Wie der französische Staat seinen Bürgern den Wohlstand wegfrisst

Die Milliarden der Europäischen Zentralbank retten Frankreichs und Italiens Arbeitsmärkte nicht. Das belegen Zahlen aus dem Firmen-Alltag. Denn wenn ein französischer Arbeitender 100 Euro Lohn abgemacht hat, muss seine Firma weitere 40 Euro an den Staat und dessen Sozialsysteme leisten. Damit kostet diese Arbeit brutto 140 Euro, und wenn sie „über den Ladentisch“ geht, also in einem Produkt oder in einer Dienstleistung verkauft wird, dann kommen noch 20% Mehrwertsteuer darauf. Der Kunde zahlt also 168 Euro. Der Arbeitende aber trägt nach allen Abzügen und Steuern seinerseits nur 85 bis 90 Euro nach Hause. Seine tatsächlich entgoltene Leistung kostet also den Käufer im Markt fast das Doppelte.

Ungleichgewichte zwischen produktiver und unproduktiver Bevölkerung

Die Differenz verschwindet in den weiten Taschen des französischen Staates. Aber wohin genau? Man kann dazu von den erwähnten Alltagslasten auf die Gesamtlasten des französischen Staates ausgehen, die wie eine schwere Hand auf der Volkswirtschaft drücken. Frankreich zählt 66,2 Millionen Einwohner. Doch die aktive Bevölkerung macht nur 29,2 Millionen Menschen aus. Davon entfallen ca. 3,8 Millionen auf Arbeitslose und auf solche, die in Beschäftigungsprogrammen stehen, je nach Zahlen der OECD oder des Internationalen Arbeitsamtes. Diese zählen nicht als produktiv wirkende Arbeitskräfte. Sodann sind weitere 5,6 Millionen beim Staat angestellt, schaffen also keine verkäuflichen, wirtschaftlichen Werte. Man mag einwenden, dass einige davon, in Lehre und Pflege, selbstverständlich notwendige Arbeiten verrichten. Doch auch da hängen wieder bürokratische Gewichte dran, so zählt die Bildungsbürokratie fast so viele Beamte wie es Lehrer gibt. In den Zahlen des Inlandprodukts allerdings sind alle Staatsangestellten mit ihren Lohn- und Bürokosten eingestellt, ohne diese Fiktion wäre dieses Inlandprodukt beträchtlich kleiner.

Ohne Beamte und Arbeitssuchende arbeiten in der französischen Volkswirtschaft also nur knapp 20 Millionen Personen. Doch von diesen wertschöpfenden Arbeitenden müssen die restlichen 46 Millionen durchgetragen werden – privat oder mit Sozialversicherungen und Steuern. Jeder Arbeitende zahlt für mehr als zwei andere Einwohner.

So können wir den Alltag der einzelnen Arbeitskosten und der Gesamtlasten Frankreichs zusammen sehen: die enorme Last des seit 1945 aufgebauten Superstaates frisst einen enormen Teil des Inlandprodukts auf, und sie spiegelt sich bis in die tägliche Belastung der Firmen und ihrer Kunden.

Wuchernde Beamtenschaft und vergebliche Versuche, der Bürokratiefalle zu entkommen

Davon noch nicht berührt sind die Hemmungen und Reibungsverluste, welche die staatlichen Stellen den privaten Leistungsbereiten in den Weg legen: Bewilligungen, Kontrollen, Diplomerfordernisse, Standardvorschriften, Nachweispflichten, Verbote, Gebote.

Wie kommt man aus diesem Verhängnis heraus? Jede Regierung hat in den letzten zwei Jahrzehnten angekündigt, die Beamtenzahlen zu reduzieren. Das traf aber immer auf den wütenden Widerstand der Betroffenen und ist deshalb unterblieben. Deutschland hingegen hat seine Beamtenzahlen in dieser Zeit leicht reduziert, und zählt im Gegensatz zu den französischen 19,2% öffentlicher Angestellter von 100% Arbeitenden nur um die 10%, die Schweiz ebenfalls.

