Der Wert ist, wie sich gezeigt hat, rein subjektiver Natur: Ein Ding kann für ein bestimmtes Individuum einen Wert haben, für ein anderes wirtschaftendes Individuum unter anderen Verhältnissen hingegen keinen. Doch ebenso ist auch das Maß des Wertes rein subjektiv. Ein Gut kann „je nach Verschiedenheit des Bedarfs und der verfügbaren Menge, für ein wirtschaftendes Subjekt einen großen, für ein anderes einen geringen, für ein drittes sogar keinen Wert haben. Was der eine verschmäht, oder gering achtet, wird von dem andern gesucht“.
Der Wert ist ... nicht nur seinem Wesen, sondern auch seinem Maße nach subjektiver Natur.
Somit haben die Güter nicht nur ausschließlich für bestimmte wirtschaftende Subjekte Wert, sondern für diese auch jeweils einen bestimmten Wert. „Der Wert ist demnach nicht nur seinem Wesen, sondern auch seinem Maße nach subjektiver Natur.“ Er ist gleich „der Bedeutung jener Bedürfnisbefriedigung …, rücksichtlich welcher das betreffende Individuum von der Verfügung über das in Rede stehende Gut abhängig ist“.
Der Arbeitsaufwand zur Herstellung eines Gutes hat keinen Einfluss auf dessen Wert
Die Meinung, der jeweilige Güterwert werde durch den jeweiligen Arbeitsaufwand oder durch die Güter höherer Ordnung bestimmt, ist falsch. Beide – die Menge an Arbeit und die Güter höherer Ordnung – haben auf den Wert der Güter, die sie herstellen, „weder einen notwendigen, noch auch einen unmittelbar maßgebenden Einfluss“. So haben nicht selten Güter, die durch viel Arbeit erzeugt wurden, keinen Wert, andere, auf welche keine Arbeit verwandt wurde, hingegen einen großen. Ein Gut, auf das keine Arbeit verwandt wurde, kann den gleichen Wert haben, wie ein Gut, das mit viel Arbeitsaufwand hergestellt wurde.
Nicht ökonomische Güter (z.B. Holz im Urwald) erlangen nicht dadurch Wert, dass Arbeit oder sonstige ökonomische Güter zu ihrer Erzeugung herangezogen werden. Für den Wert eines Diamanten ist es unerheblich, ob er zufällig gefunden oder nach 1000 Arbeitstagen in einer Diamantengrube gewonnen wurde. In der Praxis fragt „niemand nach der Geschichte der Entstehung eines Gutes”, jeder hat bei der Beurteilung des Wertes eines Gutes „lediglich die Dienste im Auge …, welche ihm dasselbe leisten wird, und deren er entbehren müsste, sofern er über das betreffende Gut nicht verfügen könnte.” Durch den Vergleich zwischen Güterwert und Produktionsaufwand lässt sich lediglich feststellen, ob die Produktionsmittel in der Vergangenheit ökonomisch zweckmäßig eingesetzt worden sind, nur ändert sich der Güterwert nicht durch den Produktionsaufwand.
Ebenso wenig können jene Arbeit und jene Produktionsmittel, die zur Reproduktion der Güter verwendet werden, maßgebend für deren Wert sein, wie manche meinen. „Es gibt eine große Anzahl von Gütern, die sich nicht reproduzieren lassen (z.B. Antiquitäten, Gemälde alter Meister etc.).“ Mitunter kann auch der Wert der zur Reproduktion erforderlichen Produktionsmittel höher sein als jener des Produktes selbst, manchmal auch niedriger.
Fazit: Maßgebend für den Güterwert ist ausschließlich „die Größe der Bedeutung jener Bedürfnisbefriedigungen, rücksichtlich welcher wir von der Verfügung über ein Gut abhängig zu sein uns bewusst sind, denn dieses Prinzip der Wertbestimmung gilt für alle Fälle der Werterscheinung und ist keine Ausnahme hiervon im Bereich der menschlichen Wirtschaft vorhanden.“
Das Maß des Wertes ist nicht unsere Willkür, denn wir können hinsichtlich des Wertes auch irren
Bedürfnisbefriedigungen haben jeweils unterschiedliche Bedeutung für uns. Doch das Maß dieser Bedeutung befindet sich „nicht in unserer Willkür, sondern vielmehr in der von unserer Willkür unabhängigen Bedeutung, welche jene Bedürfnisbefriedigung für unser Leben, oder für unsere Wohlfahrt hat.“
Wie bereits dargestellt haben für die Menschen jene Bedürfnisbefriedigungen die höchste Bedeutung, von denen ihr Leben abhängt, gefolgt von jenen, von welchen ihre Wohlfahrt abhängt, deren Grad von der jeweiligen Intensität und Dauer abhängt. Freilich unterliegt diese Bedeutung der verschiedenen Akte zur Bedürfnisbefriedigung auch noch der Beurteilung des Menschen, die, wie jede Erkenntnis, fehlerhaft sein kann.
