentwertung seit dem Einfrieren der alten Mieten könnten Mieten für Neubauten zehn- oder zwanzigmal so hoch wie für den entsprechenden alten Wohnraum sein. (Das geschah zum Beispiel nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich.) Unter solchen Bedingungen sind Mieter von Altbauten nicht zu einem Auszug zu bewegen“. Sie werden zur Verschwendung von Wohnraum geradezu herausgefordert. „Dadurch konzentriert sich der unmittelbare Druck der neuen Nachfrage auf die relativ wenigen neuen Wohnungen. Das treibt die Mieten dort am Anfang tendenziell auf ein höheres Niveau, als es auf einem völlig freien Wohnungsmarkt erreicht worden wäre.“
Dennoch werden in Folge zu wenige neue Wohnungen gebaut. Da die Besitzer oder Erbauer bestehender Wohnungen nämlich weniger Gewinn oder sogar Verluste machen, fehlt ihnen das Kapital zum Bau neuer Häuser. Darüber hinaus müssen sie – und ebenso Anleger mit Kapital aus anderen Quellen – zu Recht fürchten, dass der Staat früher oder später die Mietpreisbindungen auf Neubauten ausdehnen wird.
Schlechtere Instandhaltung, wachsende Spannungen zwischen Mieter und Vermieter
Wo keine Mietsteigerungen erlaubt sind, kümmern sich die Wohnungsbesitzer weniger um einen Umbau oder eine Verbesserung der Wohnung. Für die ausreichende Instandhaltung fehlt ihnen der wirtschaftliche Anreiz oder schlicht das nötige Geld.
Eine weitere Konsequenz: Es entsteht Feindseligkeit zwischen Wohnungseigentümern, die nur minimale Erträge oder Verluste hinnehmen müssen, und Mietern, die sich über die Versäumnisse der Eigentümer ärgern.
Die Abschaffung der Mietpreisbindung für Luxuswohnungen verschlechtert die Situation der Sozialwohnungen
Oft werden im nächsten Schritt „Luxuswohnungen“ von der Mietpreisbindung herausgenommen. „Als Argument wird angeführt, dass die reichen Mieter es sich leisten können, höhere Mieten zu zahlen.“
Mit dieser Maßnahme wird jedoch langfristig genau das Gegenteil dessen erreicht, was ihre Befürworter eigentlich beabsichtigten. „Die Bauherren und Besitzer von Luxuswohnungen werden ermuntert und belohnt“, denn sie dürfen nun so hohe Gewinne machen, wie es der Markt zulässt. Die „Bauherren und Besitzer der dringender gebrauchten billigen Mietwohnungen werden abgeschreckt und bestraft“.
Ergebnis: Es besteht hohe Motivation Luxuswohnungen instand zu setzen und private Häuser in Luxuswohnungen umzuwandeln. Billige Mietwohnungen sind gleichzeitig knapp und in einem immer schlechteren Zustand, denn der Anreiz, billige Mietwohnungen für Einkommensschwache zu bauen oder gar instand zu halten, fehlt. „Wo die Bevölkerung zunimmt, werden Sozialwohnungen immer schlechter und knapper werden.“
Im Extremfall werden Wohngebiete zu Slums
Mitunter kann es soweit kommen, dass Wohnungsbesitzer nicht nur keine Gewinne mehr machen, sondern Verluste. Eventuell können sie ihren Besitz nicht einmal mehr verschenken. „Möglicherweise geben sie ihn auf und tauchen einfach unter, damit sie nicht noch wegen der Steuern belangt werden können. Wenn die Wohnungseigentümer nicht mehr für Heizung und andere Dienstleistungen sorgen, sind die Mieter gezwungen auszuziehen. Immer größere Wohngebiete verkommen zu Slums.“
Aufgegebene Wohnblocks wurden so in New York zum alltäglichen Bild. Um weiterer Zerstörung durch Gangs vorzubeugen, wurden die Fenster zugenagelt. „Immer öfter kommt es zu Brandstiftungen, bei denen die Hausbesitzer verdächtigt werden.