Frankreich hingegen schafft für jedes Problem immer neue Beamtenstellen, oft „observatoire“ genannt – mit Direktor, Präsident, Beamten, Beratern, wissenschaftlichem Beirat. So gibt es – wahllos herausgegriffen – „observatoires“ für die Regionalpolitiken, die Territorien, die Laïcité, und viele andere. Sodann wurden seit zwei Jahrzehnten die Regionen aufgewertet, mit zusätzlichen Stäben, Verwaltungen, ohne diese aus Paris abzuziehen. Sogar nur schon um sich einen Überblick über die Staatsstellen zu verschaffen, setzt der Staat ganze Stäbe in Aktion: Der Jahresbericht über den öffentlichen Sektor umfasst geschwätzige 664 Seiten und beschäftigte 111 Beitragende aus den Verwaltungen.

Der Schluss fällt leicht und wiegt schwer: Frankreich käme nur um den Preis einer enormen, zusätzlichen Arbeitslosigkeit von diesem staatlichen Überbau weg. Sogar wenn nur natürliche Abgänge vollzogen würden, wären fast alle künftigen Akademiker arbeitslos, weil die Universitäten als „Berufsschulen“ des Staates wirken. Der Arbeitsmarkt wiese dann einen nicht zu bewältigenden „Mismatch“ auf: Die freigestellten Beamten oder die Jungakademiker sind für private, wertschöpfende Tätigkeiten weitgehend untauglich. Auch hat noch keine Regierung die schreiende Differenz zwischen ausbezahlten und zu verrechnenden Lohnkosten ernsthaft angegangen. Dies könnte nur geschehen, wenn eben auf der Kostenseite des Staates viel weniger Beamte zu bezahlen wären.

Statt einen heilsamem Staatsabbau zu fördern, dreht Europa den Geldhahn auf

Abhilfe wird in Europa weniger mit solchen Reformen gesucht, sondern mit keynesianischer monetärer Ankurbelung. Doch die Europäische Zentralbankbank mit der unglaublich hohen Geldschöpfung des abgehenden Präsidenten Mario Draghi hat seit zehn Jahren die Arbeitsmärkte Frankreichs oder Italiens, das an gleichen Verwerfungen leidet, keinesfalls kuriert. Schlimmer, Draghi hat die Politiker von Maßnahmen dispensiert, indem er die immer höher auflaufenden Staatsschulden Frankreichs und Italiens aufkaufte und monetisierte. Draghi will diesen Geldhahn erneut und noch weiter aufdrehen.

Der Schluss: Wer gemäß des „methodologischen Individualismus“ vorgeht, wer nämlich im Alltag der einzelnen Handelnden prüft, wie sie reagieren, und wie erst dann sich die gesamtwirtschaftlichen Größen daraus ergeben, der zweifelt an der gegenwärtigen Geldschöpfungsorgie. Die Österreichische Schule der Nationalökonomie geht diesen Weg vom Einzelnen zum Gesamten, anstatt wie gerade jetzt wieder die Politiker es tun, nach gesamtwirtschaftlichen Ankurbelungen durch das geldgeschöpfte Stopfen von Budgetlöchern zu rufen und zu meinen, die Alltagshürden verschwänden damit. In Europa und in den USA wird so „synthetische Herstellung von Wohlstand“ betrieben, wie ein Finanzspezialist es treffend nannte.

Ein kleines, nagendes Detail zum Schluss: wenn der Kunde 168 Euro zahlt, wovon der Arbeitende nur 85 Euro nach Hause trägt, dann fahren alle besser, wenn die Firma diese Leistung für 120 Euro verkauft, aber schwarz: der Kunde spart 48 Euro, der Unternehmer hat 20 Euro Gewinn steuerfrei und der Arbeitende kommt endlich auf seine 100 Euro. Das ist kein Aufruf zur Schwarzarbeit. Aber wen wundert’s? Methodologischer Individualismus!

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