Opting-out: Weniger staatliche Kontrolle, mehr Freiheit und Eigenverantwortung

„Diese Seilbahn ist nicht vom Luftamt überwacht“. So steht es an der kleinen Kabine einer Alpseilbahn für die umliegenden Bauernhöfe. Der müde Wanderer steigt trotzdem ein, ein Bauernmädchen nimmt ein Trinkgeld, drückt auf den Knopf und man segelt über ein tiefes Tal der Busstation zu.

Was sagt man da, wieder auf sicherem Boden?

Ein freiheitliches Gemüt findet, dieses Modell könnte vielerorts in diesem allzuständigen Kontroll- und Umverteilungsstaat eingeführt werden: Opting out! Der Bürger verzichtet – in voller Kenntnis der Lage und möglicher Konsequenzen – für sich auf eine Staatsleistung. Dafür wird der Vorgang billiger, unkomplizierter, bürgernäher.

Pflichtversicherungen: Ja, – aber …

Der Kontroll- und Umverteilungsstaat hat zwei Argumente, um seine Einrichtungen allgemeinverbindlich und lückenlos zu halten. Obligatorisch zu versichern haben sich die Bürger fürs Alter, für Krankheit und Unfall, für Arbeitslosigkeit. Weil der Staat garantiert, dass keine Alten oder Arbeitslosen verhungern müssen, dass jeder Verunfallte gepflegt wird, will er alle versichern, und alle müssen bezahlen. Denn niemand kann wissen, ob er nicht dereinst in dieser Lage wäre. Und weil die Politiker den Staat machen, wollen sie meistens dabei auch viel Geld umverteilen, von oben nach unten, oder aus der Staatskasse zuschießen. Es ist daher in den Systemen der Sozialversicherung fast unmöglich, ein allgemeines Opting-out zu gestatten. Die Starken würden eher ausscheren und nicht an die Umverteilung beitragen, fürchtet man.

Doch es gibt einige besondere Fälle, wo ein Opting-out gerechtfertigt werden kann. Manche Rentensysteme garantieren für höhere Einkommen oft ein Mehrfaches einfacher Renten. Es sollte hier gestattet sein, auf die Absicherung übers Existenzminium des Alters hinaus zu verzichten. Hohe Beamte, Richter, Kader könnten es beantragen, ohne die Solidarität zu verletzen.

Manche Länder ergänzen die staatliche Rente durch Kapitalmodelle. Deren Auszahlung im Alter wird oft gesperrt, könnte aber durch ein Opting-out erlaubt werden, wenn der Versicherte auf jede Unterstützung über die Staatsrente hinaus verzichtet. Oder in der Krankenversicherung, soweit die Versicherten ihre Gesundheit selbst steuern können, würden Nichtraucher, Sporttreibende, nicht Übergewichtige ein Opting-out für einen Teil der Beiträge erhalten. In der Schweiz versichert der Staat die Zahnreparatur nicht, die Pflege ist Privatsache. Wer sich dafür versichern will, muss es privat tun: ein Opting-in…

Sicherheit um jeden Preis?

Außerhalb der Welt der Sozialversicherungen aber könnte das Opting-out erst so richtig aufblühen. Denn das andere Argument des Kontrollstaates ist die Sicherheit. Überall sorgt er – meist ungebeten – für Vorschriften und Kontrollen. Die eigene Sicherheit kann der Bürger jedoch oft selbst abschätzen und wahren. Wir reden nicht von Kinosälen, wo Notausgänge erwünscht sind. Aber von den vielen Vorschriften zur Sicherheit im eigenen Hause, die der Staat macht. Zumindest wer als Eigentümer sein Haus selbst bewohnt, soll viele Opting-outs machen können, von Treppen, Geländern über Zimmerhöhe zur Fenstergröße, zu Feuerwerken.

