Ein Bub schlägt – ob aus Absicht oder aus Versehen – eine Fensterscheibe ein. Der Besitzer ist empört. Doch schon melden sich die Stimmen, die in dieser Zerstörung einen volkswirtschaftlichen Nutzen sehen. Ihre Begründung: Nun muss ja der geschädigte Besitzer eine neue Fensterscheibe kaufen. Davon profitiert wiederum der Glaser.
Die Leute sehen nur, was unmittelbar ins Auge fällt.
Dass die Glasindustrie von diesem Vorfall einen Nutzen hat, stimmt: „Der Glaser wird kommen, er wird sich darum kümmern, sechs Franc erhalten, sich die Hände reiben und das missratene Kind von Herzen segnen. Dies ist, was man sieht.“ Doch für die Volkswirtschaft ist das nicht die einzige Folge:
„Wenn man so ableitet — wie man es allzu häufig tut — dass es gut ist, Scheiben zu zerschlagen, dass das Geld in Umlauf bringt, dass dadurch die Industrie im Allgemeinen gefördert wird, sehe ich mich gezwungen aufzuschreien: Haltet ein! Ihre Theorie bleibt bei dem stehen, was man sieht, sie berücksichtigt nicht, was man nicht sieht.“
Der verengte Blick auf den Besitzer der zerbrochenen Fensterscheibe, der dem Glaser sechs Franc zahlt, übersieht, was mit den sechs Franc sonst noch hätte geschehen können: „Man sieht nicht, dass unser Bürger, weil er sechs Franc für eine Sache ausgegeben hat, sie nicht mehr für eine andere ausgeben kann. Man sieht nicht, dass er, hätte er nicht die Scheibe reparieren müssen, zum Beispiel seine abgelaufenen Schuhe ersetzt oder ein Buch mehr in seine Bibliothek gestellt hätte. Kurz, er hätte mit diesen sechs Franc irgendetwas gemacht, was er nun nicht macht.“ Mit anderen Worten: „Wäre die Scheibe nicht zerbrochen, wäre die Schuhindustrie (oder eine andere) in Höhe von sechs Franc gefördert worden. Dies ist, was man nicht sieht.“
Ein guter Ökonom denkt auch an den Schuster (oder eine andere Industrie), dessen Arbeit aus demselben Grund ebenso viel verliert, wie der Eigentümer des Fensters. „Diese dritte Person hält man beständig im Schatten; sie personifiziert, was man nicht sieht, und ist ein notwendiger Teil des Problems. Sie ist es, die uns verstehen lässt, wie absurd es ist, in einer Zerstörung einen Gewinn zu sehen.“
Man sieht: Um richtige Schlussfolgerungen für die Volkswirtschaft zu ziehen, genügt nicht der Blick auf die unmittelbaren Folgen. Wer bei Handlungen und Gesetzen auch die weitreichenderen Konsequenzen berücksichtigt, gelangt daher auch nicht zum Schluss, Zerstörung sei für die Volkswirtschaft Gewinn: Da der geschädigte Bürger „Teil der Gesellschaft ist, muss man schließen, dass die Gesellschaft im Ganzen, in der Bilanz ihrer Arbeiten und Nutznießungen, den Wert der zerbrochenen Scheibe verloren hat. Wodurch wir verallgemeinernd zu dem unerwarteten Schluss kommen: Die Gesellschaft verliert den Wert unnütz zerstörter Güter, sowie zu dem Lehrsatz, der den Protektionisten schwer im Magen liegen wird: Zerschlagen, zerbrechen und zerstören heißt nicht, die nationale Arbeit fördern, oder kürzer: Zerstörung ist kein Gewinn.“
Fazit: Durch die zerstörte Fensterscheibe ist keine zusätzliche Beschäftigung entstanden. Das wird deutlich, sobald man auch den Schuster im Blick hat, für den die zerstörte Fensterscheibe ebenfalls eine Einbuße bedeutet.
Anmerkung der Redaktion: Die sehr kurzen Ausführungen Hazlitts werden hier mit Zitaten aus der Originalversion von Frédéric Bastiat ergänzt.
Die hier gebotene, exklusiv für die AUSTRIAN ESSENTIALS erstellte Kurzfassung von „Die 24 wichtigsten Regeln der Wirtschaft“ erscheint mit Erlaubnis des FinanzBuch Verlags, bei dem auch die deutsche Fassung der 1978 erschienenen aktualisierten Neuauflage des Klassikers erhältlich ist.