Die Städte geben dem Kapitalismus die Schuld und bauen selbst Mietwohnungen mit Steuergeld
„Eine weitere Auswirkung ist, dass die Einnahmen der Städte versiegen, da der Vermögenswert und damit die Besteuerungsgrundlage immer weiter sinken. Städte gehen bankrott oder können die notwendigsten Dienstleistungen nicht mehr erbringen.“
Doch statt den Fehler einzugestehen, klagen die Städte nun über das kapitalistische System und machen das private Unternehmertum, das angeblich versagt habe, verantwortlich. „Daher, so ihr Schluss, muss der Staat einschreiten und selbst preiswerte Mietwohnungen bauen. So war es in fast allen Ländern, die am Zweiten Weltkrieg beteiligt waren oder die Mietpreisbindung mit dem Ziel eingeführt hatten, der Inflation entgegenzuwirken.“
Ergebnis: „Der Staat kurbelt also ein gigantisches Wohnungsbauprogramm an – auf Kosten der Steuerzahler. Die Wohnungen werden zu einem Preis vermietet, der weder die Bau- noch die Betriebskosten deckt.“ Der Staat zahlt typischerweise Subventionen, entweder an die Mieter in Form niedriger Mieten, oder an die Bauherren. „Gleichgültig für welchen Weg man sich entscheidet, die Mieter dieser Wohnungen werden von der übrigen Bevölkerung subventioniert.“
Dies eröffnet weitere politische Möglichkeiten der Bevorzugung eines Teils der Bevölkerung: „Es wird ein Interessenverband gebildet, der der Meinung ist, dass die Steuerzahler ihm diese Subvention völlig zu Recht schulden. Ein weiterer, nicht mehr rückgängig zu machender Schritt zum totalen Wohlfahrtsstaat ist getan.“
Je ungerechter die Mietpreisbindung, desto schwerer ist sie abzuschaffen
„Reihenweise haben die Länder eine ruinöse Mietpreisbildung beibehalten, nachdem andere Formen der Preiskontrolle schon jahrelang aufgegeben worden waren.“ Der Grund: „Je unrealistischer und ungerechter … die Mietpreisbindung ist, desto schwieriger ist es politisch, sie abzuschaffen.“ Betragen die gesetzlich festgelegten Mieten rund 95 Prozent der am freien Markt erzielbaren Höhe, dann müssten die Mieter im Falle einer Aufhebung der Mietpreisbindung nur 5 Prozent mehr zahlen. Betragen die festgelegten Mietsätze aber nur zehn Prozent der vergleichbaren Mieten auf dem freien Markt, so würde einer Abschaffung der Mietpreisbindung einen Aufschrei im Land auslösen. „Ironischer Höhepunkt der Mietpreisbindung ist, dass die Politiker umso leidenschaftlicher für ihre Fortführung eintreten, je unrealistischer, rigoroser und ungerechter sie ist.“
Je unrealistischer die Mietpreisbindung, desto eher wird das Angebot an Mietwohnungen zu knapp: „Denn gerade die Tatsache, dass die gesetzlich begrenzten Mieten so weit unter den Mieten des freien Marktes gehalten werden, erhöht künstlich die Nachfrage nach Mietwohnungen, während sie gleichzeitig jeder Erweiterung des Angebots entgegenwirkt. Je niedriger also die Obergrenzen der Mieten gehalten wird, desto sicherer ist es, dass Mietwohnungen oder -häuser weiter ‚knapp‘ bleiben.“
Mietpreisbindung ist eine schreiende Ungerechtigkeit, deren Folgen aber nicht gleich bemerkbar sind
Die Wohnungseigentümer werden „gezwungen, die von ihren Mietern gezahlten Mieten zu subventionieren, oft unter Inkaufnahme eigener großer Nettoverluste.“ Dabei sind die subventionierten Mieter mitunter sogar wohlhabender als die Vermieter. Man fügt den Wohnungseigentümern so eine „schreiende Ungerechtigkeit“ zu: „Die ganze Last liegt einzig und allein auf der kleinen Gruppe jener Personen, die so verwerflich waren, Mietwohnungen zu bauen oder zu besitzen.“
Doch die „Politiker, die wissen, dass die Mieter mehr Wähler stellen als die Wohnungsbesitzer, setzen die Mietpreisbindung eiskalt fort, auch wenn sie inzwischen längst gezwungen worden sind, die allgemeinen Preiskontrollen abzuschaffen.“ Doch bei anderen Preiskontrollen machen sich die Nachteile sofort bemerkbar. „Wenn Artikel des täglichen Bedarfs, wie beispielsweise Brot, einer unsinnigen Preiskontrolle unterworfen werden, können sich die Bäcker einfach weigern, weiter Brot zu backen.“ Die sofortige Verknappung zwingt die Politiker, den Höchstpreis wieder anzuheben. „Aber Häuser sind dauerhaft. Es kann Jahre dauern, bis die Mieter die Folgen einer wohnbaufeindlichen Politik bemerken, die auch den Anreiz zur Instandhaltung der Häuser nimmt.“
Wieder einmal zeigt sich: Der Druck zur Einführung von Mietpreisbindungen „geht von denen aus, die nur die kurzfristigen angeblichen Vorteile für eine Bevölkerungsgruppe sehen. Wenn wir aber auch die langfristigen Auswirkungen auf alle anderen Bürger einschließlich der Mieter berücksichtigen, erkennen wir, dass die Mietpreisbindung nicht nur nutzlos ist, sondern auch mit zunehmender Härte und Dauer immer größeren Schaden anrichtet.“
Die hier gebotene, exklusiv für die AUSTRIAN ESSENTIALS erstellte Kurzfassung von „Die 24 wichtigsten Regeln der Wirtschaft“ erscheint mit Erlaubnis des FinanzBuch Verlags, bei dem auch die deutsche Fassung der 1978 erschienenen aktualisierten Neuauflage des Klassikers erhältlich ist.