Oder die unsinnigen Detailvorschriften an die Banken, welche diese zu uferlosen Erklärungen an die Kunden zwingen, Geschäftsmöglichkeiten beschneiden, alle Vorgänge verteuern, Neugründungen verunmöglichen. Wenn die Banken beispielsweise freier wären, darüber zu bestimmen, wie viel eigene Mittel sie haben, diese aber in Leuchtschrift am Eingang anzeigten – „heute 37% Eigenkapital“, anstatt der für alle vorgeschriebenen 8%, dann spielt der Wettbewerb nach mehr Solidität, und der Kunde entscheidet. Übrigens, bevor es die Vorschriften gab, hatten die Banken, vor 50 und mehr Jahren, oft über 30% Eigenmittel. Erst die Vorschriften nivellierten diese.

Sehr oft drängen die Firmenverbände selbst auf solche allgemeine Vorschriften, damit niemand einen Vorteil habe…und der Staat macht willig mit. Auch stellt sich Sorglosigkeit ein, man erfüllt ja die Vorschriften. Geht dann doch etwas schief, ist der Staat noch dazu haftbar, und auch zuständige Beamte bekommen Schwierigkeiten. Zur eigenen Absicherung ergänzt daher die Verwaltung gesetzliche Vorschriften durch interne Regeln und Pflichtenhefte. Kaskaden abgeschobener Verantwortung sind die Folge. Kann aber der Bürger unterschreiben, ich mach’ das selbst und trage die Folgen, kann sich der Beamte zurücklehnen, die Regelkaskade läuft rückwärts.

Arbeitsmarkt und Schule: Alles über einen Kamm scheren?

Auf dem Arbeitsmarkt engen die unerhörten Vorschriften nicht nur die Firmen ein, sondern behindern auch die Arbeitenden. Überzeit, Pausen, Arbeitszeiterfassung und viel anderes nehmen ihnen das individuelle Recht aufs Arbeiten. Opting-out wäre eine gute Lösung. In den Kollektivverträgen ebenfalls wird alles über einen Kamm geschoren. Einzelne Firmen sollten viel freier zwischen Leitung und Arbeitenden das Opting-out abmachen dürfen.

Die freie Schulwahl wäre ein großes Opting-out: Wie in Schweden würde der Staat den Eltern die freie Wahl zwischen öffentlichen und privaten Schulen erlauben, und das Geld dazu pro Kind mitgeben. Die öffentlichen Schulen müssten dem Staat die Gebäude verzinsen, die privaten dürften keine weiteren Schulgelder erheben. So sind die Spieße gleich lang, die Schulen aber gewichten Naturwissenschaften, Sprachen, Künstlerisches stärker oder schwächer – die Eltern wählen, die Lehrer eifern mit.

Das sind einige Felder – unter vielen – die einem individuellen Opting-out offen stehen sollten, ohne dass das Gesellschaftliche darunter leidet. Im Gegenteil.

Es gibt unter den liberalen Denkern des 18. Jahrhunderts nur ein verbotenes Opting-out, nämlich sich selbst in die Sklaverei zu verkaufen. Das wäre ein unsittlicher Vertrag. Doch die anderen Opting-outs führen zur Freiheit, nicht zur Sklaverei, was immer manche Staatsvergotter schreien mögen.

Aus dem Leben gegriffen: Eine Frau organisierte eine Krabbelgruppe im Gemeinschaftsraum des Quartiers, für wenig Geld, und nichts war angemeldet, nichts bewilligt, kein Beamter war da und verlangte bauliche Sicherungen für Zehntausende von Euro. Nein, als Vater ging ich selbst hin, vergewisserte mich, dass die Absperrung zur Treppe von innen nicht geöffnet werden konnte. Darüber hinaus vertraute ich voll der Leiterin, man denke, ohne hohe Diplome einer Fachhochschule und entsprechendem Tariflohn. Sondern sie hatte das allergrößte Ehrendiplom, war nämlich gestandene Mutter zweier schon älterer Kinder. Opting-out aus den Hort-Vorschriften, Opting-in zur quartiernahen Selbsthilfe.

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