Verfallen demnach die Menschen schon in Bezug auf die Erkenntnis des subjektiven Moments der Wertbestimmung nicht selten dem Irrtum, wo es sich doch lediglich um die Betrachtung ihrer persönlichen Zustände handelt, so liegt der Irrtum noch viel näher überall dort, wo es sich um die Erkenntnis des objektiven Moments der Wertbestimmung ... handelt.
Menschen können aufgrund von fehlerhafter Erkenntnis die Bedeutung der einzelnen Bedürfnisbefriedigungen verkennen. Zuweilen lassen sie sich dazu verleiten, vorübergehenden aber intensiven Genüssen eine zu hohe Bedeutung für ihre Wohlfahrt beizumessen, länger anhaltenden, aber weniger intensiven Bedürfnisbefriedigungen hingegen eine zu geringe Bedeutung für ihre dauernde Wohlfahrt. In all diesen Fällen irren sich die Menschen in der Beurteilung ihrer persönlichen Zustände, d.i. des subjektiven Moments der Wertbestimmung.
Ebenso können sich Menschen in Hinblick auf das objektive Moment der Wertbestimmung irren, also bei der Erkenntnis der Größe der ihnen verfügbaren Quantitäten und ihrer verschiedenen Qualitäten. Das Gebiet der Wertbestimmung ist somit mannigfaltigen Irrtümern ausgesetzt.
Wertschwankungen haben somit verschiedene Ursachen. Sie liegen nicht nur im Wechsel der Bedürfnisse, der verfügbaren Güterquantitäten oder ihrer Beschaffenheit, sondern ebenso „in einer modifizierten Erkenntnis der Bedeutung …, welche die bezüglichen Güter für unser Leben und unsere Wohlfahrt besitzen.“
- Der Wert eines Gutes ist „nicht nur seinem Wesen, sondern auch seinem Maße nach subjektiver Natur“, denn je nach Bedarf und verfügbarer Menge kann ein Gut für unterschiedliche Individuen einen anderen Wert haben.
- Der Arbeitsaufwand oder die Güter höherer Ordnung haben auf den Wert eines Gutes „weder einen notwendigen, noch auch einen unmittelbar maßgebenden Einfluss“.
- Niemand fragt „nach der Geschichte der Entstehung eines Gutes”, jeder hat bei der Beurteilung seines Wertes „lediglich die Dienste im Auge …, welche ihm dasselbe leisten wird.”
- Durch den Vergleich zwischen Güterwert und Produktionsaufwand lässt sich nur feststellen, ob die Produktionsmittel ökonomisch zweckmäßig eingesetzt worden sind.
- Ebenso wenig kann der Aufwand, der zur Reproduktion der Güter verwendet wird, maßgebend für deren Wert sein.
- Maßgebend für den Güterwert ist ausschließlich „die Größe der Bedeutung jener Bedürfnisbefriedigungen, rücksichtlich welcher wir von der Verfügung über ein Gut abhängig zu sein uns bewusst sind, denn dieses Prinzip der Wertbestimmung gilt für alle Fälle der Werterscheinung.“
- Die Bedeutung der verschiedenen Akte zur Bedürfnisbefriedigung unterliegt der Beurteilung des Menschen, die fehlerhaft sein kann.
- Das Maß der Bedeutung von Bedürfnisbefriedigungen unterliegt daher nicht unserer Willkür. Die Bedeutung einer Bedürfnisbefriedigung für Leben oder Wohlfahrt ist unabhängig von uns.
- Die Menschen können sich hinsichtlich des subjektiven Moments der Wertbestimmung, d.i. ihrer persönlichen Zustände, aber auch des objektiven Moments, d.i. der Größe der verfügbaren Güterquantitäten, irren.
- Für Wertschwankungen werden daher auch von Modifikationen unserer Erkenntnis betreffend die Bedeutung von Gütern für unser Leben und unsere Wohlfahrt verursacht.
Carl Mengers „Grundsätze“ wurden erstmals 1871 beim Braumüller Verlag veröffentlicht. Später erschienen sie als erster Band von Mengers „Gesammelten Werken“ beim Mohr Siebeck Verlag. Heute ist Mengers Erstlingswerk im Internet frei zugänglich, unter anderem beim Liberty Fund und beim Mises Institute.